überflutetes Auto
Hochwasserkatastrophen aufgrund von Extremwetterereignissen nehmen zu.
© Shutterstock/Sabina Zak

Schutz vor Katastrophen wird teurer

Vorbeugende Maßnahmen gegen Naturkatastrophen können ganz schön ins Geld gehen. Trotz Förderungen und Beteiligungen von Bund und Ländern belasten sie das Budget betroffener Gemeinden – KOMMUNAL hat sich angesehen, in welchem Ausmaß.

Hochwasser, Muren, Lawinen. Umweltereignisse führten in den letzten zwei Jahrzehnten den Menschen in Österreich vor Augen, wie verletzlich wir im Falle einer Naturkatastrophe wirklich sind. Zur Eindämmung der Schäden werden von den Gemeinden laufend Präventivmaßnahmen ergriffen. Doch Wildbachverbauungen, Schleusen und Warndienste müssen finanziert werden, und es zeichnet sich ab, dass diese Kosten in den nächsten Jahren weiter steigen werden.

Schnelle Hilfe kostet

Die Bilder von Hüttau im Pongau aus dem Jahr 2013 oder dem Lawinenunglück 1999 in Galtür zählen für viele Menschen in Österreich wahrscheinlich zu den prägendsten Eindrücken der letzten Zeit.

Für die betroffenen Gemeinden bedeuten diese nicht nur einen immensen organisatorischen Aufwand, sondern auch einen finanziellen. Um schnelle Hilfe in kürzester Zeit bereitstellen zu können, müssen Szenarien mit Feuerwehren, Warn- und Rettungsdiensten abgesprochen, Informationsveranstaltungen für Bürgerinnen und Bürger organisiert und Präventivmaßnahmen, wie mobile Hochwasserschutzwände, Stützverbauungen zum Lawinenschutz und waldbauliche Maßnahmen, ergriffen werden. All dies kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld, und der Trend zeigt: Es wird immer mehr.

Meiste Ausgaben für Schutzwasserbau 

Und mit diesem „mehr“ ist nicht, wie so oft medial wirksam diskutiert, die Häufigkeit von Umweltereignissen gemeint, sondern schlicht die Ausgaben der Gemeinden für Katastrophenhilfe und -prävention. Die Bruttoausgaben der Gemeinden (ohne Wien) für Warndienste, Schutzwasserbau und Katastrophendienste stiegen zwischen 2001 und 2018 von 50 Millionen auf 185 Millionen Euro an. Dies entspricht einer Steigerung von knapp 300 Prozent in 18 Jahren!

Hauptsächlich müssen die Gemeinden Geld für den Schutzwasserbau und den Katastrophendienst ausgeben. Notstandsmaßnahmen für Land- und Forstwirtschaft werden oft nur in sehr spezifischen Regionen und Fällen benötigt.

Bruttoausgaben für Katastrophenschutz

Bruttoausgaben für Katastrophenschutz

Der größte Kostenpunkt für Gemeinden blieb von 2001 bis 2018 unverändert der Schutzwasserbau. Hierzu zählen unter anderem Wildbachverbauungen, Lawinenschutzbauten und laufende Wartungen, welche durch die Bauhöfe durchgeführt werden. Die Ausgaben der Gemeinden (ohne Wien) für Schutzwasserbau verzeichneten seit 2001 einen Anstieg um 116 Millionen auf insgesamt 159 Millionen Euro im Jahr 2018. Dies entspricht knapp einer Vervierfachung der Ausgaben.

Hier bietet es sich folglich an, mehr ins Detail zu gehen. Der Anteil der Geschäftsfälle im Schutzwasserbau, die im außerordentlichen Haushalt gebucht wurden, nimmt nämlich mit den Jahren zu.

Im Jahr 2001 waren noch knapp 60 Prozent der Ausgaben für Schutzwasserbau im ordentlichen Haushalt, während 2018 60 Prozent der Geschäftsfälle im außerordentlichen Haushalt zu finden sind. Auch stiegen die Ausgaben des außerordentlichen Haushalts auf das mehr als Fünffache, von 17 Millionen Euro im Jahr 2001 auf 91 Millionen Euro im Jahr 2018.

Zieht man die Definition der VRV1997 für Ausgaben im außerordentlichen Haushalt zu Rate, in der solche dann vorliegen, wenn diese „lediglich vereinzelt vorkommen oder der Höhe nach den normalen Rahmen erheblich überschreiten“, sollte diese Verschiebung des Hauptanteils der Ausgaben vom ordentlichen in den außerordentlichen Haushalt, gleichwohl wie der konstante Anstieg dieser Ausgaben zumindest ein Denkanstoß sein. Aber ein Denkanstoß wofür? Vielleicht als Teilantwort auf die so oft medial diskutierte Frage nach der Häufigkeit von Umweltereignissen?

