Walter Leiss
Walter Leiss: „Die längst erforderliche Neuerlassung der Abgeltungsverordnung müsste in die Richtung gehen, dass diejenigen Gemeinden begünstigt werden, die nur einen geringen Anteil von Verpackungsabfällen im Restmüll aufweisen, und diejenigen, die hohe Anteile von Verpackungsabfällen im Restmüll haben, keine oder eine geringere Entschädigung erhalten."
© Philipp Monihart

Handlungsbedarf in der Abfallwirtschaft

Nachhaltig durch Kreislaufwirtschaft zu wirtschaften ist nicht erst seit der Energiekrise ein wichtiges Thema. Die Kreislaufwirtschaft geht aus traditionellen Wirtschaftsformen hervor, mit dem wesentlichen Ziel, die verwendete Produktionsenergie wieder direkt in die Produktion zurückzuführen. Im Zuge der industriellen Revolution wurde diese Wirtschaftsform sukzessive durch lineare Produktionsprozesse ersetzt. Konsum wird als einmalige Nutzung von Gütern begriffen, woraus sich eine Kette von Entnahme, Herstellung und Entsorgung ergibt. Schon in den Jahren ab 1990 haben Gedanken der modernen Kreislaufwirtschaft in unseren Produktionsprozessen Platz gefunden. Dabei wird der natürliche Stoffkreislauf zum Vorbild genommen und versucht, kaskadische Nutzungen ohne Abfälle (Zero Waste) oder Emissionen (Zero ­Emission) zu erreichen.

Diese Überlegungen haben auch auf EU-Ebene Einzug gehalten und durch verschiedene Richtlinien wurde der Versuch unternommen, einen Übergang zur Kreislaufwirtschaft zu erzielen.

Diese verlangen von den Mitgliedstaaten ausdrücklich etwa die Förderung nachhaltiger Produktions- und Konsummodelle und eine langlebige Gestaltung und Reparierbarkeit von Elektrogeräten oder Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung. Dies alles mit dem Ziel, Abfälle in erster Linie zu vermeiden und in zweiter Linie stofflich zu verwerten, um die Schonung natürlicher Ressourcen zu bezwecken bzw. den Schutz von Menschen und der Umwelt zu erreichen. 

Leichter Zugang erhöht Sammelquote

Diesen Zielen und Vorgaben entsprechend, wurden in Österreich die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen. Die Ziele, Abfälle zu vermeiden, zu trennen, wiederzuverwerten und nur mehr den Rest altlastenfrei zu entsorgen, wurden in den Abfallwirtschaftsgesetzen der Länder festgeschrieben.

Dem Ziel der Abfallvermeidung ist man in unserer konsumgetriebenen Gesellschaft zwar noch nicht wirklich nähergekommen, jedoch sind wir beim Trennen der Abfälle und bei der Wiederverwertung europaweit im Spitzenfeld. Gelungen ist dies aufgrund eines Systems getragen von Gemeinden, Abfallverbänden und der Wirtschaft.

Egal ob im Hol- oder Bringsystem gesammelt wird, viele Haushalte verfügen über eine graue Tonne für den Restmüll, eine rote Tonne für Altpapier, eine gelbe Tonne bzw. einen gelben Sack für Plastikverpackungen, eine blaue Tonne für Metalle, eine braune Tonne für Bioabfälle und Tonnen für die Glassammlung.

Je dichter die Sammelsysteme verteilt sind und je leichter der Zugang zu diesen Systemen ist, desto höher ist auch die Sammelquote. Einer jüngsten Studie der ARA zufolge werden am häufigsten Altpapier, Glasflaschen und Metalle getrennt gesammelt. Dies spiegelt sich auch in den Recyclingquoten für Papier mit 85 Prozent, Glas mit 84 und Metalle mit 86 Prozent wider. Damit werden auch die entsprechenden EU-Vorgaben, die jedes Land bis 2025 bzw. 2030 zu erfüllen hat, erreicht. 

