Um geordnete Strukturen vorzufinden, führt kein Weg vorbei, zunächst klare Trennlinien in den Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu ziehen.
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Konzepte für Aufgabenreform im Schulbereich liegen auf dem Tisch

All die in den letzten Jahren getroffenen Maßnahmen erfüllen die Erfordernisse der Jetztzeit und sind zweifelsohne notwendig. Nichtsdestotrotz bedarf es in vielen Bereichen erst Klarstellungen, wer wofür in welchem Ausmaß verantwortlich ist.

War die Schule früher Arbeitsort des Direktors, der Lehrer, der Reinigungskraft und des Schulwarts, sind in den letzten Jahrzehnten zusätzliche Berufsbilder hinzukommen – Erzieher, Freizeitpädagogen, Stützkräfte, Psychologen, Sozialarbeiter, pädagogisches und administratives Assistenzpersonal. Grundsteine für weitere Berufsbilder wurden bereits gelegt.

Mit der Digitalisierungsoffensive und der Ausstattung vieler Schüler mit digitalen Endgeräten ab dem kommenden Schuljahr werden auch IT-Systembetreuer und -administratoren gebraucht. Zudem sollen zukünftig Jugend- und Bewegungscoachs sicherstellen, dass an jeder Schule eine tägliche Bewegungseinheit stattfindet.

Aber auch infrastrukturell hat sich einiges getan. Seit Jahren wird der Ausbau ganztägiger Schulangebote forciert – nicht zuletzt um Eltern eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen. Gemeinden haben in den letzten Jahren hunderte Millionen Euro in die erforderliche Ausstattung investiert (Zubauten, Speisesäle, Küchen, Außenanlagen etc.). Auch die Digitalisierung erfordert eine entsprechende Infrastruktur vor Ort, die in den nächsten Jahren hohe Investitionen auslösen wird.

Neue Lehr- und Lernformen

Schlussendlich hat sich auch pädagogisch und administrativ vieles verändert. Neben Teamteaching und fächerübergreifendem Unterricht ist hier auch die durch die Corona-Pandemie forcierte Digitalisierung zu nennen: Schulbücher und Lerninhalte werden digital, Kommunikation und Unterricht finden nicht selten virtuell statt, Übungen und Aufgaben werden zunehmend im Wege digitaler Lernplattformen erledigt.

Auch die Schulverwaltung und die Administration in der Schule haben sich in den letzten Jahrzehnten massiv gewandelt. So hat die Bürokratie an Schulen ein Ausmaß angenommen, das es vielen Schulleitern tatsächlich nicht mehr erlaubt, ihren eigentlichen Aufgaben nachzukommen. Zudem verlieren Lehrer durch administrative Aufgaben immer mehr Zeit, die letztlich im Unterricht fehlt.

Neuordnung der Kompetenzen und alles Personal in eine Hand

Um geordnete Strukturen vorzufinden, führt kein Weg vorbei, zunächst klare Trennlinien in den Zuständigkeiten zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu ziehen. Erst dadurch können bislang bestehende Unklarheiten, Doppelgleisigkeiten und komplexe Organisations- und Finanzierungsstrukturen beseitigt werden. So sollte zuvorderst die nicht mehr zeitgemäße Systematik der Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung aufgehoben werden. Die Gesetzgebungskompetenz sollte je nach Regelungsmaterie entweder alleine dem Bund, oder alleine den Ländern übertragen werden.

Unterschiedliche Dienstgeber, bürokratischer Aufwand, fehlende Auslastung des Personals (Teilzeit), hoher Ressourceneinsatz, mangelnde Treffsicherheit, fehlende Planbarkeit - gleich ob Freizeitpädagogen, Assistenzkräfte oder Stützkräfte: Die Beistellung der Personalbedarfe an Schulen durch Gemeinden ist weder praktikabel noch effizient. Neben dienstrechtlichen, steuerrechtlichen und besoldungsrechtlichen Problemen sind auch die Administrierung und Akquirierung von geeignetem und bereitwilligem Personal schwierig (fehlende Auslastung vor allem an Kleinschulen). 