Der Schutzwasserbau ist nicht nur der größte Kostenpunkt insgesamt, er betrifft auch nahezu jede Gemeinde in Österreich und ist in seinen Ausprägungen so divers, wie die Landschaft und die Gemeinden Österreichs selbst.

Im Westen wird mehr für Wildbachverbauungen und Lawinenschutz ausgegeben

Während Gemeinden entlang des Alpenhauptkamms vornehmlich in Wildbachverbauungen und Lawinenschutzbauten investieren, zeigt sich in den östlichen Bundesländern Österreichs eine Verschiebung der Prioritäten auf Konkurrenzgewässer, Instandhaltung und Maßnahmen gegen Hochwasser. Dies ist wahrscheinlich schlicht dem Terrain zuzuschreiben. Für Gemeinden wie Ybbsitz in Niederösterreich, das unter wiederkehrenden Überschwemmungen zu leiden hatte, stellt der Schutz vor Lawinen weniger einen Grund zur Investition dar als für Prägraten am Großvenediger.

Dies zeigt neben der Finanzierung eine weitere Variable in dem komplexen System der Katastrophenprävention auf: Know-how. Jede Wildbachverbauung muss individuell betrachtet werden, da kein Gewässer dem anderen gleicht und jeder Berghang vorab von lokalen Experten für die Erbauung von Lawinengalerien gesichtet wird. Präventivmaßnahmen müssen den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden, und diese sind in Österreich bekanntermaßen sehr unterschiedlich.

Bruttoausgaben für Katastrophenschutz

Vorbeugende Maßnahmen

Unterstützung erhalten Gemeinden hierbei aus dem Katastrophenfonds. In einer Kundmachung vom 8. Februar 2012 wird erwähnt, dass drei Viertel der Gelder aus dem Katastrophenfond für Wildbach- und Lawinenverbauungen bereitgestellt werden und darüber hinaus vorbeugende Maßnahmen einen hohen Stellenwert genießen. Für diese Vorbeugungsmaßnahmen wurden im Jahr 2018 laut Finanzministerium 257,5 Millionen Euro vom Katastrophenfonds bereitgestellt. Auch wird in dieser Kundmachung die Zusammenarbeit zwischen Bund, Länder und Gemeinden explizit hervorgehoben.

Gemeinden müssen immer mehr selbst zahlen

Es lässt sich aber auch ein etwas differenzierteres Bild für die Gemeinden zeichnen, wenn man etwas genauer in die Datenlage der Gemeindegebarungen blickt: Zwischen 2001 und 2018 wurden im Schnitt noch 80 Prozent der Ausgaben der Gemeinden durch Einnahmen bzw. Zuschüsse in den betreffenden Ansätzen gedeckt. Dieser Anteil ist seit 2006 allerdings rückläufig. Das bedeutet, dass die Gemeinden einen immer höher werdenden Teil der Ausgaben selbst zu tragen haben. Dabei handelt es sich aber auch gleichzeitig um Kosten, die nicht zu vermeiden sind, da diese dem direkten Schutz der Menschen in den Gemeinden dienen. 

Und nun stellt sich doch noch die Frage nach der Häufigkeit von Umweltereignissen. Wird die Situation dadurch nochmals verschärft, dass Österreich aufgrund der Art der hierzulande auftretenden Naturkatastrophen in Zukunft mit einer Zunahme an Ereignissen zu rechnen hat? Österreich hat sozusagen Unglück im Glück. 

Auslöser sind meist Extremwetterereignisse

Glück deshalb, weil es eine ganze Reihe von Naturkatastrophen gibt, die uns in Österreich de facto gar nicht betreffen. Von Erdbeben angefangen, über Vulkanausbrüche, bis hin zu Tsunamis bleibt unsere Heimat von zahlreichen Katastrophen-Szenarien verschont. Die hierzulande häufigsten, zerstörerischsten und folgenreichsten Naturkatastrophen sind Hochwasser, Muren und Lawinen. In weiterer Folge kann man weiters noch Bergabbrüche, Felsstürze, Hangrutschungen und in jüngster Zeit auch regional Dürren und Frost nennen.

Wenn man jetzt genauer hinsieht – und das ist das Unglück –  werden sämtliche hierzulande auftretende Naturkatastrophen durch Extremwetterereignisse ausgelöst. Und gerade bei diesen Katastrophen, die durch Wetter und Klimawandel ausgelöst werden, ist in Zukunft mit einer zunehmenden Häufung zu rechnen. 

Kurz gesagt, die Gemeinden müssen einen immer größeren Anteil der Präventionsmaßnahmen selbst finanzieren, bei einem gleichzeitig stetig wachsenden Bedarf an Schutzvorkehrungen. Setzt sich diese Entwicklung fort, wird in Zukunft noch ein weiteres Desaster hinzukommen, das ist dann allerdings finanzieller Natur.