Steuerliche Konsequenzen durch Anwendung der VRV 2015
Der steuerrechtliche Gewinn von Betriebe gewerblicher Art wurde bisher entweder nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmen-Ausgaben Rechnung) oder nach § 4 Abs. 1 EStG (Betriebsvermögensvergleich auf Basis ausschließlicher steuerrechtlicher Vorschriften) ermittelt. In Abstimmung mit der Finanzverwaltung erfolgte für Betriebe gewerblicher Art, die nachhaltig Verlust erzielten, außerdem regelmäßig keine Vergabe von Steuernummern, was de facto zu einer ertragssteuerlichen Nichtveranlagung führte.
Eine Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1 EStG (Doppelte Buchführung unter Anwendung unternehmensrechtlicher Vorschriften) schied bisher aus, da die VRV 1997 als sondergesetzliche Vorschrift zur Rechnungslegung nicht den Prinzipien des UGB entsprach.
Bei Geltung der VRV 2015 ist jedoch eine Rechnungslegung gegeben, die mit dem UGB vergleichbar ist. Dies hat nach Ansicht der Finanzverwaltung zur Folge, dass für die steuerliche Gewinnermittlung von Betriebe gewerblicher Art ab dem 1.1.2020 verpflichtend die Regelungen gemäß § 5 Abs. 1 EStG anzuwenden sein werden. Somit sind auch bisher nicht erfasste Betriebe gewerblicher Art mit dauerhaften Verlusten zwingend der Gewinnermittlung zu unterwerfen!
Auswirkungen
Basierend auf den Körperschaftsteuerrichtlinien könnte das dazu führen, dass jeder Betrieb gewerblicher Art beim Finanzamt mit einer eigenen Steuernummer zu erfassen ist. Konkret bedeutet das, dass die Gemeinden für alle Betriebe gewerblicher Art, die die Voraussetzungen gemäß § 2 Abs 1 KStG erfüllen, Jahresabschlüsse nach VRV 2015 inklusive Körperschaftsteuererklärungen abzugeben haben. Dabei bleibt anzumerken, dass gemeinnützige Betriebe gewerblicher Art nicht betroffen sind. Die Zusammenfassung von Betriebe gewerblicher Art mit gleichen oder komplementären Tätigkeiten bleibt weiterhin möglich.
Die Jahresabschlüsse der Betriebe gewerblicher Art können zwar aus den Detailnachweisen des Rechnungsabschlusses der Gemeinden mit wenig Aufwand abgeleitet werden, jedoch sind Überleitungen durchzuführen (Mehr-Weniger-Rechnungen) um den steuerlichen Gewinn eines Betriebe gewerblicher Art zu ermitteln.
Übergangsgewinne
Im Zusammenhang mit dem Wechsel der steuerlichen Gewinnermittlung zum 1.1.2020 wird zu prüfen sein, ob ein Übergangsgewinn zu versteuern ist. Dies wird vor allem bei einem Übergang von § 4 Abs. 3 EStG auf § 5 Abs. 1 EStG der Fall sein, da es hier zu einer Änderung der zeitlichen Erfassung von steuerrechtlich relevanten Geschäftsfällen kommt. Durch die Ermittlung eines Übergangsgewinns wird eine Doppelerfassung bzw. eine Nichterfassung der Geschäftsfälle vermieden.
Erstmalige Gewinnermittlung
Da viele Betriebe gewerblicher Art bei Anwendung der VRV 2015 erstmalig einen steuerrechtlichen Gewinn zu versteuern haben werden, stellt sich die Frage, ob Verluste aus Vorjahren verwertbar sind. Generell ist ein Verlustvortrag immer dann zulässig, wenn der Verlust auf Grund der Buchführung der Höhe nach errechnet werden kann.
