Symbolbild Budget
Nach den pandemiebedingten wirtschaftlichen Turbulenzen des letzten Jahres zeigen die aktuellen Prognosen bei allen relevanten Eckdaten wieder stabile Steigerungsraten.
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Niederösterreich

Tipps fürs Gemeindebudget

Die Erstellung des Voranschlags für das Haushaltsjahr 2022 ist für die Gemeinden wie bereits in den letzten Jahren mit vielen Unsicherheiten verbunden. Neben der noch nicht ausgestandenen Corona-Pandemie und den dadurch steigenden Kosten im Gesundheits- und Sozialbereich wird auch die vorgestellte Auswirkungen auf die Gemeindebudgets haben. Die Verantwortlichen müssen daher viel Fingerspitzengefühl aufwenden, um einerseits die Mittel für die unbedingt erforderlichen Pflichtausgaben und -investitionen bereitzustellen, andererseits aber auch zur Tradition gewordene Ermessensausgaben auf ihre Notwendigkeit und soziale Treffsicherheit zu hinterfragen und nötigenfalls zu kürzen oder zu streichen.

Der Voranschlag muss zum dritten Mal auf Grundlage der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015 (VRV ) erstellt werden. Die im Jahr 2020 erfolgte Umstellung von der VRV 1997 auf ein Drei-Komponenten-Rechnungswesen nach der VRV 2015 bringt mit sich, dass oftmals – trotz intensiver Bemühungen aller Betroffenen – noch nicht alle erforderlichen Umsetzungsschritte „perfekt“ erfolgt sind und sicher noch ein mehrjähriger Anpassungsbedarf und Lernprozess zu erwarten ist.

Dieser Lernprozess trifft aber nicht nur die Gemeinden, vom Landesgesetzgeber musste beispielsweise die NÖ Gemeindehaushaltsverordnung angepasst werden und auch von den EDV-Programmanbietern erfolgen laufend Updates zu den bestehenden Programmen. Derzeit wird auch an einer weiteren Novelle zur VRV 2015 gearbeitet, durch die viele Anpassungen an die realen Gegebenheiten und Erfordernisse erfolgen werden. Diese Novelle soll bis Ende des Jahres 2022 verlautbart werden, mit einer Umsetzung der Bestimmungen ist frühestens mit dem Voranschlag 2024 zu rechnen.

Von Vorteil ist, dass für die Erstellung des Voranschlages 2022 die Vergleichswerte aus den Rechnungsergebnissen des Jahres 2020 – welche im Zuge der Umstellungsphase von der VRV 1997 auf die VRV 2015 im Voranschlag 2021 nicht darstellbar waren - vorliegen. Damit erhält der Voranschlag wieder jene Aussagekraft, wie sie die Gemeinden aus dem alten Rechnungswesen gewohnt waren.

In den Voranschlag 2022 sollten vorerst nur jene Mittelaufbringungen und Mittelverwendungen aufgenommen werden, welche auf Grund von rechtlichen oder vertraglichen Verpflichtungen im Haushaltsjahr 2022 anfallen werden bzw. die bewirken, dass Förderungen in Anspruch genommen werden können (z. B. aus dem kommunalen Investitionsprogramm). Alle Ermessensausgaben sollten so weit wie möglich auf ein Minimum reduziert werden.

Aus derzeitiger Sicht ist davon auszugehen, dass der Voranschlag 2022 überarbeitet und ein Nachtragsvoranschlag erstellt werden muss. Darin können dann die Ergebnisse des Rechnungsabschlusses 2021 (Überschüsse oder Fehlbeträge im Investitionsnachweis) und mögliche Auswirkungen aus der Steuerreform eingearbeitet werden. Nach Vorliegen dieser Daten sollte dann der Gemeinderat endgültig entscheiden, ob geplante Projekte umgesetzt werden können und wie deren Bedeckung erfolgen soll.

