Sobald der anfängliche Mehraufwand gemeistert und Homeoffice in den Arbeitsalltag als „Normalität“ integriert wurde, sieht er große Chancen, die Digitalisierung von Prozessen voranzutreiben und die Arbeitgeberattraktivität der Gemeinden zu steigern.
© agcreativelab - stock.adobe.com

Arbeiten & gestalten

Homeoffice in Gemeinden - gekommen, um zu bleiben

13. Januar 2022
Das „Homeoffice-Gesetz“, wie es gerne pauschal von den Medien und der Politik bezeichnet wird, ist kein ganzheitliches neues Gesetz, sondern vielmehr ein Gesetzespaket, mit dem das Steuer-, Arbeits- und Sozialversicherungsrecht für die Homeoffice-Tätigkeit adaptiert wurden. Daniel Prochiner, Leiter der Finanzabteilung in der Gemeinde Engerwitzdorf hat eine Masterarbeit zum Thema „Homeoffice“ geschrieben.

Zusammengefasst legt das Homeoffice-Gesetz fest, dass eine Homeoffice-Tätigkeit absolut auf Freiwilligkeit beruht und zwischen ArbeitgeberIn und ArbeitnehmerIn schriftlich zu vereinbaren ist. Laut gesetzlicher Definition liegt Homeoffice nur dann vor, wenn regelmäßig und in der eigenen Wohnung (bzw. am Wohnsitz naher Angehöriger) gearbeitet wird. Dies schließt Mobile-Office – das ortsunabhängige Arbeiten – vorerst noch von den gesetzlichen Bestimmungen aus. Eine Adaption dahingehend wurde für eine Gesetzesnovelle im Jahr 2023 vorsichtig angekündigt.

Der erweiterte Versicherungsschutz für Unfälle im Homeoffice, die in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen, wurden angepasst und auch die Dienstnehmerhaftpflicht für Schäden an gemeindeeigenen Arbeitsmitteln wurde zugunsten der ArbeitnehmerInnen erweitert.

Homeoffice ändert grundsätzlich nichts an den bisherigen Dienstvereinbarungen. Das heißt, Anwesenheits- und Erreichbarkeitszeiten (zum Beispiel Kernzeiten) gelten auch beim Arbeiten von zuhause, sofern nichts anderes vereinbart wurde. Jeder Tag im Homeoffice muss vom Arbeitgeber aufgezeichnet und im Zuge des Lohnzettels (L16) an das Finanzamt übermittelt werden.

Dies hat unter anderem steuerrechtliche Hintergründe. Je Homeoffice-Tag kann ein steuerfreier Pauschalbetrag von bis zu drei Euro als Kostenentschädigung an die ArbeitnehmerInnen ausbezahlt werden. Dies jedoch maximal für 100 Homeoffice-Tage, also 300 Euro jährlich. Damit sollen private Mehrkosten wie Wohnkosten, Strom, Internet oder die Nutzung privater Geräte abgegolten werden.

Entschädigungen über diesen Jahresbetrag wären wieder steuerpflichtig.

Herausforderungen für Gemeinden

Welche Herausforderungen ergeben sich daraus für die Gemeinden, die ihren MitarbeiterInnen Homeoffice ermöglichen? Der Ansicht Prochiners nach begünstigen die Regelungen des Homeoffice-Gesetzes verstärkt die ArbeitnehmerInnen.

Für die Gemeinden bedeutet dies neue Handlungsfelder. Dabei sollte man den anfänglichen Einsatz von zusätzlichen zeitlichen und finanziellen Ressourcen nicht unterschätzen oder klein reden.

Um ein paar beispielhafte Bereiche zu nennen, wird es in den ersten Monaten zu mehr bürokratischem und zeitlichem Aufwand für die Implementierung von Homeoffice in den Gemeindealltag kommen (z. B. Organisation der Homeoffice-Vereinbarungen). Vermutlich müssen auch zusätzliche finanzielle Mittel zur Bereitstellung einer ordentlichen IT-Infrastruktur (Laptops, Bildschirme, Software etc.) aufgewendet werden.

Das „digitale Führen“ von MitarbeiterInnen im Homeoffice wird neue Anforderungen an die Führungskräfte der Gemeinden stellen. In diesem Zusammenhang sollte auch die häufig vorhandene Denkweise „Anwesenheit = Leistung“ überdacht werden.

Sobald der anfängliche Mehraufwand gemeistert und Homeoffice in den Arbeitsalltag als „Normalität“ integriert wurde, sieht Daniel Prochiner große Chancen, die Digitalisierung von Prozessen voranzutreiben und die Arbeitgeberattraktivität der Gemeinden zu steigern.

Ein zweites Argument sieht er als besonders relevant: Die Anforderungen an die Gemeinden steigen nicht nur in der Quantität, sondern auch in der Komplexität. Um qualifiziertes Personal für den Gemeindedienst begeistern zu können, stößt man mit monetären Anreizen schnell an Grenzen. Flexible Arbeitsformen entsprechen dem Trend und dem Wunsch junger Arbeitsgenerationen. Im Sinne einer modernen Verwaltung, sollten sich die Gemeindeverantwortlichen der Thematik rund um Homeoffice und alternativen Arbeitsformen nicht verwehren.