Hierbei ist aber zu prüfen, ob die bisher erzielten Verluste der Betriebe gewerblicher Art nach VRV 2015 dargestellt und nach § 5 Abs. 1 EStG berechnet werden können, um der Totalgewinnbesteuerung über die Dauer des Bestehens des Betriebe gewerblicher Art zu entsprechen.
Weitere steuerliche Fragestellungen
Korrekte Zuordnung des Vermögens zu einem BgA
Aus steuerlicher Sicht ist bereits bei der Anschaffung eines Wirtschaftsguts eine korrekte Zuordnung zu einem Betrieb gewerblicher Art wichtig. Denn je nachdem, welchem Bereich ein Wirtschaftsgut zugeordnet wird, beeinflusst dessen Abschreibung den steuerlichen Gewinn des Betriebs gewerblicher Art.
Bewertungsregeln
Wirtschaftsgüter sind nach VRV 2015 mit den Anschaffungskosten zu bewerten und gemäß der Anlage 7 abzuschreiben. Die dort festgelegten Nutzungsdauern sind aber nicht zwingend jene, die steuerrechtlich vorgegeben werden. Es könnte daher durchaus sinnvoll sein, bereits bei der Anschaffung eines Wirtschaftsgutes eine individuelle Nutzungsdauer zu beschließen, die dem Steuerrecht entspricht. Dadurch entfällt eine jährliche Anpassung des Ergebnisses nach VRV 2015 auf das steuerliche Ergebnis. Bitte beachten Sie, dass ein Abweichen von der Nutzungsdauer nach Anlage 7 der VRV 2015 nur vorgenommen werden kann, wenn die individuelle Nutzungsdauer auch wirtschaftlich gerechtfertigt ist.
Bewertung Vorräte
Vorräte müssen nach VRV 2015 erst dann aktiviert und als Vermögen ausgewiesen werden, wenn der Wert pro Vorratsposition 5000 Euro übersteigt. Bei Überschreiten dieser Grenze ist der Betrag zu aktivieren und dementsprechend der unterjährige Aufwand für die Anschaffung der Vorräte auszubuchen. Das EStG kennt diese Grenze jedoch nicht und Vorräte sind unabhängig von einer Wertgröße als notwendiges Betriebsvermögen zu aktivieren.
Erstellung der Körperschaftsteuererklärung
Der Ergebnishaushalt nach VRV 2015 entspricht einer Gewinn- und Verlustrechnung. Der Gewinn bzw. Verlust wird als Nettoergebnis bezeichnet. Betriebe gewerblicher Art haben in der Regel in der VRV einen eigenen Detailnachweis, der ebenfalls ein Nettoergebnis für den einzelnen Betrieb gewerblicher Art liefert.
Dieses Nettoergebnis dient in weiterer Folge als Grundlage, um das steuerliche Ergebnis zu berechnen. Hier wird es zu Mehr-Weniger Rechnungen kommen, um zwingende steuerliche Vorschriften zu berücksichtigen. Beispiele dafür sind die weiter oben erwähnten unterschiedlichen Nutzungsdauern nach Steuerrecht und nach Anlage 7 VRV 2015 sowie die zwingende Aktivierung der Vorräte nach EStG unabhängig von der der Wertgrenze.
Zusammenfassung
Mit 1.1.2020 kommt es zu einer Änderung der steuerrechtlichen Gewinnermittlungsart für Betriebe gewerblicher Art. Nach Gesetz führt das dazu, dass jeder unbeschränkt steuerpflichtige Betrieb gewerblicher Art beim Finanzamt unter eigener Steuernummer zu erfassen ist und die Einreichung von Jahresabschlüssen und Körperschaftsteuererklärungen je Betrieb gewerblicher Art erforderlich sein wird.
Daher wird je Betrieb gewerblicher Art zu prüfen sein, ob die Rechnungsabschlüsse nach VRV 2015 den steuerlichen Vorschriften entsprechen, um gegebenenfalls zwingende Überleitungen (Mehr-Weniger-Rechnungen) durchzuführen.