Alter Blick in den Prater Wien
Um ein Bild schnell wieder finden zu können, wird es detailreich beschriftet und auf der Karte verortet. Bottleneck Blues in einem heimischen Gasthaus. Oder doch nur ein Spaßfoto?

Durchs Sammeln kommen die Leut z`samm

21. April 2020
Eine Topothek ist ein digitales Archiv der Leute im Ort. Fotos, Texte und Videos werden hier gesammelt und im Internet frei zugänglich gemacht. Besonders in Niederösterreich haben in den letzten Jahren viele Gemeinden eine Topothek eingerichtet – und vor Kurzem die 150er-Marke überschritten!

Ein Taufbuch aus 1893, ein Arbeitsbuch aus dem Deutschen Reich oder ein Zeitungsartikel über ein Slalomrennen in den 1970ern – das sind nur drei der Fotos, die in der 150. Topothek Niederösterreichs – gesamt sind es schon über 280 – in Gaubitsch (Weinviertel) öffentlich zugänglich sind.

Niederösterreich ist damit zehn Jahre nach dem Start des Topothek-Netzwerks in Österreich Vorreiter, aber auch in Oberösterreich gibt es bereits ca. 40 dieser digitalen Archive. Was bringt den Gemeinden die Gründung einer Topothek?

Sammeln als soziales Angebot

Eine Topothek gibt den Leuten im Ort viele Möglichkeiten, sich auszutauschen und ehrenamtlich zusammenzuarbeiten. Das Material, das auf zahlreichen Dachböden oder in Kellern liegt, wird gesammelt und digitalisiert.

Die Topothekarinnen und Topothekare werden von der Topothek-Plattform in ihre Arbeit eingeschult und arbeiten ehrenamtlich im Namen der Gemeinde. Die Leute im Ort sind stolz, dass ihre Erinnerungen nicht in Vergessenheit geraten, und die Älteren freuen sich, wenn sie mithelfen können, Fotos vergangener Ereignisse genauer zu beschreiben.

Die Gemeindegeschichte beleben

Durch eine Topothek wird die Geschichte einer Gemeinde sichtbar und zugänglich. Mit den einfach zu bedienenden Suchfunktionen kann man schnell herausfinden, welche Gebäude früher an einem bestimmten Ort standen, oder noch unbekannte Aufnahmen aus der eigenen Familiengeschichte aufstöbern. Fotos, Videos, Texte und Audios machen die Ortsgeschichte lebendig.

Leopold Figl in Obritzberg

Mit einem Klick wieder aufzufinden: der Besuch von Landeshauptmann Leopold Figl in Großrust 1964.

Für Historiker, Volkskundler und Familienforscher, aber auch einfach für Menschen mit Interesse an ihrer Gemeinde, an der eigenen Jugend und ihrer Familengeschichte ist eine Topothek eine Fundgrube. Die Rechte an den Dokumenten bleiben in der Hand der Bürger und Bürgerinnen, die Topothek selbst liegt in den Händen der Gemeinde.

Kooperationen entwickeln

Topotheken bieten viele Möglichkeiten der Vernetzung. In Schulprojekten kann die Geschichte des Ortes neu betrachtet werden. Gemeinsam mit Senioren werden neue Dokumente zugänglich gemacht, Personen identifiziert und Aufnahmeorte wiederentdeckt. Topotheken können auch zur Regionalentwicklung genutzt werden, wie in den Projekten der LEADER-Regionen Donau-Böhmerwald (Oberösterreich) und WeinviertelOst (Niederösterreich), in denen über 60 Gemeinden die Topothek nutzen.

Und nicht zuletzt gibt es auch Kooperationen mit anderen Gemeinden im Topotheken-Netzwerk. Leute zusammenbringen und die Ortsgeschichte lebendig halten: das alles ermöglichen Topotheken. Besonders jetzt in der Zeit des Daheimbleibens, wenn die Menschen Zeit zum Stöbern haben …

Die Topothek

  • seit 2012
  • über 280 Topotheken in 10 Ländern
  • Angeboten von: ICARUS, Internationales Zentrum für Archivforschung
  • gemeinsam mit den Plattformen matricula und monasterium
  • über 650.000 Digitalisate durch ehrenamtliche Arbeit auffindbar gemacht
  • über 1.200 Ehrenamtliche, die als Topothekarinnen und Topothekare arbeiten
  • über 1.350.000 Suchbegriffe sind verwaltet
  • Suchmöglichkeiten nach Suchbegriff, Datum (Zeitschieber) und Suchkreis auf der Karte