Zentral bei der EU-Taxonomie ist, dass keines der Umweltziele durch die
Maßnahme(n) erheblich beeinträchtigt wird.
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Nachhaltigkeit mit Checkliste meistern

Nachhaltigkeit ist längst kein Trend mehr, sondern eine zentrale Herausforderung für ­Städte und Gemeinden. Besonders im Bereich der Fremdfinanzierung erfordert dies ein Umdenken. Angesichts wachsender Anforderungen durch ESG-Kriterien und die EU-Taxonomie wird nachhaltige Planung und Finanzierung immer relevanter. Dafür braucht es praxisnahe Unterstützung, damit der Nachhaltigkeitsnachweis gegenüber Kredit- und Fördergebern einfach gelingen kann.

Spätestens seit dem Beschluss der Agenda 2030 für eine nachhaltige Welt im Jahr 2015 hat der Begriff Nachhaltigkeit eine neue, ganzheitliche Ausrichtung bekommen. Mit den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen – hinlänglich auch als SDGs bekannt – soll Nachhaltigkeit in allen Lebensbereichen verankert werden. 

Dieser Anspruch, gepaart mit dem steigenden Bewusstsein über die Auswirkungen des Klimawandels auf Umwelt und Gesellschaft, erfordert ein beachtliches Mehr an zukunftsfähigen Praktiken bei Unternehmen und Gebietskörperschaften. Dies betrifft zunehmend auch den Finanzierungsbereich (Stichworte: nachhaltige öffentliche Finanzen, Klimabudgets etc.).

Auf EU-Ebene wurden dahingehend im Rahmen des European Green Deals zwei wesentliche Verordnungen erlassen, die zwar a priori nicht zur nachhaltigen Finanzierung verpflichten, aber Auswirkungen auf die Vergabe von Fremdmitteln haben: die Richtlinie zur nichtfinanziellen Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen ((EU) 2022/2464) und die EU-Taxonomie-Verordnung ((EU) 2020/852). Beide betreffen heute schon kommunale Unternehmen, die eine bestimmte Größe aufweisen und kapitalmarktorientiert sind.

ESG-Kriterien und EU-Taxonomie als Voraussetzung?

Nachhaltigkeitscheckliste
Die Nachhaltigkeitscheckliste steht auf der KDZ-Plattform www.praxisplaner.at allen Gemeinden kostenfrei als Download zur Verfügung. In Kombination mit dem KDZ-Vorhabens- und Investitionsplaner können zudem Mehraufwendungen und Mehrerträge berechnet werden. Letzterer ist ebenfalls auf der Praxisplaner-Plattform für alle Städte und Gemeinden kostenlos nutzbar.

Aus der Investoren- und Bankenwelt ist ein Akronym hervorgegangen, das die nichtfinanziellen Aspekte von Unternehmen zusammenfassen soll: ESG. Dabei steht das „E“ für „Environment“ und umfasst Kriterien zum Umweltschutz. Das „S“ steht für „Social“ und bezieht sich auf Arbeitsrechte, Arbeitsbedingungen und Menschenrechte in der Lieferkette. Das „G“ schließlich steht für „Governance“ und bezieht sich auf verantwortungsvolle Unternehmensführung, einschließlich ethischer Führung, Korruptionsbekämpfung, Transparenz und Compliance.

Die Erfüllung dieser ESG-Kriterien wird zunehmend von Banken bei Kreditnehmern gefordert, da auch Finanzdienstleister in die Pflicht genommen werden, in nachhaltige Wirtschaftszweige zu investieren und diese mit besseren Kreditkonditionen zu fördern. Allerdings sind die ESG-Kriterien bis dato nicht standardisiert, wodurch Anforderungen und Nachweise bei Finanzierungsinstitutionen variieren und unterschiedlich gehandhabt werden.

Die EU-Taxonomie ist ein Regelwerk, das definiert, welche Wirtschaftstätigkeiten unter welchen Voraussetzungen als nachhaltig eingestuft werden dürfen. Dafür wurden für unterschiedliche Wirtschaftszweige technische Kriterien festgelegt, um Umsätzen, Aufwendungen und Investitionen der Wirtschaftstätigkeit „Taxononomiekonformität“ zu bestätigen. Zentral dabei ist, dass keines der Umweltziele durch die Maßnahme(n) erheblich beeinträchtigt wird („Do No Significant Harm“-Kriterium). 

