Johannes Rauch
Johannes Rauch: „Ich halte es für einen Irrtum der Geschichte, dass die Gemeinden über die Flächenwidmung entscheiden – diese Kompetenz müssen wir allmählich überdenken. Die Bürgermeister sind zu nahe dran an den lokalen Interessenlagen, um sich gegen kommerzielle Ansprüche wehren zu können.“
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Politik & Recht

Kritik an Aussage des Sozialministers zur Flächenwidmung

21. September 2022
In einem Interview mit dem „Standard“ hat Sozialminister Johannes Rauch gefordert, die Kompetenzen der Gemeinden in Sachen Flächenwidmung zu „überdenken“. Der Gemeindebund reagierte scharf. Als ehemaliger Gemeinderat müsste Rauch wissen, dass Gemeinden nicht alleine entscheiden.

Rauch im „Standard“:

„Am Immobilienmarkt treibt eine spekulative Blase die Preise, die nichts mit der aktuellen Krise zu tun hat. Ein Gegenmittel sind der Bau von Gemeinde- oder Genossenschaftswohnungen, aber das hat außerhalb von Wien nicht wirklich stattgefunden. Ich halte es für einen Irrtum der Geschichte, dass die Gemeinden über die Flächenwidmung entscheiden – diese Kompetenz müssen wir allmählich überdenken. Die Bürgermeister sind zu nahe dran an den lokalen Interessenlagen, um sich gegen kommerzielle Ansprüche wehren zu können.“

Bürgermeister wissen, was in den Gemeinden los ist

„Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind am nächsten dran, wenn es um die Gestaltung des unmittelbaren Lebensumfeldes der Bürgerinnen und Bürger geht“, erklären dazu Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl (ÖVP) und Vizepräsident Rupert Dworak (SPÖ). Die Ortschefs würden am besten wissen, was ins Ortsbild passt und entscheiden nach bestem Wissen und Gewissen in Abstimmung mit den Sachverständigen der Länder in den Gemeinderäten über die geeignete Flächenwidmung.

„Wir fragen uns: Wer, wenn nicht die lokale Gemeinschaft soll entscheiden, wo und ob etwas gebaut werden soll? Diese den Gemeinden wegzunehmen, ist ein glatter Angriff auf die Gemeindeautonomie. Das werden wir niemals akzeptieren“, so Riedl und Dworak.

Länder entscheiden bei der Flächenwidmung mit

Vor einem Jahr hat der Bundesvorstand des Österreichischen Gemeindebundes ein umfangreiches Positionspapier zum Bodenverbrauch verabschiedet, wo die Vertreterinnen und Vertreter aller Gemeinden über alle Parteien klargestellt haben, dass die Raumordnungs- und Flächenwidmungskompetenz hoheitliches Recht der Kommunen zu bleiben hat. „Vergessen wird in dieser Debatte immer wieder, dass es in allen Bundesländern Raumordnungsgesetze gibt, die einen klaren Rahmen vorgeben. Bei jeder Flächenwidmung entscheidet das Land mit", so Riedl.

„Minister Rauch müsste es wissen“

Riedl und Dworak rufen die eigentlich fachlich zuständige Ministerin Leonore Gewessler auf, ihrem Parteikollegen zu erläutern, welche Rechte die Gemeinden in Sachen Flächenwidmung- und Raumordnung haben und auch immer haben werden. „Minister Rauch sollte als ehemaliger Gemeinderat und Landesrat eigentlich ein Kenner der Gemeinden und Gemeindeinteressen sein. Umso mehr verwundern uns seine Angriffe in Richtung Gemeinden. Schade, dass er nun ohne Anlass eine Debatte mit den Gemeinden losgetreten hat, die er nicht gewinnen wird“, sagt Rupert Dworak. „Wir laden den Gesundheitsminister aber gerne ein, ihm das verfassungsrechtlich zugesicherte Recht der Gemeindeautonomie im Detail zu erläutern und gerne mit ihm über das Thema Selbstverwaltung und Flächenwidmung zu diskutieren, anstatt unbedachte Meldungen über die Medien auszurichten“, so Alfred Riedl.