Hochwasserschutz Kirchberg an der Pielach
Der Bau des neuen Hochwasserschutzes in Kirchberg an der Pielach kostete über zwölf Millionen Euro .
Ohne Unterstützung von Bund und Land wäre er für die Gemeinde nicht finanzierbar gewesen.
© Gemeinde Kirchberg

Katastrophenschutz

Keine Angst vor Hochwasser mehr

In Kirchberg an der Pielach atmet man auf. Dank eines umfassenden Hochwasserschutzes ist die leidgeprüfte Gemeinde nun selbst vor einem hundertjährlichen Hochwasserereignis geschützt.

Die Wetterextreme nehmen zu und darauf muss man sich einstellen. In Kirchberg an der Pielach hat man das bereits getan. In den letzten Jahren und Jahrzehnten war die Gemeinde im Bezirk St. Pölten immer wieder von schweren Überschwemmungen betroffen.

„Es war augenscheinlich, dass wir etwas gegen die wiederkehrenden Überschwemmungen tun müssen“, berichtet der damalige Vize- und heutige Bürgermeister Franz Singer.

Die Gemeinde ist deshalb auf das Land zugegangen. Nach einem Hochwasser sei man sogar beim damaligen Landeshauptmann Pröll im Büro gewesen. Die Bürger von Kirchberg haben zudem eine Petition unterschrieben: „Auch das hat bestärkt!“

Da der dringende und offensichtliche Handlungsbedarf von allen Stellen und Involvierten gesehen wurde, startete man nach langer Planungszeit im Jahr 2015 mit der Umsetzung eines neuen Hochwasserschutzes in Kirchberg.

Nicht nur Schutzmaßnahmen, sondern auch gewässerökologische Verbesserungen

Seitdem wurden auf einer Länge von rund 1.200 Metern Hochwasserschutzmauern und Hochwasserschutzdämme gebaut sowie ein Drainagesystem, eine Sohlabsenkung, eine neue Ufersicherung, der Umbau der Wehranlage im Ortsbereich und ein Retentionsbecken mit 80.000 Kubikmetern Fassungsvermögen errichtet. Neben den umfassenden Schutzmaßnahmen wurden dabei auch gewässerökologische Verbesserungen umgesetzt, wie etwa eine Fischaufstiegshilfe. 

Alleine für den dritten Bauabschnitt wurden 2,8 Millionen Euro investiert, wovon das für Hochwasserschutz zuständige Landwirtschaftsministerium 40 Prozent übernommen hat. Insgesamt dürften sich die Kosten letztendlich auf über zwölf Millionen Euro summieren. Ein Betrag, den die Gemeinde niemals alleine stemmen hätte können. Sie beteiligte sich mit 560.000 Euro, aber auch diese sind noch ein ordentlicher Brocken im Budget, den man erst einmal unterbringen muss.

„Dank der engen Zusammenarbeit mit Ministerium, Land und Bund ist das Projekt sehr gut abgelaufen“, freut sich Singer. „Am Ende des Tages ist eine sehr gute Lösung für Kirchberg herausgekommen. Wir sind sehr dankbar. Man kann dann übrigens auch ruhiger schlafen, wenn man verantwortlich ist.“

Singer weiß, wovon er spricht. Vor seiner Bürgermeisterzeit war er selbst Einsatzleiter: „Das ist schon ganz schön heftig zu entscheiden: Was sichert man? Was sichert man nicht? Was kann man überhaupt noch sichern? Diese Entscheidungen sind nun leichter zu treffen, denn wir sind weitestgehend geschützt.“

Jedes Projekt hat seine Höhen und Tiefen

Der Bau des Hochwasserschutzes lief jedoch ausnehmend gut ab. Auch von der Baupreisexplosion blieb man knapp verschont. „Prinzipiell haben wir mit unseren ausführenden Firmen viel Glück gehabt, und auch die Zusammenarbeit mit der Bauaufsicht hat immer hervorragend funktioniert“, erklärt Singer.

Gefragt, was am meisten Zeit in Anspruch genommen hat, antwortet er: „Die Gespräche mit den Privatpersonen, bei denen es um Liegenschaftsablösen und Ähnliches ging. Das ist sicher auch das Intensivste, wenn es um persönliche Anliegen geht. Es ist nicht einfach, wenn man etwas erwerben muss und der Grundstücksbesitzer keine große Freude damit hat. In Wirklichkeit geht es aber immer auch um den Schutz dieser Liegenschaften. Das haben manche leider nicht so richtig zugeordnet. Prinzipiell hat aber jeder den Hochwasserschutz gewollt. Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten ja alle selbst erlebt, was immer wieder geschehen ist (Anm.: Hochwasser 1996, 1997, 2006, 2009, 2014), daher hat die Bevölkerung das auch mitgetragen.“

Ein Hochwasser ist aber nicht die einzige Katastrophe, auf die sich die Kirchberger vorbereitet haben. Schon 1854 wurde ein Wehr in der Pielach errichtet, um zwei Wasserräder anzutreiben, 1905 wurde dann zusätzlich eine 15-kW-Wasserkraftanlage zur Stromerzeugung in den Mühlbach eingebaut.

Da die Hochwassersituationen in Kirchberg mitunter auch durch den Rückstau des Wehrs mitverursacht wurden, wurde das Wehr abgesenkt und ist jetzt umlegbar.

Kleinwasserkraftwerk als Insellösung geplant

Die Wasserkraftanlage wurde mehr oder weniger parallel dazu zu einem ­modernen Kleinwasserkraftwerk umgebaut, das eine Jahresleistung von 750.000 kW aufweisen kann. Genug, um gut 200 Haushalte mit Strom zu versorgen. Die Kosten dafür trug die Marktgemeinde alleine, mit Ausnahme der Sicherungsmaßnahmen, die sowieso passieren mussten. Es war jedenfalls eine gute Gelegenheit, um Synergieeffekte zu nutzen. Die katastrophengeplagten Kirchberger haben ihr Kleinwasserkraftwerk vorausschauend als Insellösung geplant. 

Das bedeutet, dass im Falle eines Blackouts eine Abkoppelung vom zusammengebrochenen Stromnetz möglich ist und zumindest die notwendigsten Dinge weiterhin mit Strom aus dem Kleinwasserkraftwerk versorgt werden können. Die mittlerweile abgeschlossenen Umbauten in Kirchberg sind ein Vorbild für andere hochwassergefährdete Gemeinden.

Den Klimawandel sollte man zwar bekämpfen, gleichzeitig muss man sich aber auch daran anpassen. Kirchberg hat genau das getan und dabei gezeigt, dass bei intelligenter Planung nicht nur die Sicherheit der Gebäude und ihrer Bewohner erhöht wird, sondern auch die Lebensqualität der Bevölkerung – und das mit einer Einsparung von Tonnen an CO2.