Umsatzsteuer
Körperschaften öffentlichen Rechts sind Unternehmer im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art. Erwerben sie Gegenstände für den Unternehmensbereich der Gemeinde von einem anderen Mitgliedsstaat der EU, so unterliegen sie der Steuerpflicht.
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Kommunale innergemeinschaftliche Erwerbe

Österreichs Gemeinden tätigen relativ häufig sogenannte innergemeinschaftliche Erwerbe (kurz IGE). Dabei handelt es sich um entgeltliche Lieferungen von Gegenständen durch Unternehmen aus einem Mitgliedsstaat der EU. Steuerrechtlich unterliegen diese Erwerbe der Binnenmarktrichtlinie (BMR), die diesfalls zwischen IGE an Unternehmen (also Betriebe gewerblicher Art der Gemeinden) und an juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder nicht für den Unternehmensbereich erwerben (also den Hoheitsbereich der Gemeinden) unterscheidet. Wie sind diese IGE aber steuerlich zu behandeln?

Eine Erwerbsteuerung setzt grundsätzlich voraus, dass Gegenstände im Rahmen einer Lieferung durch einen Unternehmer aus dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates in das Inland gelangen (unabhängig, ob der Lieferant befördert, versendet oder vom Abnehmer abgeholt wird). Dem steuerpflichtigen Erwerb steht im Abgangsland die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung gegenüber. 

Beim Erwerb von Gegenständen aus dem Binnenmarkt für den Unternehmensbereich (echte und fiktive Betriebe gewerblicher Art von Gemeinden) kommt es jedenfalls zur Erwerbsbesteuerung, bei Erwerben für den Nichtunternehmensbereich kommt es darauf an, ob die sogenannte Erwerbschwelle überschritten bzw. auf deren Anwendung verzichtet wird.

IGE an Unternehmen

Dieser bezieht sich auf alle Lieferungen von Unternehmern aus einem Mitgliedsstaat der EU an Betriebe gewerblicher Art (BgA) von Gemeinden wie z. B. Kindergärten (soweit diese zur Steuerpflicht gem. § 6 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) optiert haben oder die Gemeinde andere steuerpflichtige Umsätze tätigt) Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Mietwohnungen und sonstige Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit. Die unternehmerisch beziehende Gemeinde zeigt dem Lieferanten die Erwerbsteuerpflicht durch die Verwendung der UID-Nr. an.

Aus umsatzsteuerlicher Sicht ist dazu zu bemerken:

Vom jeweiligen Rechnungsbetrag, der für den IGE vom liefernden Unternehmen in dessen Fakturen (steuerfrei ohne Ausweis der Mehrwertsteuer) ausgestellt wurde, hat der Erwerber (hier die Gemeinde) für den IGE österreichische Umsatzsteuer an sein zuständiges Finanzamt zu entrichten. Alle österreichischen Steuersätze kommen in Betracht: 20% Normalsteuersatz, 10% und 13% ermäßigte Steuersätze.

Beispiel:

Der IGE von Spielgeräten (Normalsteuersatz 20 Prozent) für den BgA „Kindergarten“ im Wert von 1.000 Euro ist in der entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldung zusätzlich zur der für diesen Monat zu meldenden Umsatzsteuer (jeweils am 15. des zweitfolgenden Monats nach Rechnungseingang) wie folgt zu erklären:

Kennzahl (KZ)   Warenwert netto Umsatzsteuer
070 EUR 1000  
072 EUR 1000 200

Die gesamte ermittelte Umsatzsteuer für diese Umsatzsteuervoranmeldung beinhaltet somit auch die Erwerbsteuer für den IGE. Da dieser IGE ein vorsteuerabzugsberechtigtes Unternehmen im Sinne des UStG (hier BgA = Kindergarten mit USt-Option) betrifft, kann im Gegenzug diese Umsatzsteuer von 200 Euro als Vorsteuer unter KZ 065 geltend gemacht werden.

Für die Erfassung dieser Vorgänge im kameralen System bzw. in den Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärungen sind für die IGE, je Steuersatz sowie auch für die Vorsteuern jeweils ein Steuercode zu hinterlegen.

Anders als bei der Leistungsumsatzsteuer ist für den Abzug der Erwerbsteuer das Vorliegen einer Rechnung gem. § 11 UStG nicht Voraussetzung! Ansonsten gelten für den Abzug die gleichen materiellen Bedingungen wie für den sonstigen Vorsteuerabzug (insbesondere Erwerb des Gegenstandes für Zwecke des Unternehmens).

