Der Ausbau alternativer Energien führt nicht selten zu Konflikten.
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Klimawandel, Wohnkosten, Bodenverbrauch

„Sehnsuchtsorte“ und die Quadratur des Kreises

Eine Studie, die im Auftrag des Gemeindebundes erstellt wurde, bestätigt die neuerlich wachsende Bedeutung des ländlichen Raums in der Corona-Pandemie - eine Entwicklung, die sich bereits länger abzeichnet.

Der ländliche Raum hat in der Krise enorm an Bedeutung und Aufwertung dazugewonnen. Die Bürgerinnen und Bürger schätzen vor allem die Lebensqualität und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Gemeinde und sehen einen verstärkten Trend zu regionalen Produkten und Produzenten. Als Vorteil wird auch die Möglichkeit des verstärkten Arbeitens im Homeoffice sowie der Fortschritt durch die Digitalisierung gewertet.

„Die Ergebnisse der Demox-Umfrage machen deutlich: Der Trend zur Regionalisierung hat sich in der Krise enorm verstärkt. Die Menschen sehnen sich nach dem Leben auf dem Land, sie kaufen beim Bauern und Bäcker vor Ort ein, sie wählen den Handwerker und Dienstleister vor Ort aus, sie schätzen die kurzen Wege und das Arbeiten von zuhause. Kurz gesagt: Der ländliche Raum ist in der Krise einfach wieder ein Sehnsuchtsort für die Menschen geworden“, sagt Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl in seiner Aussendung.

Viele positive Effekte für ländliche Gemeinden

Der „Drang aufs Land“ bringt einige handfeste Vorteile. An erster Stelle wäre das der lange verzögerte Ausbau des Glasfasernetzes und die damit einhergehende Versorgung durch Breitband am Land. Die Pandemie hat mehr als alles andere zuvor die Bedeutung dieses Ausbaus aufgezeigt.

Zugleich mit der steigenden Versorgung durch diese „Infrastruktur der Zukunft“ ist auch die Bedeutung von Homeoffice gestiegen. Es ist vielfacht nicht mehr zwingend erforderlich, in einem Büro in der Stadt zu sitzen, um seinen Job zu erledigten. Auch Kindern können mit Homeschooling unterrichtet werden. Das ist mit ein Grund, dass vor allem junge Familien aufs Land ziehen, wo die Lebensbedingungen eindeutig besser sind.

Die gesündere Umwelt, die intakte Dorfgemeinschaft, die kurzen Wege, all das schlägt positiv zu Buche. Ein Zugang zu lokalen Lebensmitteln (und das Wissen, woher die Nahrung kommt), die Förderung des regionalen Handwerks sind ebenfalls Punkte, die Ausdruck des Lebensgefühls am Land sind.

Keine Vorteile ohne Nachteile

Der Drang aufs Land bringt allerdings auch Nachteile mit sich. Am greifbarsten sind sicher die gestiegenen Preise für Wohnraum und Grund und Boden sowie die massiv gestiegenen Kosten für Baumaterialien. So sind die Preise für Wohnimmobilien um fast 14 Prozent gestiegen (im Vergleich zum 4. Quartal 2020). Der Preisanstieg bei Einfamilienhäusern betrug mehr als 15 Prozent.

Dieser Trend ist in den meisten Bundesländern spürbar und wird durch die Zweitwohnsitzthematik verschärft. Viele Gemeinden haben daher die Bautätigkeit verstärkt, was sie aber zur Zielscheibe derjenigen macht, die laufend und ohne die Situation zu berücksichtigen, den Bodenverbrauch anprangern. Die Frage, wie leistbares Wohnen garantiert werden soll ohne zu bauen, wird nicht gestellt.

Diese Situation wird noch zusätzlich verschärft durch den Ausbau alternativer Energien wie Windkraft oder Photovoltaik, die ebenfalls massiv Flächen beanspruchen, die großteils in ländlichen Gemeinden liegen. So hat Mitte Februar die IG Windkraft vom Land Niederösterreich zusätzliche Planungsszenen und bessere Rahmenbedingungen gefordert. Dass es hier auch wieder um Gemeindeflächen geht, scheint Nebensache zu sein.

Der gesteigerte Zuzug aufs Land bringt ganz natürlich deutlich mehr Verkehr. Da die Anbindung an die Öffis oftmals nicht so wirklich gut ist, bleibt nur mehr der Individualverkehr. Das bringt aber Straßen und Parkplätze mit sich - eine Infrastruktur, die Elektromobilität ja auch sowieso braucht.

Unter dem Strich leidet auch die Dorfgemeinschaft

Ein Punkt, auf den die Gemeindebund-Umfrage hinweist. Demnach bereiten den Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürgern die Emotionen im Umgang miteinander Sorge. Zudem ist der Umgangston in den Gemeinden härter geworden – 37 Prozent meinen, der Umgangston ist schroffer und rauer geworden.

„Uns ist in den Gemeinden vor Ort bewusst, dass die Pandemie Protest und Widerstand verstärkt hat. Deswegen arbeiten wir hier sehr eng mit der Polizei und den Sicherheitsgemeinderäten zusammen, um Hilfe und Ansprechpartner vor Ort anzubieten und mögliche Übergriffe abzuwenden“, so Gemeindebund-Präsident Riedl.

Entscheidung MUSS in den Gemeinden fallen

Mittlerweile werden so viele Ansprüche an die ländlichen Gemeinden gestellt, dass der Überblick schwer fällt – insofern ist die Auflistung der Probleme in diesem Beitrag maximal ein Ansatz und stellt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Der einzig gangbare Ausweg aus dieser Situation ist, dass die Gemeinden deutlich besser in Entscheidungen eingebunden sein müssen. Sie sind es, die wissen, ob ein Gebiet der Gemeinde als Wohngegend oder als Energielieferant dienen kann. Die Gemeinden wissen, wann und wo eine neue Straße notwendig ist.

Die Menschen in den Gemeinden müssen schlussendlich entscheiden, in welche Richtung sich ihre Gemeinde weiter entwickeln soll. Sie wissen das sicher am besten.