Konkret verfolgt die ökologische Taxonomie sechs Umweltziele:

  • Klimaschutz
  • Klimawandelanpassung
  • Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
  • Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme

Genannte Wirtschaftszweige beinhalten auch Bereiche, die in den Zuständigkeitsbereich von Gemeinden fallen – wie beispielsweise der Bau und die Sanierung von Gebäuden oder der Betrieb von Abwasser- und Trinkwasserversorgungs­anlagen. Gemeinden können sich somit an diesen Vorgaben orientieren, um zu prüfen, inwieweit ihre Projekte ökologisch nachhaltig sind.

Gemeinden sind aktuell nicht gesetzlich verpflichtet, die ESG-Kriterien oder die Vorgaben der EU-Taxonomie zu erfüllen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Anforderungen mittel­fristig auch für Gemeinden relevant werden könnten, insbesondere bei Kreditansuchen und Förderanträgen. 

Während die SDGs primär einen Orientierungsrahmen für die strategische Ausrichtung von Städten und Gemeinden bieten oder in die Haushaltsplanung integriert werden können (Stichwort SDG-Budgeting), werden ESG-Kriterien und EU-Taxonomie mit ihren Indikatoren und Richtwerten eine entscheidende Rolle bei der Planung großer kommunaler Projekte spielen, für die eine Fremdfinanzierung erforderlich ist. 

Können Gemeinden bereits heute „freiwillig“ ESG- und Taxonomie-Nachweise für ihre Vorhaben erbringen, kann sich der Verhandlungsspielraum für bessere Finanzierungskonditionen erhöhen. Auch dafür, aber vor allem als Wegbereiter, hat das KDZ im Auftrag der Bank Austria eine Nachhaltigkeitscheckliste konzipiert, die das Ansuchen von Fremdmitteln für kommunale Vorhaben unterstützen soll. 

Nachhaltigkeit belegen

Als projektbezogener Fragenkatalog unterstützt die Nachhaltigkeitscheckliste Städte und Gemeinden, ihre Investitionsvorhaben nach ESG-Kriterien und entlang der ökologischen EU-Taxonomie einzuschätzen und zu belegen. Dabei werden Fragen gestellt, die mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten sind.

Die befüllte Checkliste bietet schließlich einen strukturierten Überblick zur Nachhaltigkeit des geplanten Investitionsvorhabens, sowohl extern als auch intern. Extern als zusätzliches „Argumentarium“ gegenüber den Finanzierungsinstitutionen, und intern für die eigene Kommune, indem ein allfälliges Nachschärfen ermöglicht wird, um beispielsweise Folgekosten abzufedern. Derzeit kann die Checkliste bei Investitionsprojekten im Rahmen von Gebäudebau bzw. -sanierung sowie bei Bau und Sanierung von Anlagen der Abwasserent- und Trinkwasserversorgung angewendet werden. 

Das erste Bewertungsblatt betrifft die „Governance“. Ziel dieser Fragen ist es, die Prozesse und Verfahren der Gemeinde zu verstehen, die eine nachhaltige Steuerung des Projekts ermöglichen, mit entsprechenden Fragen zu Vergabe, Transparenz und Risikomanagement. 

Die umweltrelevanten Fragen („Environment“) variieren nach Investitionstyp (Bewertungsblatt 2). Beispiele sind der Energieverbrauch, Wassersparsamkeit oder die Verwertung von Bauabfällen (Stichwort: Kreislaufwirtschaft). Da die ökologische Nachhaltigkeit mit technischen Kriterien bewertet werden kann, sind auch Richtwerte auf Basis der EU-Taxonomie und anderer nationaler Leitfäden als Referenz enthalten. 

Die soziale Nachhaltigkeit („Social“) enthält vor allem Fragestellungen zu Arbeitsbedingungen und Personalentwicklung. Handelt es sich bei dem Vorhaben um eine Bildungs- oder Pflegeeinrichtung, gibt es zusätzliche Fragen, die beispielsweise auch den Bedarf abbilden sollen (Bewertungsblatt 3). 

Nachhaltigkeitscheckliste

Wird die Checkliste vollständig befüllt, erfolgt die Bewertung anhand folgender Parameter:

  • Die ESG-Kriterien gelten als erfüllt, wenn je Kriterienbereich mehr „Ja“ als „Nein“-Antworten angewählt wurden. 
  • Die Taxonomierelevanz des Projekts ist gegeben, wenn keine taxonomierelevante Frage mit „Nein“ angewählt wurde. Die taxonomierelevanten Fragen sind explizit in separaten Spalten gekennzeichnet (unter diesem Link finden Sie ein aufgezeichnetes Webinar zur Nutzung der Checkliste.