Flächenwidmung
Wie alle Materien der Gemeindeselbstverwaltung unterliegt die kommunale Planung in den Gemeinden natürlich der Aufsicht, und die Flächenwidmungspläne werden daher nicht nur auf deren Gesetzmäßigkeit geprüft, sondern auch auf deren Übereinstimmung mit überörtlichen Vorgaben. Letztlich werden sie von den Landesbehörden genehmigt.
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Raumplanung ist bei Gemeinden gut aufgehoben

Die Raumplanung ist in den vergangenen Monaten wieder stark in den Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit gerückt. Auslöser waren Verschärfungen in den Raumordnungsgesetzen der Länder, welche dem Überhandnehmen von Zweitwohnsitzen vor allem in Tourismusregionen entgegensteuern sollten.

So wurde in einigen Bundesländern mit abgabenrechtlichen Maßnahmen oder Beschränkungen auch Steuerungsmechanismen für Zweitwohnsitzbegründung ermöglicht. Ob diese Maßnahmen den gewünschten Erfolg zeitigen, ist noch nicht absehbar. Der Trend vor allem privater Investoren in diesem Bereich ist aber ungebrochen. In solchen Situationen kommen Gemeinden oft unter Druck, obwohl ihnen in den meisten Fällen mangels finanzieller Kapazität oder rechtlicher Instrumente die Hände gebunden sind, steuernd einzugreifen – manchmal auch, weil es beim überörtlichen Planungsrahmens an Klarheit fehlt, um ihnen den Rücken zu stärken.

Warum bereits gewidmete Flächen oft brach liegen

Andere Probleme wie Leerstand oder mangelnde Mobilisierung von Bauland beschäftigen die Gemeinden ebenfalls schon lange. Früher ist man bei unüberbrückbaren Differenzen mit den Grundeigentümern wohl noch oft ausgewichen, von einer ungehemmten Widmung von Grünland kann aber heute keine Rede sein.

Dennoch ist es leider Faktum, dass Widmungen, die den sozialen Wert von Grundeigentum eigentlich erhöhen sollten, oft brach liegen. Entweder weil ein Eigentümer nicht bauen will oder auch nur, weil die finanziellen Mittel fehlen, um sinnvolle Lückenschlüsse und die empfohlene Verdichtung zu betreiben. Mit dem mangelnden Investitionskapital fehlen aber auch den Gemeinden die Mittel, um den Siedlungsdruck sinnvoll in jene Gebiete zu lenken, wo sie den höchsten Nutzen stiften könnten. Ortskernbelebung bleibt meist Wunschtraum, wohingegen das große Kapital seine eigenen Interessen verfolgt.

Verlagerung auf Landes- oder Bundesebene

Die Raumplanung ist eine sehr komplexe und von vielen Faktoren beeinflusste Querschnittsmaterie. Hier eine einfache Lösung zu erwarten, ist aus der Definition schon vermessen.

Hier sollen verfassungsrechtliche und gesetzliche Grenzen skizziert werden, mit denen die Gemeinden heute konfrontiert sind. Die allgemeine Diskussion will zu oft das Problem lösen, indem banal nur Entscheidungsebenen verlegt werden sollen. Die Frage ist aber dann, ob dies unsere Verfassung überhaupt zulässt – und ob dies rechts- und demokratiepolitisch überhaupt gewollt sein kann.

Raumordnung und Raumplanung wird in Österreich von Bund, Ländern und Gemeinden wahrgenommen. Die Vollziehung der örtlichen Raumplanung fällt nach dem Bundesverfassungsgesetz in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden. Art. 118 Abs 3 Z. 9 B-VG spricht von einem verfassungsmäßig gewährleisteten Recht der Gemeinde, im eigenen Wirkungsbereich die örtliche Raumplanung auszuüben.

Aus der Erfahrung der immer komplexer werdenden Zusammenhänge der örtlichen und regionalen Planung heraus wurde die überörtliche Raumplanung entwickelt, bis hin zu den Empfehlungen der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK, entstanden 1971) und den Europäischen Raumentwicklungskonzepten, die durchaus eine Feedbackfunktion auch für die örtliche Planung haben.

In der ÖROK werden auch Raumentwicklungskonzepte erarbeitet, zuletzt 2011 (eine Zwischenevaluierung gab es 2018). Diese Konzepte, es gibt sie seit 1981, dienen als Leitbild und Orientierungsrahmen für alle, die mit raumrelevanten Planungen befasst sind, also für Gemeinden, Länder und Bund, ein Wegweiser für nachhaltige Raumentwicklung.

Örtliche Raumplanung ist ein Element des Föderalismus

Die örtliche Raumplanung in Gemeinden ist keine Zwangsbeglückung des Volkes, sondern sie ist von der Idee der kommunalen Selbstverwaltung getragen. Sie ist nicht nur Element des kooperativen Föderalismus, sondern auch ein Produkt des Konstitutionalismus, in dem erstmals demokratische Entwicklungen wie Subsidiarität und Bürgerfreiheit Eingang in unser Staatswesen fanden.