Wirtschaftliche Entwicklung

Nach den pandemiebedingten wirtschaftlichen Turbulenzen des letzten Jahres zeigen die aktuellen Prognosen bei allen relevanten Eckdaten wieder stabile Steigerungsraten. Auf Grund der Oktoberprognosen von WIFO und IHS ist beim Bruttoinlandsprodukt (real) mit einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr von 4,4 Prozent bzw. 4,5 Prozent zu rechnen. Für das Jahr 2022 rechnen die Wirtschaftsforscher mit Steigerungen gegenüber dem Jahr 2021 von 4,8 Prozent bzw. 4,5 Prozent.

Von den Wirtschaftsforschern wird jedoch nach wie vor die Corona-Pandemie als nationales und internationales Konjunkturrisiko gesehen. Sollten sich neue Virusvarianten bilden, die gegen bestehende Impfstoffe resistent sind, würde dies den Aufschwung wesentlich bremsen. Ein weiteres Risiko sieht man im Anstieg der Rohstoffpreise, da durch ein Steigen der Inflationserwartungen eine Straffung der Geldpolitik erforderlich werden könnte. Weiters wird befürchtet, dass die derzeit bestehenden Lieferkettenprobleme eine Erholung dämpfen könnten.

Die Arbeitslosenrate wird sich wesentlich verbessern.

Die Arbeitslosenrate wird sich wesentlich verbessern. Betrug sie im Jahr 2020 noch 9,9 Prozent, wird sie im Jahr 2021 auf 8,2 Prozent sinken. Für das Jahr 2022 prognostizieren WIFO und IHS eine Arbeitslosenrate von 7,4 Prozent bzw. 7,2 Prozent. Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hat unmittelbare Auswirkungen auf die Gemeindefinanzen in Form der Kommunalsteuer, die im Jahr 2022 wieder das Niveau der Jahre 2018 oder 2019 erreichen sollte.

Zusätzlich müssen die Gemeinden von den Milliardenbeträgen der Steuerreform rund 11,85 Prozent mittragen, was sich in einem geringeren Aufkommen bei den Ertragsanteilen bemerkbar machen wird. Die unmittelbaren Auswirkungen werden für die Gemeinden jedoch noch nicht im Haushaltsjahr 2022 bemerkbar sein, da der Zeitpunkt der Umsetzung erst in der zweiten Jahreshälfte 2022 oder im Jahr 2023 liegt.

Ab dem Jahr 2023 wird die Steuerreform dann aber voll auf die Gemeindebudgets durchschlagen. Es ist zu hoffen, dass die für die Bürgerinnen und Bürger zusätzlich zur Verfügung gestellten Mittel aus der Steuerreform über vermehrten Konsum und der damit verbundenen Steuereinnahmen wieder in den Staatshaushalt fließen werden – anderenfalls ist mit einer Abflachung der Einnahmen aus Ertragsanteilen zur rechnen.

Entwicklung der Ertragsanteile

Für die niederösterreichischen Gemeinden haben sich die Einnahmen aus Ertragsanteilen in den Monaten Jänner bis Oktober 2021 äußerst positiv entwickelt. Konnten den Gemeinden im Jahr 2020 von Jänner bis Oktober noch Ertragsanteilevorschüsse in der Höhe von 1.356,0 Millionen Euro ausbezahlt werden, hat sich im selben Zeitraum im Jahr 2021 dieser Betrag auf 1.610,8 Millionen Euro erhöht. Dies entspricht einer Steigerung von 18,8 Prozent!

Wie unsicher Prognosen in der Zeit der Corona-Pandemie sind, zeigt sich am Beispiel der Ertragsanteile. Noch im Jänner, als das 1,5 Mrd. Euro schwere Gemeindepaket II im Nationalrat beschlossen wurde, gingen die Experten des Finanzministeriums davon aus, dass zur Finanzierung des im Finanzausgleichsgesetz garantierten Wachstums der bundesweiten Gemeindeertragsanteile von 12,5 Prozent im Jahr 2021 gegenüber 2020 rund eine Milliarde Euro an Sonder-Vorschüssen benötigt werden. Im ersten Halbjahr 2021 wurden dementsprechend 500 Millionen Euro davon an die Gemeinden (in Form einer Erhöhung der März- und Juni-Vorschüsse) ausbezahlt.

Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass das natürliche Wachstum der Gemeindeertragsanteile im Jahr 2021 rund 13,2 Prozent ausmachen wird, sodass zur Garantie der +12,5 Prozent aus heutiger Sicht gar keine Sonder-Vorschüsse erforderlich gewesen wären. Aufgrund dessen hat der Bund nun Anspruch darauf, diese für die Garantie nicht erforderlichen Mittel zum Jahresende zurückzuerhalten.

Es hat sich herausgestellt, dass aus heutiger Sicht gar keine Sonder-Vorschüsse erforderlich gewesen wären.

Der Österreichische Gemeindebund konnte jedoch erreichen, dass der Bund nicht den kompletten Betrag von 500 Millionen Euro bis zum Jahresende über die Vorschüsse einbehält, sondern dass die Rückführung auf vier bis sechs Monate verteilt wird und so Liquiditätsprobleme vermieden werden. Die Vorschüsse werden somit von November 2021 bis etwa März 2022 gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres nur gering ansteigen, bis die angesprochenen 500 Millionen Euro wieder an den Bund rückgeführt sind.

Aufgrund der aktuellen Prognosen des Bundesministeriums für Finanzen im Rahmen des Bundesvoranschlags 2022 bzw. des Bundesfinanzrahmengesetzes und unter Berücksichtigung der Rückführung der Sonder-Vorschüsse aus dem Jahr 2021 ist davon auszugehen, dass die Ertragsanteile der Gemeinden im Jahr 2022 um etwa ein bis zwei Prozent gegenüber dem Jahr 2021 steigen werden.

Entwicklung bei den Umlagen

Die Steigerungen bei den Umlagen wurden in Kommunalgipfelvereinbarungen vom 8. Mai 2018, vom 23. Juni 2020 und vom 13. Juli 2021 festgelegt. Die Gemeinden haben damit bei den Umlagezahlungen an das Land Sicherheit bezüglich der im Ergebnis- und Finanzierungshaushalt zu budgetierenden Belastungen.

Sozialhilfeumlage

Im Jahr 2021 wurde die Sozialhilfeumlage gegenüber dem Jahr 2020 um 4,0 Prozent erhöht. Durch zum größten Teil pandemiebedingten Aufwendungen musste der für das Jahr 2021 vereinbarte Betrag um 2,78 Prozent erhöht werden – er wurde den Gemeinden bereits im Oktober verrechnet. Der nunmehrige Betrag des Jahres 2021 dient als Basis für die Steigerung für die Folgejahre und beträgt für die Jahre 2021 auf 2022 4,6 Prozent sowie von 2022 auf 2023 ebenfalls 4,6 Prozent. Für die weitere mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2024 bis 2026 wird empfohlen – da für diesen Zeitraum noch keine Kommunalgipfelvereinbarung vorliegt - die Steigerungsrate ebenfalls mit 4,6 Prozent fortzuschreiben.

NÖKAS-Umlage

Bei der Festlegung der Steigerungsrate für die NÖKAS-Umlage wurde eine Erhöhung von 2021 auf 2022 von 3,1 Prozent und von 2022 auf 2023 von 3,0 Prozent vereinbart. Für die mittelfristige Finanzplanung der Jahre 2024 bis 2026 wird empfohlen – da hier ebenfalls keine Kommunalgipfelvereinbarung vorliegt -, die Steigerungsrate mit 3,0 Prozent fortzuschreiben

Ab dem Jahr 2021 erfolgt die Finanzierung des Rettungs- und Krankentransportwesens durch eine überdurchschnittliche Anhebung der NÖKAS-Umlage gegenüber den Vorjahren. Damit sind nunmehr sämtliche Leistungen der Gemeinden an die Rettungsorganisationen umfasst. Dies bedeutet, dass von den Gemeinden keine weiteren Zahlungen (z. B. für Fahrzeugkäufe, Gebäude, Investitionskosten oder dergleichen) geleistet werden müssen.

