Der Green Deal wir deinen Paradigmenwechsel der Wirtschaftspolitik nötig machen.
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European Way of Life und Green Deal?

Nicht einmal zwei Wochen nach Amtsantritt der neuen Kommission präsentierte Präsidentin von der Leyen ein Herzstück ihrer Leitlinien: Den „Grünen Deal“.

Europa muss bis 2050 klimaneutral werden und ein weltweiter Vorreiter im Klimaschutz sein. Es soll mit dem Green Deal gelingen, was bei der Digitalisierung verschlafen wurde.

Die EU-Kommission will alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente einsetzen, um diese Zielvorgabe Wirklichkeit werden zu lassen. Die am 11. Dezember veröffentlichte Mitteilung spannt einen dementsprechend weiten Bogen über eine Vielzahl von Politikfeldern, versucht jedoch auch noch einen weiteren Spagat: nämlich, diesen absoluten Paradigmenwechsel der Wirtschaftspolitik – und darauf muss es hinauslaufen, wenn der Deal gelingen soll – mit der Sicherung des europäischen Lebensstils zu verbinden. Sprich, der Umbau zur grünen Wirtschaft soll sozial verträglich sein sowie „die Nachhaltigkeit und Wohlfahrt der Menschen ins Zentrum“ rücken – und einem zweiten Schlagwort aus von der Leyens Leitlinien dienen, dem europäischen Lebensstil oder European Way of Life.

Kommunen als moralische Unterstützer

Die lokale Ebene findet an mehreren Stellen Erwähnung und ist von vielen Vorschlägen direkt betroffen. Vor allem der moralischen Unterstützung von lokalen Behörden, Bürgern und Zivilgesellschaft wird große Bedeutung zukommen, denn auch Lebens- und Konsumgewohnheiten müssen sich ändern, bestimmte Verhaltensweisen teurer, andere günstiger werden.

Luftreinhaltung, Nahverkehrspolitik, Gebäudesanierung (z. B. Schulgebäude und Sozialwohnungen), grüne Vergabe, Abfall- und Ressourcenmanagement, Biodiversitätsschutz etc. sind bereits jetzt kommunale Aufgaben, deren Bedeutung in den nächsten Jahren zunehmen wird. Sprich: Die EU-Kommission wird neue Vorschläge präsentieren.

Polen bekommt Ausnahmen

Ob die Zeit für ein umfassendes Klimagesetz reif ist, wird sich zeigen. Der Europäische Rat begrüßte zwar den Grünen Deal, gestand aber gleichzeitig Polen, das mit Maximalforderungen in die Verhandlungen gegangen war, eine Ausnahme vom Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu.

Und nicht nur der österreichische Entwurf des Nationalen Energie- und Klimaplans ist zu vage, auch andere Mitgliedstaaten waren wenig ambitioniert und müssen nachbessern.

Die nächste Hürde bildet dann der mehrjährige Finanzrahmen 2021-2027, der rasch verabschiedet werden muss. Ob die den EU-Haushalt betreffenden Vorschläge des Grünen Deals mehrheitlich unterstützt werden, bleibt abzuwarten. Bei Haushaltsverhandlungen ist Beharrungsdenken meist erfolgreicher als Umbruch und Innovation. 

Die Richtung stimmt, aber ist sie auch zu halten?

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Mitteilung viele bekannte Probleme und Herausforderungen beim Namen nennt und Lösungen vorschlägt. Die Richtung stimmt, wird aber nicht einfach zu halten sein, gerade weil der Green Deal viel mit dem „European Way of Life“ zu tun hat.

Neue Regularien für Unternehmen und Industrie, die gleichzeitige Berücksichtigung der europäischen Säule der sozialen Rechte, eine klimafreundliche Steuerpolitik und der potenzielle Konflikt mit großen Handelspartnern erfordern Mut. Der Green Deal wird ein Lehrbeispiel für Lobbying und politische Einflussnahme werden, das steht jetzt schon fest.