Erfahrungen der oö. Gemeinden

Prochiner befragte dazu oberösterreichische  Gemeinden zum Thema Home-Office mit interessanten Ergebnissen. Die Befragung im Herbst 2020 wurde teilweise in Anlehnung an jene von Judith Schaufler erstellt, welche in ihrer Bachelorarbeit 2019 erstmals das Potenzial von Homeoffice in den Gemeinden erhoben hat. Damit konnten Ergebnisse verglichen und Entwicklungen von Homeoffice in Zeiten der COVID-19-Pandemie abgeleitet werden. Vorab war für Prochiner wichtig, praxisnahe Erkenntnisse zu gewinnen, um praxisnahe Empfehlungen ausarbeiten zu können.

Homeoffice-Nutzung der Gemeinden im Vergleich des Jahres 2019 mit 2020.
Homeoffice-Nutzung der Gemeinden im Vergleich des Jahres 2019 mit 2020.

Homeoffice ist in den (oberösterreichischen)  Gemeinden angekommen. Der starke Anstieg in der Nutzung von 2019 auf 2020 ist wenig überraschend auf die Pandemie zurückzuführen. Die Einschätzungen der AmtsleiterInnen über die zukünftige Entwicklung von Homeoffice in den Gemeinden sind aber noch eher zurückhaltend. Es gibt eine tendenziell optimistische Entwicklung von 2019 auf 2020, jedoch kann vermutet werden, dass nach wie vor Unsicherheiten und offene Fragen vorhanden sind. Diesen wollte Prochiner  mit den Empfehlungen für Rahmenbedingungen und der Mustervereinbarung entgegenwirken und so praktische Hilfestellungen anbieten. 

Einschätzungen zur Entwicklung von Homeoffice im Vergleich des Jahres 2019 mit 2020.
Einschätzungen zur Entwicklung von Homeoffice im Vergleich des Jahres 2019 mit 2020.

Ohne hier auf einzelne Empfehlungen eingehen zu wollen, hat er Homeoffice aus strategischer, organisatorisch-prozessualer, rechtlicher, technischer und personeller Sichtweise behandelt. Insgesamt handelte es sich um 28 Fragestellungen, wie sie für Gemeindeverantwortliche relevant sein könnten, die definiert und mit Erkenntnissen aus der Literatur, der Gemeindebefragung und dem aktuellen Homeoffice-Gesetz beantworte wurden.

Was ist in der Mustervereinbarung für Homeoffice enthalten?

Für privatwirtschaftliche Homeoffice-Mustervereinbarungen wird man im Internet schnell fündig. Ich habe versucht eine Vereinbarung zu erstellen, die auf den Gemeindedienst zugeschnitten ist. Die Erstellung wurde von Juristen, Arbeitsrechtsexperten und Gewerkschaftsvertretern begleitet und enthält natürlich alle aktuellen Bestimmungen des Homeoffice-Gesetzes. Enthalten sind alle wesentlichen Regelungsbereiche wie z.B. der Arbeitsort, Arbeitszeit und Erreichbarkeit, Arbeitsmittel, Datenschutz, Kostenentschädigungen, Versicherungsschutz, etc. Die Vorlage wurde als Word-Dokument erstellt und kann individuell abgeändert werden.

Seine Masterarbeit mit den Empfehlungen zu Rahmenbedingungen und die Homeoffice-Mustervereinbarung stellt er kostenlos zur Verfügung. „Ich würde mich freuen, wenn meine Ausarbeitungen einen praktischen Mehrwert für KollegInnen hätten und in den Gemeinden Verwendung finden“, so Prochiner.

Diskutieren Sie diesen Artikel unter auf der Website des oberösterreichischen Gemeindebundes.

Auf der Website des Fachverbands der leitenden Gemeindebediensteten Oberösterreichs findet sich auch die Homeoffice-Mustervereinbarung für die oberösterreichischen Gemeinden.

Zur Person 

Daniel Prochiner

Daniel Prochiner ist 28 Jahre alt und beruflich in der Finanzabteilung der Gemeinde Engerwitzdorf tätig.  

Für ihn steht Homeoffice als Synonym von modernem und flexiblem Arbeiten. Ein Themenbereich, der seiner Meinung nach großes Potenzial für den Gemeindedienst hat und daher auch Relevanz für die ManagerInnen der öffentlichen Verwaltungen.

Seine Masterarbeit trägt den Titel „Homeoffice in Gemeindeverwaltungen - Empfehlungen zur Gestaltung von Rahmenbedingungen“, umfasst 132 Seiten und wurde von Prof. Franziska Cecon als Erstgutachterin und von Reinhard Haider, Amtsleiter von Kremsmünster und E-Government-Beauftragter des OÖ. Gemeindebundes sowie Lektor für E-Government an der FH Linz als Zweitgutachter betreut.