Einzig sinnvoll wäre es daher, das an einer Schule erforderliche pädagogische, administrative und unterstützende Personal zu bündeln um es bedarfsorientiert an Schulen einsetzen zu können. Unabdingbar hierfür ist die Schaffung von Personalpools auf Länderebene (unter der Leitung der Bildungsdirektionen als Bund-Länder-Behörde).

Die Finanzierung der Personalpools sollte letzten Endes, wie viele andere Angelegenheiten in dieser Dimension, Gegenstand des Finanzausgleichs werden. Damit wäre auch die derzeit geradezu untragbare Finanzierungssituation im Bereich der ganztägigen Schulangebote Geschichte. 

Seit der Ausbauoffensive im Jahr 2011 leistet der Bund eine Ko-Finanzierung beim Ausbau von ganztägigen Schulangeboten. Neben einmaligen Zuschüssen für Infrastrukturmaßnahmen erhalten Gemeinden auch für die Beistellung des Betreuungspersonals Zuschüsse. Da diese Zuschüsse immer nur befristet gewährt werden – zunächst auf Basis von Art. 15a B-VG Vereinbarungen, nunmehr auf Grundlage des Bildungsinvestitionsgesetzes – fehlt es den Gemeinden an der Planungs- und Finanzierungssicherheit.

Sollte nicht rasch eine langfristige Finanzierungslösung gefunden werden, dann sehen sich viele Gemeinden gezwungen, entweder die Betreuungsbeiträge der Eltern massiv zu erhöhen, oder aber das Angebot an ganztägigen Schulangeboten wieder zurückzufahren.

Schulgesundheit gehört grundlegend reformiert

Als Musterbeispiel eines abenteuerlichen Wirrwarrs bei der Kompetenzverteilung dient das heutige Schularztsystem.

Wer bis vor einem Jahr noch überzeugt war, dass das Schularztsystem gut aufgestellt sei und allenfalls nur adaptiert werden müsse, wurde spätestens mit Ausbruch der Corona-Pandemie eines Besseren belehrt.

Mangels bundesweit einheitlicher Vorgaben ist in jedem Bundesland das Schularztwesen unterschiedlich ausgestaltet - von der Organisation, über die Ausstattung der Räumlichkeiten, bis hin zur Durchführung der Untersuchung samt Dokumentation, so denn überhaupt eine stattfindet. 

Das derzeitige Schularztsystem, das Schulgesundheit und Kinder- und Jugendgesundheit zu vereinen versucht, ist nicht nur veraltet, es entspricht auch nicht den tatsächlichen Bedarfen an Schulen, geschweige denn den Erfordernissen einer funktionierenden Kinder- und Jugendgesundheitsvorsorge, die es de facto gar nicht gibt. 

Dass keine validen Zahlen und Daten vorliegen, sondern lediglich Hochrechnungen und Schätzungen ein ungefähres Bild bieten, wie es um die Kinder- und Jugendgesundheit insgesamt bzw. die Zahngesundheit, das Hör- und Sehvermögen, Entwicklungsdefizite, Krankheitsbilder und auch wie es um Durchimpfungsraten im Speziellen steht, ist in hohem Maße bedenklich. 

Das schon seit Jahren vorliegende Modell des Gemeindebundes differenziert, anders als das Schularztsystem, zwischen der Kinder- und Jugendgesundheitsvorsorge, die im Wege einer Erweiterung des Mutter-Kind-Passes sichergestellt werden soll, und den tatsächlichen Bedarfen an Schulen, die mittels interdisziplinärer Teams auf Länderebene (Ärzte, Psychologen, Therapeuten etc.), speziellen Präventionsprogrammen und Gesundheitsprojekten vor Ort abgedeckt werden sollten.