Kunststoff und Metall werden jetzt gemeinsam gesammelt

Anders sieht die Situation bei der Recyclingquote für Kunststoffverpackungen aus. „Plastik landet zu oft im Müll“, haben die „Salzburger Nachrichten“ getitelt. Aktuell werden in Österreich 25 Prozent der in Verkehr gesetzten Kunststoffverpackungen einem Recycling zugeführt. Bis zum Jahr 2025 soll dieser Anteil auf 50 und bis zum Jahr 2030 sogar auf 55 Prozent erhöht werden. Die Dramatik dabei ist, dass die Gesamtmenge an Kunststoffverpackungen mehr als 300.000 Tonnen beträgt. 

Die gesammelte Menge muss daher mindestens verdoppelt werden. Mit einer bundesweit vereinheitlichten Sammlung von Kunststoffverpackungen soll dies erreicht werden.

In der gelben Tonne bzw. dem gelben Sack sollen künftig Kunststoffverpackungen und Metallverpackungen gemeinsam gesammelt werden. Ob im Hol- oder Bringsystem sei nicht ­entscheidend.

Dieses vereinheitlichte System soll in den nächsten Jahren bundesweit eingeführt werden. Dies allein wird aber - ebenso wenig wie das eingeführte Pfandsystem für Kunststoffgetränkeflaschen – nicht ausreichen. Vor allem, wenn man zusätzlich bedenkt, dass zur Erreichung der EU-Vorgaben nur 9.000 Tonnen Kunststoffgetränkeflaschen zusätzlich notwendig sind, aber ca. 80.000 Tonnen Kunststoffverpackungen mehr gesammelt werden müssen.

Es bedarf daher weiterer bzw. anderer Anreizsysteme. Und die könnten, wie in vielen Bereichen, über die Finanzierungssysteme erfolgen. 

Je mehr Verpackungsabfälle im Restmüll, desto höher die Entschädigung für Gemeinden!

Dazu muss man wissen, dass die von den Gemeinden bzw. von der Wirtschaft bereitgestellten Sammelsysteme entweder über die Restmülltonne oder über den Produktpreis finanziert werden. Die gelbe Tonne bzw. der gelbe Sack werden zwar nicht gesondert verrechnet, aber deren Kosten sind genauso zu ­finanzieren.

Werden nun Verpackungsabfälle, für deren Finanzierung vereinfacht gesagt die Wirtschaft aufkommen müsste, über den Restmüll entsorgt, so erhalten die Gemeinden dafür eine Entschädigung. Geregelt wird dies in der sogenannten Abgeltungsverordnung.

Je mehr Verpackungsabfälle im Restmüll sind, desto höher die Entschädigung, je weniger Verpackungsabfälle im Restmüll, desto geringer die Entschädigung. Kein wirklicher Anreiz, die Bürger zum getrennten Sammeln zu motivieren. Ein zusätzlicher Nebeneffekt, der gerne verschwiegen wird, wäre, dass bei besserer Trennung auch eine geringere Anzahl an Restmülltonnen erforderlich wäre und damit auch die Müllgebühren reduziert werden könnten.

Abgeltungsverordnung muss reformiert werden

Die längst erforderliche Neuerlassung der Abgeltungsverordnung müsste daher in die Richtung gehen, dass diejenigen Gemeinden (Verbände) begünstigt werden, die nur einen geringen Anteil von Verpackungsabfällen im Restmüll aufweisen, und diejenigen, die hohe Anteile von Verpackungsabfällen im Restmüll haben, keine oder eine geringere Entschädigung erhalten.

Das wäre Motivation für die Gemeinden, ihre Sammelsysteme so einzurichten, dass sie von den Bürgern leicht in Anspruch genommen werden können. Ob gelber Sack oder mehr Tonnen im Bringsystem, bleibt den Betreibern überlassen. Aber was den Bürgern am Land zugemutet wird, darf man wohl auch in den urbanen Gebieten erwarten.

Es ist durchaus bewusst, dass dies in den urbanen Räumen nicht einfach ist, des ungeachtet muss dieser Weg gegangen werden, wenn insgesamt eine Zielerreichung der Vorgaben geplant ist. Eine Neuausrichtung der Abgeltungsverordnung – auch Ökologisierung – ist daher dringend erforderlich, um auch die finanziellen Anreize dafür zu bieten.