Das Wesentliche an den BürgermeisterInnen-Foren ist, dass es keine Frontalvorträge sind, sondern mehrere kleine Diskussionsformate, in denen Experten und Kommunalpolitiker einander ihre Erfahrungen, ihre Erfolgsmodelle und ihre Schwierigkeiten erzählen.
Fotos: Maria Noisternig

Integration ist der nächste Schritt

Die akute Unterbringungskrise ist bewältigt, 2016 kamen bislang deutlich weniger Flüchtlinge nach Österreich als im Vorjahr. Doch nun stellt sich die Frage: Wie integrieren wir 150.000 Menschen?





Zum insgesamt fünften Mal trafen einander Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus ganz Österreich, um unter Anleitung der Experten des Forum Alpbach über sehr konkrete Herausforderungen zu diskutieren und Erfahrungen auszutauschen.



„Das Wesentliche daran ist, dass es keine Frontalvorträge sind, sondern mehrere kleine Diskussionsformate“, ergänzt Generalsekretär Walter Leiss, der an allen Treffen teilgenommen hat. „Erzählen und einander zuhören. Von den Erfahrungen in anderen Gemeinden profitieren und konkrete Nachfragen stellen können. Darum geht’s. Diese Veranstaltungsform hatten wir in dieser Art bislang nicht“, so Leiss.

Flüchtlinge rasch zu Steuerzahlern machen



Bei den Treffen davor hatten die Ortschefs darüber beraten, wie man zehntausende Menschen möglichst rasch und adäquat unterbringt. „Da war ja bis vor einigen Monaten ein ganz anderer Druck dahinter“, erinnert sich der Neudörfler Bürgermeister Dietmar Posch. „Da ging es darum, ob Menschen auf der Straße schlafen müssen. Jetzt brauchen wir funktionierende Integrationsmaßnahmen, von Deutschkursen angefangen, bis hin zur Möglichkeit der Beschäftigung. Wir werden die Probleme nur dann lösen können, wenn wir diese Menschen möglichst rasch zu Steuerzahlern machen, anstatt sie als Sozialhilfeempfänger leben zu lassen.“ Dazu bedürfe es, so ein anderer Bürgermeister, konsequenter Regeln, deutlich schnellerer Asylverfahren und bundeseinheitlicher Vorgangsweisen.



„Es ist nicht hilfreich, dass es in unterschiedlichen Bundesländern jeweils andere Regeln gibt“, sagte die Bürgermeisterin von Scharnitz in Tirol, Isabella Blaha. Ihr Kollege Klaus Gasteiger, Bürgermeister von Kaltenbach, ist skeptisch „Es ist sehr schwierig, Menschen, die zu uns gekommen sind, in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Das liegt an der Sprache, aber auch oft am Ausbildungsgrad. Und natürlich daran, dass der Arbeitsmarkt bei uns immer enger wird.“

Deutschkurse sind essentiell



Bevor sich die Bürgermeister/innen in Kleingruppen über konkrete Probleme austauschten, sprach AMS-Vorstand Johannes Kopf über die Herausforderungen am Arbeitsmarkt. „Man muss natürlich eine wichtige Unterscheidung zwischen Asylwerbern und Asylberechtigten treffen“, sagte Kopf. Nur anerkannte Flüchtlinge mit positivem Asylbescheid haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt. „Dabei handelt es sich derzeit um rund 10.000 arbeitsfähige Personen. Nur zehn Prozent von ihnen haben derzeit einen Job.



Wir müssen Geduld haben, es wird dauern und bedarf vieler Integrationsmaßnahmen, damit das besser wird. Vor allem Deutschkurse sind essentiell.“



Sehr oft liege es auch nicht daran, dass die Flüchtlinge nicht arbeiten wollen, berichtet ein Bürgermeister in seinem Arbeitskreis. „Ich habe einen Mann, der hat in Syrien eine eigene Weberei und ein kleines Kaufhaus gehabt, mit 30 Angestellten. Aber er hat keine formalen Qualifikationen, die in Österreich irgendetwas bringen. Formell hat er nicht einmal einen Schulabschluss.“

Gemeinnützige Arbeit: großer Aufwand für Kommunen



Auch die gemeinnützige Arbeit, also jene Beschäftigungsform, die auch Asylwerbern offen steht, wurde diskutiert. „Oft ist der bürokratische Aufwand für die Kommunen, solche Tätigkeiten zu ermöglichen, unglaublich hoch“, meint Gemeindebund-General Walter Leiss. „Wenn eine Gemeinde hier Schneeschaufler braucht, ist der Schnee oft schon wieder von selbst geschmolzen, bis die entsprechenden Genehmigungen da sind.“



Seit Monaten macht der Gemeindebund auf diesen Spießrutenlauf aufmerksam, geändert hat sich kaum etwas. „Ein Ministerium redet sich aufs andere aus“, so Leiss. Auf der Strecke bleiben die Kommunen und die Asylwerber, die untätig herumsitzen müssen.



Bis weit in den späten Nachmittag hinein berieten, besprachen und erzählten Experten und Kommunalpolitiker sich gegenseitig ihre Erfahrungen, ihre Erfolgsmodelle und ihre Schwierigkeiten. „Diese Treffen waren und sind eine unglaublich wichtige Ergänzung zu unseren bestehenden Veranstaltungsformaten“, so Leiss und Mödlhammer. „Ohne die Experten des Forums Alpbach, aber auch ohne Christian Konrad und sein Team von ,Österreich hilfsbereit‘ wäre das nicht möglich gewesen. Wir werden nun gemeinsam darüber nachdenken, in welcher Form wir das fortsetzen können.“



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