Übergabe eines Kuverts mit Bestechungsgeld | Achtung Amtsmissbrauch
Bei Bestechung sind sowohl der aktiv Bestechende als auch der Amtsträger, der sich (passiv) bestechen lässt, strafbar.
© Shutterstock/Elle Aon

Wo liegen die Grenzen zum Machtmissbrauch?

Die Themen Amtsmissbrauch und Korruption sind derzeit in aller Munde. Die Medien sind voll von anhängigen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Auch Gerichtsverfahren sind in jüngster Zeit an der Tagesordnung; es gibt Verurteilungen und teils (hohe) Gefängnisstrafen. Da fragt sich so mancher Bürgermeister und Gemeindemandatar zu Recht, ob er nicht schon durch das Annehmen des Amtes „mit einem Fuß im Kriminal steht“ und ob es dies überhaupt wert ist.

Um darauf gleich vorweg eine Antwort zu geben: Als Politiker und Amtsträger, egal ob Bürgermeister, Stadtrat oder einfacher Mandatar, und natürlich auch als Gemeindeangestellter, bewegt man sich nicht im rechtsfreien Raum. Wichtig ist, dass man die grundlegenden (straf-)rechtlichen Haftungsfallen kennt, damit man sie auch vermeidet. Im Folgenden wird ein Überblick über die wichtigsten Straftatbestände gegeben, die zum Stolperstein werden können – und gleichzeitig auch Tipps vermittelt, wie man sich bestmöglich gegen die Haftung schützt. Schon wegen der gebotenen Kürze ist ein Anspruch auf Vollständigkeit nicht gegeben.

Amtsmissbrauch

Dieser Straftatbestand, der wohl den meisten bekannt ist, wird in § 302 des Strafgesetzbuches geregelt. Auf der sogenannten „äußeren“ Tatseite verlangt dieser Tatbestand, dass ein Beamter seine Befugnis zur Vornahme von Amtsgeschäften missbraucht. Auf der „inneren“ Tatseite ist erforderlich, dass dieser Befugnismissbrauch wissentlich passiert und dass der Beamte auch einen Vorsatz auf Schädigung aufweist.

Das Delikt des Amtsmissbrauchs kann nur im Bereich der Hoheitsverwaltung („in Vollziehung der Gesetze“, Setzen hoheitlicher Akte) begangen werden. In der Privatwirtschaftsverwaltung kann das Delikt nicht begangen werden. Die Strafhöhe beträgt bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe.

Die Beamteneigenschaft wird funktional ausgelegt. Klarerweise gilt ein Bürgermeister als Beamter, wenn er in Gesetzesvollziehung tätig wird (z. B. bei Erlassung eines Baubescheids). Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs gelten auch Mitglieder des Gemeinderats als potentiell wegen Amtsmissbrauchs strafbare Beamte.

Missbrauch bedeutet Fehlgebrauch einer Befugnis. Die möglichen Fälle von Amtsmissbrauch sind so mannigfaltig wie die Vollziehungsaufgaben. Klassiker ist beispielsweise die rechtswidrige Erteilung einer Baugenehmigung im Grünland. Dieser Missbrauch muss aber wissentlich erfolgen; Eventualvorsatz reicht nicht aus.

Auch Tatbeteiligte, die nicht Beamte sind, können sich wegen Amtsmissbrauchs strafbar machen, wenn sie zur Tat beitragen (oder sie gar anstiften) und entsprechende Vorsatzelemente aufweisen.

Tipp

Bewusstes Beugen oder Umgehen, oder sogar Brechen von Gesetzen in der Hoheitsverwaltung muss absolut vermieden werden, um das Risiko eines Amtsmissbrauchs zu minimieren.

 

Beispiel zum § 302 StGB

Der objektive Tatbestand des „Missbrauchs der Amtsgewalt“ gemäß § 302 StGB ist erfüllt, wenn ein Beamter seine ihm zugewiesene Befugnis im Rahmen der Hoheitsverwaltung wissentlich missbraucht, um einen Dritten in seinen Rechten vorsätzlich zu schädigen. Als Beamter im strafrechtlichen Sinn gelten all jene Personen, die im Namen eines staatlichen Rechtsträgers (z.B. Bund, Länder, Gemeinden) als dessen Organ bestimmte Amtsgeschäfte vornehmen. Ausschließlich Amtsgeschäfte in Vollziehung der Gesetze („Hoheitsverwaltung“) sind Gegenstand des Amtsmissbrauches. Der Fehlgebrauch der Befugnis besteht in einer pflichtwidrigen Ausübung oder Unterlassung innerhalb des jeweiligen Kompetenzbereichs.



Auf Gemeindeebene treten amtsmissbräuchliche Handlungen im Vollzugsbereich des Baurechts, der Raumordnung und des Melderechts auf. Der Bürgermeister fungiert als Baubehörde erster Instanz und ist für Hoheitsakte wie etwa Bewilligungen von Bauvorhaben zuständig. Gegen einen Bürgermeister kann Anklage wegen Amtsmissbrauch erhoben werden, wenn beispielsweise ein Schwarzbau bei der Baubehörde angezeigt wird und er kein ordnungsgemäßes Abbruchsverfahren einleitet als auch der Anzeigenpflicht dieser Verwaltungsübertretung nicht nachkommt. Auch die gesetzwidrige Vollziehung des Meldegesetzes sowie die Nichteinberufung einer Gemeinderatssitzung stellen missbräuchliche Amtshandlungen seitens des Bürgermeisters dar. Der Missbrauch der Amtsgewalt ist mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Bei besonderer Schwere der Tat drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Korruptionsdelikte

Während es nur einen Straftatbestand des Amtsmissbrauchs gibt, gibt es betreffend Korruption gleich mehrere Straftatbestände für verschiedene Formen der Korruption.