Kern der Gemeindereform 1849 war nach Peter Pernthaler „eine autonome und frühdemokratische politische Territorialgewalt neben einer einheitlichen vollziehenden Gewalt des Staates“.

Neben der kommunalen Selbstverwaltung waren also Grundrechte wie die Freiheit des Einzelnen und dessen Eigentum als Garant für seine Entfaltung konzipiert. Bis heute sind das tragenden Säulen unseres Verfassungssystems und einer modernen Marktwirtschaft mit sozialen und ökologischen Ergänzungen.

Fälschlich wird oft suggeriert, dass die örtliche Raumplanung als Reservat der Gemeinden ein autokratisches Vorrecht ist. Das ist angesichts der Verflechtungen von Staat und Gesellschaft sowie moderner Beteiligungsverfahren einfach unrichtig. Örtliche Raumplanung kann wegen seiner vielfältigen gegenseitigen Abgängigkeiten nicht wie ein Vakuumversuch ausgeübt werden. Sie muss auch auf moderne Technologien, gesellschaftliche Entwicklungen und aktuelle Herausforderungen eingehen. Und letztlich hat die Planungsebene auf kommunaler Ebene der Gemeinde den Vorteil, die lokalen Funktionen durch die Beteiligung der Bürger aufeinander optimal abzustimmen.

Selbstverwaltung hat im Rahmen der Gesetze zu erfolgen, und die örtliche Planung muss angesichts dieser Umstände auf eine möglichst breite Bewusstseinsbasis gestellt werden. Hier davon zu sprechen, dass die Entscheidungsebene zu nah am Bürger ist, geht an einem demokratischen und subsidiären Staatskonzept vollkommen vorbei.

Kirchturmdenken ist längst passé

Schon lange ist den Gemeinden klar, dass sie ihre Planungskompetenz nur dann verantwortungsvoll üben können, wenn sie nicht nur wesentliche Planungsgrundlagen innerhalb, sondern auch außerhalb der eigenen Gemarkung wahrnehmen müssen. Kirchturmdenken ist hier schon längst passé. Wie alle Materien der Gemeindeselbstverwaltung unterliegt die kommunale Planung in den Gemeinden natürlich der Aufsicht, und die Flächenwidmungspläne werden daher nicht nur auf deren Gesetzmäßigkeit geprüft, sondern auch auf deren Übereinstimmung mit überörtlichen Vorgaben. Letztlich werden sie von den Landesbehörden genehmigt.

Angesichts der Entwicklungen unserer Zeit prasseln auch noch ganz andere globale Herausforderungen auf die Gemeinden ein, ganz aktuell ist hier z. B. der Klimawandel, der eine Vorsorge bei Extremereignissen genauso verlangt wie eine Planungs- und Siedlungskultur, die sich an den Vorgaben des Klimaschutzes orientiert.

Es sind keine unerheblichen Herausforderungen für die örtliche Bevölkerung und die Gemeinden, wenn sich bald jahrhundertealte Siedlungen wegen neu gezogener roten Linien plötzlich in einem gefährdeten Gebiet befinden.

Gemeinden sind näher an den Bürgern

Wer, wenn nicht die Gemeinden, sind die bürgernahen und wichtigen Multiplikatoren, wenn es darum geht, das Bewusstsein der Menschen für diese Situationen zu schärfen. Wo, wenn nicht im unmittelbarem Lebensumfeld können ganz praktisch Änderungen erfolgen, wenn jeder Einzelne erkennt, wo er seinen Beitrag zum Klimaschutz auch im Siedlungsbau, im Konsum- und im allgemeinen Verhalten leisten kann. Nicht umsonst betont der Gemeindebund, dass die Gemeinden lokale Antworten auf globale Herausforderungen geben können, wenn man sie auch lässt.

Die kommunale Selbstverwaltung ist kein Selbstzweck, sondern das verfassungsrechtlich garantierte Recht, den Menschen die Gestaltung ihres unmittelbaren Lebensumfeldes zu ermöglichen, ganz im Sinne von Demokratie, und Beteiligung. Der Mensch und seine konkreten Lebensverhältnisse sind es also, an welchen eine moderne örtliche Raumplanung Maß nehmen muss.

Dass hier eine Verwaltungsebene zu nahe am Bürger ist, wäre die Verkehrung unserer Verfassung. Die Gemeinden können und sollen beweisen, dass sie die Menschen mit Praxisnähe und Vernetzung bei der Gestaltung ihrer ureigensten Lebensverhältnisse begleiten und stützen können, ganz im Sinne der Subsidiarität.

Die Erfahrung zeigt, dass Entscheidungen, die so nah wie möglich beim Menschen getroffen werden, auch in schwierigen Situationen am besten mitgetragen werden.