Hier ein Beispiel für eine im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ordnungsgemäß ausgestellte Rechnung (mit Hinweis auf die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung), bei der ein Unternehmer aus Deutschland Prüfgeräte für die Wasserversorgung einer Gemeinde in Österreich liefert.

ordnungsgemäß ausgestellte Rechnung
Anmerkung: 16.000 Euro sind in der KZ 070 und 072 einzutragen. Die Umsatzsteuer (20%) von 3.200 Euro ist ebenfalls unter KZ 072 und die abziehbaren Vorsteuern unter KZ 065 aufzunehmen

IGE an Nichtunternehmer

Das betrifft Lieferungen von einem Mitgliedsstaat der EU an den Hoheitsbereich von Gemeinden in Österreich (Schule, Wegenetz etc.). Bei solchen Erwerben für den nichtunternehmerischen Bereich ist die Erwerbschwelle zu beachten.

Erwerbsschwelle:

Erwirbt eine Gemeinde für den Nichtunternehmensbereich Liefergegenstände aus einem EU-Mitgliedsstaat, unterliegt sie der Erwerbbesteuerung, wenn die „Erwerbsschwelle“ überschritten wird. Ein Überschreiten liegt dann vor, wenn im Vorjahr oder im laufenden Jahr die Summer der Erwerbe (aus allen Mitgliedsstaaten zusammen) den Betrag von 11.000 Euro überstiegen hat.

Diese Erwerbsschwelle bezieht sich dabei nur auf die Erwerbe im Nichtunternehmensbereich. Wurde die Erwerbschwelle im Vorjahr nicht überschritten, so beginnt die Erwerbsteuerpflicht ab dem Erwerb, mit dem im laufenden Jahr die Erwerbschwelle überschritten wird.

Auf die Anwendung der Erwerbsschwelle kann aber verzichtet werden und zwar schriftlich gegenüber dem zuständigen Österreichischen Finanzamt. Als Verzicht gilt aber auch die Verwendung der UID-Nr. gegenüber dem Lieferanten beim Erwerb des Gegenstandes. Der Verzicht bindet den Erwerber für mindestens zwei Kalenderjahre.

Dazu folgende Beispiele:

Beispiel - Erwerb für den Nichtunternehmensbereich und Überschreiten der Erwerbschwelle oder Verzicht auf Anwendung der Erwerbschwelle

Dem Lieferanten ist in diesem Fall die UID-Nummer bekannt zu geben. Ersetzt man in obiger Eingangsrechnung aus der BRD in der Anschrift die Bezeichnung „Wasserversorgung“ durch „Volksschule“ und „Prüfgeräte“ durch „Schulmöbel“, ist für den innergemeinschaftlichen Erwerb zwar die Umsatzsteuer abzuführen, aber der Vorsteuerabzug mangels unternehmerischer Tätigkeit unzulässig ist. Die Kennzahlen KZ 070 und KZ 072 gelten daher auch für die entsprechende UVA, nicht jedoch die KZ 065 mangels Vorsteuerabzugsberechtigung.

Beispiel - Erwerb für den Nichtunternehmensbereich, jedoch kein Überschreiten und auch kein Verzicht auf Anwendung der Erwerbschwelle

In diesen Fällen kann es sowohl zu einem Ausweis der Umsatzsteuer des Ursprunglandes (z. B. bei Abholung durch Gemeinde aus Deutschland) als auch zu einer Fakturierung österreichischer Umsatzsteuer (z. B. Versand und Überschreitung der Lieferschwelle durch Lieferant – Achtung ev. Abfuhrverpflichtung der Gemeinde für ausländischen Unternehmer) kommen.

Beispiel - Erwerb für unternehmerische und nicht unternehmerische Zwecke (gemischte Nutzung)

Wird der Gegenstand für eine mindestens zehnprozentige unternehmerische Verwendung erworben, so ist der Erwerb des Gegenstandes für das Unternehmen erfolgt und es kommt zur Erwerbsbesteuerung. Der Vorsteuerabzug iZm dieser Erwerbsteuer steht nur anteilig für die unternehmerische Nutzung zu.

Ersetzt man bei obigen Eingangsrechnung aus der BRD in der Anschrift die Bezeichnung „Wasserversorgung“ durch „Volksschule und Hort“ und „Prüfgeräte“ durch „Schulmöbel“, ist für den innergemeinschaftlichen Erwerb die Umsatzsteuer abzuführen, aber der Vorsteuerabzug aufgrund der gemischten Nutzung nur anteilig für die unternehmerische Tätigkeit des Hortes (bei Option zur Umsatzsteuerpflicht) zulässig. Die Kennzahlen KZ 070 und KZ 072 gelten daher auch für die entsprechende UVA, in der KZ 065 kann jedoch nur der anteilige Vorsteuerbetrag geltend gemacht werden.

Zusammenfassung

Körperschaften öffentlichen Rechts sind Unternehmer im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art. Erwerben sie Gegenstände für den Unternehmensbereich der Gemeinde von einem anderen Mitgliedsstaat der EU, so unterliegen sie jedenfalls der Steuerpflicht.

Erwerben sie Gegenstände für den nicht unternehmerischen Bereich, kommt es darauf an, ob sie die Erwerbsschwelle überschreiten oder auf deren Anwendung verzichten.