Gemeinden halten gegen Corona zusammen
Zusammenhalt trotz Abstand - das ist jetzt die Herausforderung.
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Großer Zusammenhalt in den Gemeinden durch Corona

Das Coronavirus hat massivste Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft. Ausgangsbeschränkungen, Polizeikontrollen, medizinische Entscheidungen an der Schmerzgrenze – alles das gibt es seit 16. März. Dieses Datum, der 16. März 2020, wird ins kollektive Gedächtnis der Menschen in Österreich eingehen. Vor allem die Leistungen der Zivilgesellschaft und auch der Wirtschaft, um das Zusammenleben weiter zu erhalten, sind bemerkenswert. Lebensmittelgeschäfte bleiben geöffnet, Apotheken und Krankenhäuser tun weiter Dienst, die öffentliche Sicherheit ist gewährleistet, die Solidarität der Menschen untereinander ist ungebrochen. KOMMUNAL bringt Erfahrungs­berichte aus den Gemeinden.

Die Ausbreitung des Coronavirus fordert die Gemeinden weiter intensiv. In ganz Österreich dürfen die Menschen ihre Wohnungen seit 16. März nicht ohne triftigen Grund verlassen – und diese Maßnahme wird mindestens bis zum Ostermontag weiter gelten. Vor allem die Gemeinden, ob nun direkt betroffen oder nicht, sind massiv gefordert.

In den Gemeindeämtern soll weiterhin für die Bürgerinnen und Bürger zumindest ein Journaldienst vor Ort sein, aber der direkte Parteienverkehr muss auf ein Minimum reduziert werden. Bürger sind angehalten, dringende Behördenwege elektronisch oder telefonisch zu erledigen.

Auch Gemeindebedienstete sollen während Corona von zu Hause arbeiten

Alle Gemeindebediensteten, nicht nur in der Verwaltung, sondern generell, wenn sie zum unverzichtbaren Schlüsselpersonal zählen, sind angehalten, ihre Dienstleistung – sofern dies möglich ist – zu Hause zu erbringen oder weitestgehend über Telefon oder per E-Mail zu kommunizieren und persönliche Kontakte zu vermeiden.

Diese Dienstleistung umfasst daher sowohl Telearbeit mit entsprechenden technischen Hilfsmitteln als auch andere Tätigkeiten, die geeignet sind, unabhängig vom Einsatz spezieller technischer Hilfsmittel zum Zweck der dienstlichen Aufgabenerfüllung zu Hause erledigt zu werden (zum Beispiel durch telefonische Erreichbarkeit oder über E-Mail-Korrespondenz, Vorbereitung und Sichtung von Unterlagen etc.).

Und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Müllabfuhr, der Wasserver- und Abwasser­entsorgung, den Straßenarbeitern und den vielen, die sich um die Schwachen unserer Gesellschaft kümmern: Ihnen kann in den Corona-Zeiten nicht genug gedankt werden.

Alle Kanäle der Gemeinde nutzen, Fake News meiden

Neben der umfangreichen Information über den ORF und die Tageszeitungen sollten alle Kanäle (auch die Websites kommunal.at und gemeindebund.at stellen Infos bereit, offizielle Informationen gibt es auch laufend auf den Webseiten des Innen- und Sozialministeriums) genutzt werden, um die direkten Informationen von Bund und Ländern in verständlicher Form an die Bürgerinnen und Bürger zu übermitteln.

Besonders zu Beginn der Krise hat Innenminister Karl Nehammer ausdrücklich auf die Gefahr der Verbreitung von Falschmeldungen und Gerüchten hingewiesen. Gerade Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sollten in ihrem Umfeld dafür sorgen, dass Falschmeldungen nicht verbreitet werden. Auf den der Gemeinde zur Verfügung stehenden Informationskanälen sollte stets auf die offiziellen Mitteilungen der Behörden und Ministerien verwiesen sowie darauf hingewiesen werden, nur diesen Informationen Glauben zu schenken, da vor allem auf den vielen Social-Media-Kanälen immer wieder Verschwörungstheorien zu Corona kursieren.

Zu Hause zu bleiben ist ein Eckpunkt im Kampf gegen das Virus. Um Corona einzudämmen, darf man sich möglichst wenig im öffentlichen Raum bewegen. Das Haus darf nur mehr verlassen werden für Arbeit, die für die Aufrechterhaltung der Versorgung und des öffentlichen Lebens notwendig ist. Und für Arbeiten, die nicht aufzuschieben oder von zu Hause aus nicht möglich sind. Lebensmittelbesorgungen für andere Menschen oder anderen zu helfen – all das ist mittlerweile für die Menschen im Land Routine genauso wie der Kampf gegen den „Lagerkoller“.

Und auch hier sind Gemeinden ganz besonders gefordert. Damit die Gesellschaft weiter funktioniert, müssen nicht nur die Arbeiten weitergehen, es braucht auch eine transparente Kommunikation mit den Bürgern. In den meisten Gemeinden funktioniert das perfekt, als Beispiel seien hier Bad Vöslau in Niederösterreich und Filzmoos in Salzburg genannt.