Der große Unterschied zum Amtsmissbrauch ist zudem, dass Korruption nicht nur für hoheitliches Handeln strafbar ist, sondern auch für die Privatwirtschaftsverwaltung. Das bedeutet: Wenn ein Bürgermeister für die Vergabe einer Gemeindewohnung einen Vorteil annimmt (oder fordert, oder sich versprechen lässt), kann dies potentiell strafbar sein. Auch bei den Korruptionsdelikten ist der Strafrahmen maximal zehn Jahre Freiheitsstrafe.

Die Korruptionsdelikte zielen vorrangig auf Amtsträger. Der Amtsträgerbegriff ist nunmehr sehr weit gefasst. Er ist aber streng vom „Beamtenbegriff“ zu unterscheiden. Bürgermeister und Gemeinderäte zählen jedenfalls zu den Amtsträgern; auch Gemeindebedienstete sind Amtsträger. Was viele nicht wissen ist, dass der Amtsträgerbegriff auch die Organe und Bedienstete von staatsnahen Unternehmen erfasst.

Im Groben wird zwischen drei verschiedenen Korruptionsdelikten unterschieden:

Bestechung/Bestechlichkeit

Hier wird die Vorteilsgewährung für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung eines Amtsgeschäfts bestraft. Strafbar sind sowohl der aktiv Bestechende als auch der Amtsträger, der sich (passiv) bestechen lässt.

Die Tathandlungen können „passiv“ im Fordern, Annehmen oder Sich-Versprechen-Lassen eines Vorteils, bzw. „aktiv“ im Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines Vorteils bestehen. Als Vorteil wird jede nützliche Leistung materieller Art (z. B. Geldzahlungen, Wertgegenstände, Dienstleistungen, Zuwendungen mit bestimmtem Marktwert wie Reisegutscheine, Konzert- Theaterkarten) oder immaterieller Art (z. B. Verschaffen einer Auszeichnung, Wahlunterstützungen, sexuelle Zuwendungen) verstanden. Zwischen Vorteil und Amtsgeschäft muss es einen ursächlichen Zusammenhang geben.

Vorteilszuwendung/Vorteilsannahme

Der große Unterschied zur Bestechung ist hier, dass die Korruption für ein pflichtgemäßes Amtsgeschäft erfolgt. Zudem gibt es für die Amtsträger hier Begünstigungen: In § 305 Abs 4 Strafgesetzbuch sind jene Vorteile aufgelistet, die nicht „ungebührlich“ sind und bei denen die Strafbarkeit entfällt. Das sind z. B. Vorteile, deren Annahme gesetzlich erlaubt ist (z. B. durch das Dienstrecht), oder orts- und landesübliche Aufmerksamkeiten geringen Werts. Hier ist aber trotzdem große Vorsicht geboten, und im Zweifelsfall ist unbedingt juristischer Rat einzuholen.

Vorteilszuwendung/Vorteilsannahme zur Beeinflussung

Hier ist kein konkretes Amtsgeschäft für die Erfüllung des Tatbestands erforderlich – es wird das „Anfüttern“ bzw. die „Klimapflege“ bestraft. Durch die Vorteilszuwendung soll die Tätigkeit des Amtsträgers in der Zukunft beeinflusst werden. 

Tipp

Für Bürgermeister, Gemeinderäte und auch Gemeindebedienstete ist es wichtig, die Regeln des Korruptionsstrafrechts genau zu befolgen. Die Einrichtung eines sogenannten „Compliance-Systems“ mit externen Experten, sowie die Abhaltung von regelmäßigen Schulungen wird dringend empfohlen.

Untreue 

Dieser Straftatbestand wird bei der Aufzählung jener Strafbestimmungen, die für Gemeindeverantwortliche relevant sind, gerne (unabsichtlich) vergessen. Grob zusammengefasst werden mit diesem Tatbestand vorsätzliche Management-Fehler bestraft.

Konkret geht es um den wissentlichen Missbrauch einer Verfügungsmacht durch den Machthaber (z. B. den Bürgermeister), wodurch dem Machtgeber (z. B. einer Gemeinde) ein Vermögensschaden zugefügt wird. Hinsichtlich des Vermögensschadens muss der Machthaber mit Eventualvorsatz handeln. Ein Paradebeispiel für Untreue ist, wenn ein Bürgermeister ein Gemeindegrundstück unter Wert an einen Dritten veräußert.

Wie schnell der Untreue-Tatbestand erfüllt sein kann, zeigt die Verurteilung des ehemaligen Bürgermeisters von Salzburg. Er wurde dafür verurteilt, dass er sich an einer Untreue zu Lasten des Landes Salzburg beteiligt hatte. 

Tipp

Auch zum Untreue-Tatbestand sollte es regelmäßige Schulungen geben. Die internen Regeln zur Vermögensgebarung und die Regeln sorgfältigen kaufmännischen Agierens sollten stets eingehalten werden. In Zweifelsfällen sollte zur Minimierung des Strafbarkeitsrisikos externer juristischer Rat beigezogen werden.

Zum Schluss

Auch die Gebietskörperschaft Gemeinde kann als Rechtsperson unter bestimmten Voraussetzungen strafrechtlich für Handlungen ihrer Organe und Mitarbeiter verantwortlich gemacht werden. Dies ist im Verbandsverantwortlichkeitsgesetz geregelt. Dies kann massive finanzielle Folgen für die Gemeinde in Gestalt einer Geldbuße haben.