Entwurf des neuen Rathauses von Premstätten
Die BIG errichtete für die Gemeinde Premstätten das neue zweigeschoßige Rathaus und den neuen Hauptplatz und gestaltete den angrenzenden Park neu. Im Gebäude integriert ist nicht nur das Tourismusbüro, sondern auch ein Café mit Blick auf den Park. Die Übergabe war im Februar 2020.
© EDERER + HAGHIRIAN ARCHITEKTEN ZT-GmbH_Visualisierung Rathaus Premstätten

Wenn Gemeinden und BIG gemeinsam Bauen

6. April 2020
Die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) ist einer der größten Immobilien-Eigentümer Österreichs und, nicht anders als viele Gemeinden, mit besonderen Herausforderungen konfrontiert: Bauen in historischer Bausubstanz, und das zudem nachhaltig oder gar im laufenden Betrieb, gehört zum täglichen Geschäft. Von den gehandelten Summen können Gemeinden und Kommunen allerdings nur träumen: 450 Millionen Euro beträgt das Investitionsvolumen, das die BIG jährlich im Zuge von Neubauten oder auch Generalsanierungen zu bewegen hat. Diese werden vom Bodensee bis zum Neusiedler See, in Gemeinden wie auch in Städten investiert.

Aufgabe der BIG ist, ganz vereinfacht gesagt, die Bereitstellung von Raum für Bundeszwecke. Darüber hinaus entwickelt und bewirtschaftet die 2012 gegründete Tochtergesellschaft ARE (Austrian Real Estate GmbH) Büro- und Wohnimmobilien. Die BIG wurde 2019 gleich dreimal mit dem Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Ein Grund für KOMMUNAL, zum Interview zu bitten.

Herr Gleissner, Sie sind Geschäftsführer der BIG. Welche Schwerpunkte begleiten die BIG bei den Projekten?

Wolfgang Gleissner: Etwa 75 Prozent des Portfolios im Bereich der BIG machen Schulen, Universitäten und Sicherheitsimmobilien aus. 25 Prozent macht die ARE aus, die man aber bei einer Größenordnung von drei Milliarden Euro Bilanzsumme auch nicht kleinreden darf.

Was die BIG von vielen Immobilienunternehmen unterscheidet: Wir sehen uns, neben der gesetzlichen Verpflichtung, österreichweit Raum für den Bund zu schaffen, ganz klar als Partner der Länder, Gemeinden und Ortschaften. Erfolgreiche Projekte und Ergebnisse, die beide Seiten zufriedenstellen, brauchen eine konstruktive und aktive Zusammenarbeit. Ein Beispiel dafür ist das Thema Nachhaltigkeit – eine enge Abstimmung mit den EntscheidungsträgerInnen vor Ort ist ein absolutes Muss.

Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Stichwort. Wie darf man sich den Umgang damit genau vorstellen?

Die nachhaltige Entwicklung von Immobilien gewinnt national wie international rasant an Bedeutung. Als Bundesimmobiliengesellschaft sehen wir uns in der Verantwortung, in diesem Bereich besondere Standards zu setzen. Das betrifft mehrere Ebenen – abgesehen von der gesellschaftlichen Verantwortung wird das Thema schon allein aufgrund unserer Größe zum ökonomischen Faktor.

Wir forcieren etwa die Verwendung unterschiedlicher und nachhaltiger Materialien. Wir haben, um ein Beispiel zu nennen, den ersten Vollholz-Universitätsbau umgesetzt und probieren jetzt bei einem Wohnbauprojekt in Wien verschiedene Materialien nebeneinander. In den nächsten Jahren investieren wir massiv in den Photovoltaikausbau. Kurzfristig werden wir Dachflächen von 200.000 Quadratmetern für die Errichtung von Photovoltaikanlagen verwenden. Das entspricht dem Energiebedarf von rund 5.000 Haushalten.

Innerhalb des Unternehmens haben wir zu Beginn dieses Jahres verpflichtend unseren nachhaltigen Mindeststandard eingeführt, der für alle Neubauten und Generalsanierungen gilt. Dieser BIG-Mindeststandard stellt sicher, dass alle Projekte von BIG und der Tochter ARE jedenfalls den „klimaaktiv SILBER“-Standard erreichen. Damit geht unser Konzernstandard deutlich über die gesetzlichen Anforderungen hinaus.

Gleichzeitig müssen sich die Rahmenbedingungen weiterentwickeln. Ein wichtiger Hebel ist dabei der Bereich der Vergabe. Die jetzige Bundesregierung hat das erfreulicherweise erkannt und sich eine stärkere Ökologisierung mittels Bestbieterprinzip zum Ziel gesetzt. Damit wird erreicht, dass zukünftig deutlich intensiver auf nachhaltige Konzepte gesetzt wird, die die Regionen vor Ort stärken.

Vergabe ist natürlich ein Thema in den Gemeinden. Die BIG ist ja dazu verpflichtet, bei Neubauten einen Architekturwettbewerb durchzuführen. Bedeutet das für Sie Fluch oder Segen?