Kinder- und Jugendhilfe-Umlage

Die Kinder- und Jugendhilfe-Umlage wurde im Jahr 2021 gegenüber dem Jahr 2020 um 7,0 Prozent erhöht. Durch zum größten Teil coronabedingten Aufwendungen muss der für das Jahr 2021 vorgesehene Betrag um 29,26 Prozent erhöht werden – auch diese Umlage wurde den Gemeinden bereits im Oktober verrechnet. Der neue Betrag des Jahres 2021 dient als Basis für die Steigerung für die Folgejahre und beträgt für die Jahre 2021 auf 2022 sowie von 2022 auf 2023 jeweils 4,6 Prozent. Für die weitere mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2024 bis 2026 wird empfohlen– da auch hier keine Kommunalgipfelvereinbarung vorliegt - die Steigerungsrate mit 4,6 Prozent fortzuschreiben.

Bezüglich der genannten Steigerungsraten muss darauf hingewiesen werden, dass sich die Werte auf die landesweite Gesamtsumme der Umlagen beziehen. Da bei der Zurechnung der Umlagen auf die einzelnen Gemeinden die Finanzkraft der Gemeinde berücksichtigt wird, kann es zu Abweichungen bei den genannten Richtwerten kommen.

Blau-Gelbe Corona-Hilfe II

Wie bereits vorstehend ausgeführt, müssen die Gemeinden pandemiebedingte Mehrkosten bei den Umlagen stemmen (7,57 Millionen Euro bei der Sozialhilfeumlage und 12,08 Millionen Euro bei der Kinder- und Jugendhilfeumlage). Das Land Niederösterreich unterstützt die Gemeinden bei der Bewältigung der Corona-Krise und der damit verbundenen Herausforderungen durch eine Blau-Gelbe Corona-Hilfe in der Höhe von 27,3 Millionen Euro, die auf die Gemeinden nach der Finanzkraft aufgeteilt werden. Dieser Zuschuss wurde den Gemeinden ebenfalls im Oktober ausbezahlt und soll die Mehrbelastungen der Gemeinden abfedern.

Mittel aus dem Strukturfonds

Der Strukturfonds nach § 24 FAG 2017 ist mit 60 Millionen Euro aus Bundesmitteln dotiert und wird nach der Einwohnerentwicklung, der Abhängigkeitsquote und der Finanzkraft aus den Einnahmen aus Grundsteuer und Kommunalsteuer verteilt. Im Jahr 2021 wurde dieser Fonds im Rahmen des Gemeindehilfspaketes II einmalig um zusätzliche 100 Millionen Euro aufgestockt.

Bis zur Bekanntgabe der endgültig errechneten Mittel durch den Bund sollten die Gemeinden daher bei der Budgeterstellung für das Jahr 2022 den Referenzwert aus dem Jahr 2020 heranziehen.

Steigerung bei den Lohnkosten

Bis zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrages wurden noch keine Verhandlungen zwischen den Gewerkschaften und den Dienstgebern aufgenommen. Auf Grund der derzeitigen Inflation – je nach Quelle liegt sie zwischen 2,4 und 2,6 Prozent - sollte eine Steigerung von mindestens 2,5 Prozent budgetiert werden. In den Folgejahren könnten Steigerungsraten von rund 3 Prozent angesetzt werden.

Kommunales Investitionsprogramm 2020

Wenn die Mittel des Bundes aus dem kommunalen Investitionsprogramm 2020 noch nicht abgerufen wurden, sollten sie bei der Erstellung des Voranschlages 2022 berücksichtigt werden. Die genaue Förderhöhe je Gemeinde ist auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen von jedermann abrufbar.

Die Abwicklung erfolgt über die Buchhaltungsagentur des Bundes. Alle Unterlagen können über die Homepage abgerufen werden.

Die Frist für die Antragstellung für das Kommunale Investitionsprogramm 2020 wurde mittlerweile bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. Damit ist sichergestellt, dass auch alle Gemeinden die ihnen zustehenden Förderungen trotz Pandemie lukrieren können. Sollten Gemeinden die Fördermittel nicht abrufen, verfallen sie zu Gunsten aller anderen Gemeinden.

Energiekosten

Bei der Erstellung des Voranschlages sollten auch die derzeit steigenden Energiepreise berücksichtigt werden. Dabei ist in einigen Bereichen mit Steigerungen von bis zu 25 Prozent und mehr zu rechnen. Entscheidend sind dabei die bestehenden Verträge mit den Energieversorgern sowie die darin geregelten Möglichkeit der Weiterverrechnung von Preissteigerungen an die Gemeinden.