Im Vergleich zu Liefer- und Dienstleistungsaufträgen besteht bei Bauaufträgen mit 5.350.000 Euro (exkl. USt) ein höherer Schwellenwert, ab dem eine EU-weite Bekanntmachung erfolgen muss.
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Die Besonderheiten des Vergabegesetzes bei Bauprojekten

30. Juni 2020
Bauprojekte nehmen einen besonderen Stellenwert in der Systematik des Bundesvergabegesetzes ein. Dieser besondere Stellenwert spiegelt sich in einer Reihe an Sonderbestimmungen konkret für die Vergabe von Bauleistungen wider.

Gestaltungsfreiheit / freie Verfahrensgestaltung

Hat sich die Gemeinde zur Realisierung eines Bauprojektes entschieden, stellt sich die Frage, wie die Gemeinde die Leistungen ausschreiben soll. Abhängig von der Komplexität des Projektes, der Erfahrung und den Ressourcen der Gemeinde gibt es verschiedene, frei wählbare Modelle.

  • Losweise Vergabe der Einzelgewerke: Hierbei entsteht ein direktes Vertragsverhältnis zwischen der Gemeinde und jedem beauftragten (Bau-)Unternehmen. Dementsprechend hoch ist auch die Anzahl an Schnittstellen. Das bringt neben einem möglichen höheren Koordinierungs- und Ressourcenaufwand auch die Möglichkeit regionaler Vergaben mit sich.
  • Vergabe von Generalunternehmerleistungen: In diesem Fall verpflichtet sich ein Generalunternehmer zur Realisierung des gesamten Bauvorhabens und trägt dabei auch das wirtschaftliche Risiko. Aufgrund des Generalunternehmeraufschlages ist allenfalls mit höheren Kosten als bei der losweisen Vergabe zu rechnen. Die Planungsleistungen werden dabei meist getrennt vergeben.
  • Totalunternehmer: Letztlich kann auch ein Totalunternehmer mit der Errichtung eines Bauwerks beauftragt werden. Dieser übernimmt sowohl die Rolle des Generalplaners als auch die des Generalunternehmers. Ein Totalunternehmer bietet sich besonders bei komplexen Projekten an (z. B. Bau eines Hallenbades).

Höhere Schwellenwerte bei Bauaufträgen

Im Vergleich zu Liefer- und Dienstleistungsaufträgen besteht bei Bauaufträgen mit 5.350.000 Euro (exkl. USt) ein höherer Schwellenwert, ab dem eine EU-weite Bekanntmachung erfolgen muss. Liegt der geschätzte Auftragswert unter diesem Betrag, genügt eine nationale Bekanntmachung.

Darüber hinaus bestehen Sonderschwellenwerte für Wahl bestimmter Verfahrensarten [z. B. Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung (500.000 Euro), nicht offenes Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung (1.000.000 Euro)].

Kleinlosregelungen für Ober- und Unterschwellenbereich

Mit Hilfe der Kleinlosregelungen ist es speziell bei Bauprojekten möglich, regional zu vergeben. Es können Kleinlose gebildet und vom Gesamtvorhaben separiert werden, die – jedes für sich und seinen geschätzten Auftragswert – nach den Bestimmungen des Unterschwellenbereiches vergeben werden können.

Beispielsweise können in einem Bauprojekt im EU-Oberschwellenbereich (geschätzter Auftragswert über 5.350.000 Euro) bis zu 20 Prozent der Bauleistungen in vereinfachten Vergabeverfahren (z. B. auch einer Direktvergabe) vergeben werden. Für die Wahl des Vergabeverfahrens gilt als geschätzter Auftragswert der Wert des einzelnen Kleinloses.

Verpflichtendes Bestbieterprinzip ab einer Million Euro

Bei Bauaufträgen, deren geschätzter Auftragswert mindestens eine Million Euro beträgt, ist verpflichtend das Bestbieterprinzip anzuwenden ist. Neben dem Angebotspreis hat somit die Gemeinde auch weitere Zuschlagskriterien festzulegen.

Durch geeignete Zuschlagskriterien können bei der Auftragsvergabe auch soziale und nachhaltige Aspekte berücksichtigt werden (z. B. Verpflichtender Einsatz von Lehrlingen auf der Baustelle, Verwendung von schadstoffarmen Fahrzeugen).

Worauf ist nach der Auftragsvergabe zu achten?

Neben der verpflichtenden Bekanntgabe des vergebenen Auftrages im Oberschwellenbereich besteht bei Bauaufträgen die Besonderheit, dass jeder vergebene Bauauftrag, dessen Auftragssumme 100.000 Euro übersteigt, unmittelbar nach Zuschlagserteilung in die Baustellendatenbank der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) einzutragen ist.

Weitere Infos

Schramm Öhler Rechtsanwälte

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