(Lacht) Fluch keinesfalls. Ja, die BIG ist gesetzlich verpflichtet, bei Neubauten einen Wettbewerb durchzuführen. Das mag von außen betrachtet wie eine Fessel wirken, aber Wett­bewerbe haben auch bestechende Vorteile.

Wolfgang Gleissner
Wolfgang Gleissner: „Ja, die BIG ist gesetzlich verpflichtet, bei Neubauten einen Wettbewerb durchzuführen. Das mag von außen betrachtet wie eine Fessel wirken, aber Wett­bewerbe haben auch bestechende Vorteile.“

Die da wären?

Sie bieten uns die Möglichkeit, aus einer Vielzahl von exzellenten Konzepten und kreativen Ideen auszuwählen. Wer seine grundsätzlichen Ansprüche und Vorstellungen betreffend das Objekt definiert, der erhält eine Vielzahl von Darstellungen. An viele davon hätte man selbst vielleicht gar nie gedacht.

Ein anderer Vorteil betrifft die Bürgerbeteiligung, ein klares Plus, das öffentliche AuftraggeberInnen vermehrt erkennen und nutzen. So lassen sich etwa in einer Ausstellung der verschiedenen Wettbewerbsbeiträge und einem Jury-Protokoll die fachlichen Entscheidungen nachvollziehbar machen und alles wird wesentlich transparenter. Diese Transparenz kommt allen zugute!

Auch die Architekten-Vertreter streuen Ihnen Rosen: Der oberste Architekt, Daniel Fügenschuh, hat unlängst gegenüber KOMMUNAL die Musterauslobung für Wettbewerbe der BIG in den höchsten Tönen gelobt.

Das freut mich sehr. Wir stehen im engen Kontakt mit der Berufsvertretung der ArchitektInnen, weil wir immer das konstruktive Miteinander in den Vordergrund stellen. Daher ist es uns ein Anliegen gerade die Auslobungsunterlagen mit dem Berufsstand abzustimmen, um hier größtmögliche Akzeptanz zu schaffen, die am Ende auch in Rechtssicherheit mündet. Die Ausgewogenheit der Interessen von Auftraggeber und Auftragnehmer trägt zum besseren Ablauf von Projekten bei und ist ein weiterer Schlüssel zum Erfolg.

Rechtssicherheit, Transparenz etc. Es klingt, als wären Bauprojekte ein wahres Minenfeld geworden?

Wir sehen in unserer täglichen Arbeit mit kleinen Städten, mit Gemeinden und Kommunen, welchen Herausforderungen diese zunehmend gegenüberstehen. Gerade kleinere Kommunen in ländlichen Gebieten, die von Abwanderung und einer alternden Bevölkerung betroffen sind, versuchen oft, diesen Trends mit Bauten gegenzusteuern. Umgekehrt gibt es größere Kommunen, deren Problem eher die Zuwanderung ist.

Ein weiteres Beispiel ist die kommunale Bildungspolitik, die als Standortvorteil zunehmend in den Fokus gerät. All diese Entwicklungen haben eins gemeinsam: Sie sind mit herkömmlichen Verwaltungsstrukturen nicht zu bewältigen. Vor diesem Hintergrund sind Rechtssicherheit und Transparenz vielleicht die geringeren Probleme.

Ein tristes Bild, das Sie da zeichnen …

Nein, denn mit den Herausforderungen – Durchführung vom Planer-Findungsverfahren über die bauliche Umsetzung bis hin zur Betriebsführung der Gebäude – wächst auch der Mut der Akteure vor Ort.

Sporthalle Waidhofen
Die im Eigentum der Stadt Waidhofen/Ybbs stehende Sporthalle wird derzeit einer Generalsanierung unterzogen. Umkleidekabinen, Wasch- und Duschräume sowie Halle und Nebenanlagen werden zeitgemäß adaptiert. Baubeginn ist im Juli 2020, Fertigstellung und Übergabe sind für August 2021 geplant.

In unserer Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen, beispielsweise von Sankt Oswald in der Steiermark (Neubau Kindergarten und Gemeindeamt), Premstätten (Neubau Gemeindeamt) oder Waidhofen an der Ybbs (Generalsanierung der Dreifach-Turnhalle) haben wir gesehen, wie erfolgreiche Projekte trotz dieser schwierigen Verantwortungslage umgesetzt werden können.

Multifunktionsgebäude St. Oswald
In St. Oswald bei Plankenwarth errichtete die BIG ein Multifunktionsgebäude, bestehend aus einem Gemeindeamt, Friseur, Café und Nachmittagsbetreuung
für die Volksschule sowie den Kindergarten. Die Übergabe des neuen Gemeindezentrums fand im August 2018 statt.

Diese Beispiele zeigen, dass durch konstruktive Zusammenarbeit auch innerhalb des Spannungsfelds von Kosten und Nutzen Parameter wie Funktionalität, Wohlfühlen, Identifikation und höchste Qualität erfolgreich umsetzbar sind.