Helm eines verunglückten Kindes
Gerade bei hohen Kfz-Geschwindigkeiten ist eine Trennung des Radverkehrs vom Kfz-Verkehr durch eigene Radfahranlagen wichtig.
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Verkehrssicherheit

Mehr kinderfreundliche Radinfrastruktur in Österreich nötig

10. November 2024
Kinder zwischen 6 und 14 Jahren nehmen für ihre täglichen Schul- und Freizeitwege oft bereits selbstständig am Straßenverkehr teil. Besonders radfahrende Kinder sind in dieser Altersgruppe aber gefährdet: In den letzten drei Jahren war jedes dritte im Straßenverkehr verunglückte Kind mit dem Fahrrad oder dem E-Scooter unterwegs, belegt die Verkehrsunfallstatistik. Das KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit) fordert daher eine kinderfreundliche Radinfrastruktur.

Gemeinden tragen eine besondere Verantwortung, wenn es um die Sicherheit von Kindern im Straßenverkehr geht. Besonders auf Strecken, auf denen Kinder regelmäßig zur Schule oder in ihrer Freizeit im Straßenverkehr unterwegs sind, bleibt der umfassende Schutz aber eine komplexe Aufgabe.

Vor allem das Radfahren ist für Kinder auf Österreichs Straßen besonders riskant: In den letzten zehn Jahren verletzten sich laut KFV-IDB insgesamt fast 24.000 Kinder von 6 bis 14 Jahren beim Radfahren im Straßenverkehr so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten. Das sind durchschnittlich 2.400 Kinder pro Jahr. 

Laut Straßenverkehrsunfallstatistik wurden in den letzten zehn Jahren sechs Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren beim Radfahren im Straßenverkehr getötet.

Mangelnde Radinfrastruktur

Was fehlt, ist nicht zuletzt eine kinderfreundliche Verkehrs­infrastruktur, die auch auf die Sichtbarkeit und Bedürfnisse der Kinder eingeht, so das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV). „Unsere Straßen-Infrastruktur ist auf Erwachsene ausgelegt, unter anderem mit zu hohen Geschwindigkeiten und qualitativ und quantitativ schlechter Infrastruktur, um geschützt Radfahren lernen zu können“, erklärt Dipl.-Ing. Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im KFV.

Kinder sind beim Radfahren oft früh mit komplexen, unübersichtlichen Verkehrssituationen konfrontiert. Auch die Zahlen zeigen deutlich: Der Großteil der bei Radunfällen verunglückten Kinder im schulpflichtigen Alter verunfallte im Ortsgebiet (84 Prozent).

Notwendig wären daher besonders auch Änderungen der Verkehrsinfrastruktur: „Radfahrende brauchen ausreichend Platz, um sicher unterwegs sein zu können. Insbesondere auch in der Umgebung von Schulen und Freizeiteinrichtungen sollte Kindern eine sichere Radinfrastruktur geboten werden, möglichst ohne Konfliktpunkte mit einem Kfz.

Gerade bei hohen Kfz-Geschwindigkeiten ist eine Trennung des Radverkehrs vom Kfz-Verkehr durch eigene Radfahranlagen wichtig. Das heißt: Entweder Autofahrende fahren langsamer oder wir brauchen in Österreich mehr abgetrennte Radwege, Fahrradstraßen, Rad- oder Mehrzweckstreifen“, so Robatsch. 

Ungeschützte Verkehrsteilnehmende

Auffällig ist, dass Kinder ab zehn Jahren als Radfahrende häufiger verunfallen: Rund 81 Prozent der mit dem Rad verunfallten Kinder sind 10 bis 14 Jahre alt.

Besonders sticht dabei der Pkw als Unfallgegner hervor: Wenn Kinder als Radfahrende (6 bis 14 Jahre) mit einem anderen Verkehrsteilnehmenden kollidieren, dann ist in zwei Drittel der Fälle (67 Prozent) ein Pkw involviert, gefolgt von anderen Radfahrenden (19 Prozent). Insbesonders komplexe Verkehrssituationen haben auch Anteil an Radunfällen mit Kindern: Rund jeder fünfte Unfall ereignete sich auf Kreuzungen, rund jeder zehnte Unfall je im Richtungsverkehr und im Begegnungsverkehr.

Ab zehn Jahren (bzw. neun Jahren und Besuch der 4. Schulstufe) ist es zudem möglich, die freiwillige Radfahrprüfung zu absolvieren, die den Kindern erlaubt, allein mit dem Rad im Straßenverkehr zu fahren. Aufgrund ihrer geringen Größe können Kinder aber leichter übersehen werden: „Kinder sind eine der Gruppen von Verkehrsteilnehmenden, die besonders ungeschützt ist: Sie sind nicht nur aufgrund ihrer Größe schlechter sichtbar, sondern auch aufgrund schlechter Sichtverhältnisse oder unübersichtlicher Kreuzungen und Querungen gefährdet“, schildert Robatsch die Verkehrssituation.

Kindersicherer Verkehr

Um komplexe Verkehrssituationen für die Kinder zu entschärfen, empfiehlt das KFV, diese jedenfalls mit den Kindern im Vorfeld zu üben. Eltern und Begleitpersonen sollten die Kinder dabei nicht überfordern: Die Fähigkeiten der Kinder, die für die eigenverantwortliche und situationsangepasste Verkehrsteilnahme mit dem Fahrrad auf der Straße Voraussetzung sind, entwickeln sich erst mit zunehmendem Alter. Jüngere Kinder hingegen können sich im Straßenverkehr aufgrund komplexer Situationen noch überfordert fühlen.

Aber besonders auch die Erwachsenen müssen lernen, ihren Fahrstil anzupassen, um Unfälle zu verhindern: Geschwindigkeiten sollen sich an den jeweiligen Witterungs- und Straßenverhältnissen orientieren. Und: „Wir müssen unsere Verkehrsplanung endlich anpassen. Wenn wir auch für Kinder sowie ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen planen, dann planen wir für alle“, so Robatsch: „Die notwendigen Maßnahmen und funktionierenden Präventionskonzepte – wie die RVS ,Radverkehr‘ – liegen auf dem Tisch. Es ist ein Auftrag an die Politik, diese dringend in die Tat umzusetzen und Österreichs Straßen rad- und kindersicher zu machen.“