Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer, Kommunalkredit-Chef Alois Steinbichler und Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger präsentierten den Gemeindefinanzbericht. Foto: Gemeindebund

Mehr Investitionen, aber auch mehr Sozialausgaben

9. Dezember 2015
Die kommunalen Investitionen sind 2014 um 17,8 Prozent auf 2,15 Milliarden Euro gestiegen. Für Sozial-, Gesundheits- und Bildungsausgaben (inkl. Kindergärten) mussten die Gemeinden um 4,6 Prozent mehr ausgeben als im Jahr davor. Das zeigt der Gemeindefinanzbericht, der von der Kommunalkredit Austria in Zusammenarbeit mit Gemeindebund und Städtebund herausgegeben wurde.





Die Kostendynamik im Sozial-, Gesundheits- und Bildungsbereich (inkl. Kindergärten) setzte sich weiter fort. Mit einem Anstieg in diesen drei Kategorien um insgesamt 198 Millionen Euro oder 4,6 % auf insgesamt 4,5 Milliarden Euro Die Position „Soziale Wohlfahrt“ (Pflegeheime, Betreuung etc.) zeigte dabei mit einem Anstieg von 97 Millionen Euro oder 6,3 % auf 1,64 Milliarden Euro die größte Dynamik.



„Die Analysen im diesjährigen Gemeindefinanzbericht zeigen, dass der positive Trend der Vorjahre anhält. Die disziplinierte und konstruktive Arbeit im kommunalen Sektor in Zusammenarbeit mit den Gemeindeaufsichten zeigt eine klar positive Wirkung“, betont  Alois Steinbichler, Vorstandsvorsitzender der Kommunalkredit Austria.

Gemeinden wirtschaften gut



  • Die Gesamteinnahmen der Gemeinden (ohne Wien) stiegen im Jahr 2014 um 4,1 % bzw. 760 Millionen Euro auf 19,2 Milliarden Euro und erreichten damit einen Höchststand; die Gesamteinnahmen (abzüglich Schuldenaufnahme) betrugen 18,1 Milliarden Euro (+4,6 %).

  • Die Gesamtausgaben erhöhten sich um 4,2 % bzw. 764 Millionen Euro auf 19,2 Milliarden Euro; die Gesamtausgaben (abzüglich Tilgungen) lagen bei 18,1 Milliarden Euro (+4,3 %).

  • Mit einem Maastricht-Überschuss von 185 Millionen Euro oder 0,06 % des BIP erreichten die österreichischen Gemeinden bereits zum vierten Mal in Folge ein positives Maastricht-Ergebnis und erfüllten somit den Stabilitätspakt.


Freie Finanzspitze auf anhaltend hohem Niveau



Mit 543,1 Millionen Euro ist die freie Finanzspitze 2014 stabil auf dem hohen Niveau der letzten vier Jahre geblieben. Dies spiegelt sich im Investitionsniveau, dem Schuldenabbau und der Rücklagenentwicklung wider. Die freie Finanzspitze gilt als Indikator für den finanziellen Handlungsspielraum einer Gemeinde und deren zukünftiges Investitionsverhalten. Sie ergibt sich aus dem Saldo der laufenden Gebarung abzüglich geleisteter Tilgungszahlungen. Auch für 2015 und 2016 wird erwartet, dass die freie Finanzspitze auf hohem Niveau verbleibt.

Einnahmen-Ausgaben-Situation



Die erfreuliche Haushaltssituation ergibt sich vor allem durch die positive Entwicklung der Einnahmenseite. So stiegen 2014 die Gemeindeanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben (Ertragsanteile) um 3,5 % bzw. 201,4 Millionen Euro auf 5,95 Milliarden Euro und die Kapitaltransferzahlungen von Trägern öffentlichen Rechts um 9,2 % bzw. 96,6 Millionen Euro auf 1,15 Milliarden Euro Die gemeindeeigenen Einnahmequellen wiesen ebenso Anstiege auf; die Gemeindeabgaben stiegen um 2,6 % bzw. 81,7 Millionen Euro auf 3,21 Milliarden Euro , die Einnahmen aus wirtschaftlichen Tätigkeiten stiegen um 4,1 % bzw. 207,2 Millionen Euro auf 5,2 Milliarden Euro



Auf der Ausgabenseite stiegen vor allem die Ausgaben im Sozial-, Gesundheits- und Bildungsbereich (inkl. Kindergärten) um 198 Millionen Euro bzw. 4,6 % auf insgesamt 4,5 Milliarden Euro besonders dynamisch. Die soziale Wohlfahrt (Pflegeheime, Betreuung etc.) war dabei mit einem Anstieg von 97 Millionen Euro bzw. 6,3 % auf 1,64 Milliarden Euro besonders stark.