Transparenz bremst Panik

Mit Transparenz und zuverlässigen Informationen steuert Bad Vöslau in der Corona-Krise Falschnachrichten entgegen. Täglich werden alle Bürger mit der „Rathaus-Post“ informiert, die Gruppe „Bad Vöslau hilft“ organisiert Einkaufshilfen.

„Vorsicht – Warnung – aber keine Panik!“ Mit diesen Worten leitete der Vöslauer Bürgermeister Christoph Prinz auf der Homepage der Stadtgemeinde die Audio-Nachricht an seine Mitbürgerinnen und Mitbürger ein. Seit 17. März informiert er über die Homepage Bad Vöslau über die Corona-Hotline-Nummern, ruft zu „Social Distancing“ (Abstand halten) auf und appelliert: „Bitte bleiben Sie zu Hause.“

Auch sendet Bad Vöslau seither täglich eine „Rathaus-Post“ aus. Sie wird über soziale Medien und die Gemeinde-Website verteilt. Darin werden zuverlässige Informationen über die Situation in Bad Vöslau geboten, etwa welche Firmen Lieferdienste anbieten, was hinter der Absage des Wochenmarktes steht und warum der Postpartner geschlossen bleibt.

„Wir wissen, dass Gerüchte kursieren werden, wenn wir keine verlässlichen Informationen rausgeben. Daher kommunizieren wir alles rund um das Thema Corona gleich offen und zuverlässig“, sagt der Leiter der Allgemeinen Verwaltung der Stadtgemeinde, Andreas Klingelmayer. „Dieser Service wird überaus positiv aufgenommen und dankbar kommentiert.“

Bad Vöslau ist auch deswegen ein gutes Beispiel, weil das Virus auch einen Gemeinderat betroffen hat, der positiv darauf getestet wurde. „Der Mandatar hat von sich aus ersucht, dass man offen darüber informiert. Wir haben auch ganz klar kommuniziert, dass sechs weitere Mandatare in Quarantäne, aber nicht krank sind“, berichtet Klingelmayer.

Auch im salzburgischen Filzmoos wurde ähnlich reagiert, wurde ein Einsatzstab aus Polizei, Freiwilliger Feuerwehr, Hausarzt und Bürgermeister gebildet. An die Bevölkerung wurde per amtlicher Mitteilung Basisinformation versendet. Täglich um 17:00 Uhr kommuniziert der Einsatzstab über Videotelefonie und erstellt gemeinsam das tägliche Update „Corona-aktuell“, das online und offline verteilt wird. Und „alleinstehende und/oder hilfsbedürftige Mitbürgerinnen und Mitbürger werden in kurzen regelmäßigen Abständen angerufen“, wie Bürgermeister Christian Mooslechner berichtet.

Gratwanderung Überwachung

Schwer beschäftigen wird die Gemeinden vermutlich noch das Thema „Überwachung der Maßnahmen“. Richtig ist, dass es ohne nicht geht, dass es vor allem an Tagen, wo das Wetter schön ist, die Menschen auf der Flucht vor dem Lagerkoller nach draußen ziehen wird. Sie werden im Wald spazieren, auf den Wiesen sitzen und im Freien mit den Kindern spielen. Als Ausgleich zum wochenlangem Zu-Hause-aufeinander-Sitzen wird das nicht zu verhindern sein – oder besser, nur mit Überwachung und drastischen Strafen.

Als Beispiel kann China dienen. Wer empfindlich nahe an eine infizierte Person geraten ist, bekommt einen roten Farbcode. Beim Besuch einer Zone, in der sich ein mit Covid-19-Infizierter kürzlich aufgehalten hat, wird man als gelb eingestuft, ansonsten ist man grün eingefärbt und darf frei reisen: Ungefähr so funktioniert ein Service des chinesischen IT-Konzerns Alibaba Group, mit dem die chinesische Regierung das Coronavirus eindämmen möchte, wie „Der Standard“-Journalistin Muzayen Al-Youssef berichtet.

Abstand halten
Ein Service des chinesischen Alibaba-Konzerns versucht Personen ausfindig zu machen, die infektiös sein können. Wer empfindlich nahe an eine infizierte Person geraten ist, bekommt einen roten Farbcode. Bild: vrx123/stock.adobe.com

Ein wenig anders ist, so Al-Youssef in ihrem Beitrag, „die Situation in Südkorea, einem Land, das aufgrund seines Umgangs mit der Krise immer wieder gelobt wird – dort wird flächendeckend getestet. Gemeinsam mit Smartphone-Tracking wird so eruiert, wie sich die Krankheit ausbreitet. Dabei werden Daten wie Kreditkartentransaktionen von Infizierten und Aufnahmen von Überwachungskameras eingesetzt, die mit den behördlichen Informationen über nachweislich Infizierte kombiniert werden. Nutzer können dann sehen, wo sich Personen mit dem Virus aufgehalten haben.“

Mag sein, dass derartige Überwachungsmethoden zum Wohl des großen Ganzen notwendig sind. Aber wir als Gesellschaft müssen uns sehr gut überlegen, wie lange wir solche Big-Brother-Szenarien wollen. Nach der Krise sollte damit eigentlich wieder Schluss sein. Genauso wie mit „Blockwarten“, die Nachbarn bespitzeln und anzeigen.