Planungskultur kann der Gemeinde ein lebendiges Antlitz geben

Planungskultur kann der Gemeinde ein lebendiges Antlitz geben. Eine Gemeinde besteht aus mehr als nur aus passivem Verwalten. Planen ist kreativer Neubeginn, Anstoß für neue Perspektiven. Oft werden Pläne mit Widmungsinhalten und Tätigkeitswörtern zu beschreiben: Rad fahren, arbeiten, musizieren ... So schöpft Planung aus der Fülle dessen, was Heimat ausmacht. Sie schafft menschlichen Zusammenhalt und soll unseren Grundbedürfnissen entgegenkommen.

Diese Gemeinwohlorientierung manifestiert sich in einer modernen Gemeinde etwa in deren Leitbild und den selbst formulierten Entwicklungszielen etwa zur Attraktivität als Wirtschaftsstandort und zur nachhaltigen Sicherung der Lebensqualität.

Raumplanung und Eigentum als Gegensätze?

Das Eigentum ist kein natürlicher Gegenpol der Raumplanung. Der einzelne Mensch und sein im Privateigentum enthaltenes Freiheitsrecht muss schon jetzt Grenzen akzeptieren, wo andere Rechtsgüter unverhältnismäßig gefährdet sind. Etwa wo die Gesundheit bedroht werden könnte, man denke nur an das Gewerberecht, die Umweltverträglichkeitsprüfung, Bauverbote in Gefährdungszonen, die Sicherung von Grundwasservorkommen.

Eigentum ist kein Gegner, sondern, richtig verstanden, die Voraussetzung von Planung. In der immer komplexer werdenden Welt von heute kann die richtige Beziehung von Eigentum zueinander ein Optimum an Wohlfahrt garantieren. Es ist aber in der Praxis oft schwer, dieses Optimum überzeugend bewusst zu machen, wenn es dabei gleichzeitig um Einschränkungen geht. Und auch unsere Verfassung verlangt nicht, dass jeder von uns ein Philanthrop ist, der seinen Garten der Allgemeinheit öffnet.

In der Praxis liegt aber oft dort das Problem. Die Bürgermeister haben enorme Schwierigkeiten bei der Mobilisierung von Bauland. Es kommt häufig vor, dass brach liegende Gründe gehortet werden, ohne sie der beabsichtigten Nutzung zuzuführen. Eigentum ist hier eine Hürde, die meist nur sehr schwer genommen wird.

Oft wollen oder können die Besitzer ihren Grund und Boden nicht so gestalten, wie es sich die Entwicklungsziele der Allgemeinheit vorstellen würden, oft hat die Gemeinde nicht die Mittel, um Anreize zu setzen oder Gründe zur Entwicklung selbst zu kaufen. Hier geht wichtiges Gestaltungspotenzial verloren.

Gemeinden können nur an den guten Willen appellieren

Rechtliche Instrumente zur Mobilisierung von Bauland, die den Gemeinden durch die Raumordnungsgesetze der Länder in den unterschiedlichsten Ausformungen zur Verfügung stehen, haben bisher wenig Hebelwirkung gezeigt. Vertragsraumordnung kann durchaus Erfolge haben, es setzt jedoch im Wesentlichen nur bei Neuwidmungen an.

Wo der Eigentümer keinen Widmungsakt benötigt, haben die österreichischen Gemeinden oft nur die Möglichkeit, an den guten Willen zu appellieren. Ihre Situation ist noch weit von den Vorkaufsrechten der Kommunen in Deutschland entfernt, oder auch von den strengen Rechtsfolgen der Südtiroler Urbanistik. Finanzielle Steuermechanismen wie Erhaltungs- und Infrastrukturbeiträge sind überdies meist zahnlos, weil in einer für den Eigentümer oft kaum wahrnehmbaren Höhe.

So bleibt den Gemeinden oft nur, sich eine privatrechtlich starke Position für künftige Projekte zu sichern, vielfach fehlen ihnen jedoch die finanziellen Mittel, Fondslösungen auf Landesebene sind hier eine gefragte Stütze und haben auch punktuell Erfolge, sind aber weit davon entfernt, flächendeckend zu wirken.

Verlagerung der Entscheidungsebene würde Probleme nicht lösen

Die bisher ungelösten Probleme der Baulandmobilisierung, des Siedlungsdruckes oder der regionalen Wohnraumteuerung werden ohne geeignete Instrumente auf kommunaler Ebene nachhaltig nicht in den Griff zu bekommen sein. Eine Verlagerung der Entscheidungsebene hätte nicht nur undemokratische Züge, sondern  würde ohne effektive Steuerungsinstrumente ebenfalls nicht von Erfolg gekrönt sein.

Die örtliche Raumordnung befasst sich damit, die Zukunft für die Bevölkerung zu gestalten, dies in örtlicher Nähe und mit Partizipationsmodellen, was das Verständnis der Menschen für die Entwicklungskonzepte und überörtliche Vorgaben stärkt. Sie ist eine Säule der kommunalen Selbstverwaltung und der demokratisch-freiheitlichen Grundordnung unseres Staates. Ein dem Gemeinwohl verpflichtetes Staatswesen sollte den Gemeinden die nötigen Gestaltungsmittel in die Hand geben.