Zahl der Abgangsgemeinden steigt leicht



Abgangsgemeinden sind jene Gemeinden, deren Ergebnis des ordentlichen Haushalts negativ ist. Die Anzahl der so ausgewiesenen Abgangsgemeinden stieg im Jahr 2014 um 17 Gemeinden auf 977 Gemeinden (2013: 960 Gemeinden). Dies entspricht rund 42 % aller österreichischen Gemeinden (2013: 41 %). Die höhere Anzahl an Abgangsgemeinden beruht vor allem auf dem Anstieg der Investitionen, die im Haushalt als Ausgabe gelten.

Niedrigzinspolitik dominiert weiterhin



Die Zinsausgaben der Gemeinden (ohne Wien) lagen mit 188 Millionen Euro (+5,1 % bzw. 9,9 Mio.) auf dem zweitniedrigsten Niveau seit dem Jahr 2000 (niedrigstes Niveau im Jahr 2013 mit 178 Mio.). Diese Zinsausgabenentwicklung ergab sich aufgrund der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), des Schuldenabbaus der Gemeinden in den letzten vier Jahren (-413 Mio. Euro) sowie der variablen Verzinsung des Großteils der Gemeindeschulden. Die Gemeinden werden weiterhin von der Fortsetzung der Niedrigzinspolitik der EZB profitieren. Es ist somit davon auszugehen, dass die Zinsausgaben der Gemeinden in den Jahren 2015 und 2016 auf ähnlichem Niveau wie 2014 bleiben.

Finanzschuld und Gemeindehaftungen reduziert, Rücklagen erhöht



Seit 2011 sinkt der Schuldenstand der Gemeinden. Dieser Trend setzte sich auch im Jahr 2014 fort. Die Finanzschuld der Gemeinden sank 2014 um weitere 79,9 Millionen Euro oder 0,7 % auf 11,27 Milliarden Euro Somit verringerte sich der Schuldenstand der Gemeinden in den letzten vier Jahren insgesamt um 413 Millionen Euro Die Haftungen betrugen Ende 2014 6,41 Milliarden Euro , ein Rückgang um 31,8 Millionen Euro bzw. 0,5 %.



Im Jahr 2014 erhöhte sich der Stand der Rücklagen im Vergleich zum Vorjahr um weitere 138,2 Millionen Euro bzw. 8,2 % auf einen Höchststand von 1,82 Milliarden Euro Rücklagen sind aus Haushaltsüberschüssen gebildete Reserven bzw. für Einzelprojekte zweckgebundene Mittel.

Investitionstätigkeit erstmals seit 2009 wieder über 2 Milliarden Euro



Im Jahr 2014 stiegen die kommunalen Investitionen deutlich um 17,8 % bzw. 325,3 Millionen Euro auf 2.148,6 Millionen Euro und überschritten erstmals seit 2009 das 2 Milliarden Euro -Niveau. Damit ist das Investitionsniveau 2014 auch das dritthöchste seit dem Jahr 2000. Vom Gesamtbetrag entfielen 1,4 Milliarden Euro oder 63 % auf Gemeinden mit bis zu 5.000 Einwohner.

Prognose 2015



Die erwarteten Wachstumsraten für die Ertragsanteile belaufen sich für das Jahr 2015 auf +3,3 %; bei der Kommunalsteuer wird für das Jahr 2015 ein Aufkommensplus von +2,8 % erwartet. Daraus ist zu schließen, dass die freie Finanzspitze auch 2015 auf einem hohen Niveau verbleiben wird. Für 2016 wird mit einem leichten Rückgang gerechnet. Der von den Analysten der Kommunalkredit in den letzten Jahr prognostizierte Anstieg der kommunalen Investitionen ist erfreulicher Weise eingetreten. Auch für 2016 ist ein hohes Niveau zu erwarten.



Bestimmend für die kommunale Rechnungslegung werden in Zukunft die Reform des Finanzausgleichsgesetzes sowie der Erlass der neuen Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung (VRV) durch das BMF sein; darin wird die Erweiterung der kommunalen Rechnungslegung auf einen Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögenshaushalt geregelt. Diese letzte Bestimmung gilt für die Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern ab dem Finanzjahr 2019, für alle übrigen Gemeinden ab dem Finanzjahr 2020.