Das Spannende an dem Agreement der neun Gemeinden ist, dass sie keine Genossenschaft gegründet, sondern ihre Kooperation mit privatrechtlichen Lieferverträgen geregelt haben – ein klarer Vorteil, was den Verwaltungsaufwand betrifft.
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Blackoutgefahr

Gemeinden vernetzen sich für Notwasserversorgung

„Wie man die kommunalen Infrastrukturen genau nennt, ist zweitrangig. Wichtig ist, dass sie geschützt sind und dass sie im Fall der Fälle funktionieren.“ So einfach sieht Ziviltechniker Stefan Hitzfelder vom Büro HIPI das bahnbrechende Pilotprojekt „Notwasserversorgung Antiesental“.

Wasser- und Abwasserinfrastruktur werden gerne als „sensible“, „systemrelevante“, „schützenswerte“ oder „kritische“ Infrastruktur bezeichnet. Davon unabhängig treten diese Infrastrukturen jedoch immer erst dann in Erscheinung, wenn ihre Funktionsfähigkeit nachlässt oder ein Gebrechen sie zu einer Zwangspause zwingt. So geschehen vor rund zehn Jahren, „als einige Gemeinden im Antiesental Probleme mit der Wasserversorgung bekamen“, wie sich Stefan Hitzfelder erinnert.

Stefan Hitzfelder
Stefan Hitzfelder: „Die Umsetzung der noch ausstehenden PV-Installationen ist in den nächsten zwei Jahren geplant.“

Damals fanden erste Gespräche statt, wie sich Nachbargemeinden aushelfen könnten – daraus wurde nach langen Gesprächen das beispielgebende Projekt „Notwasserversorgung WVA Antiesental“.

Dem Verlauf der Antiesen folgend kann Wasser von der am südöstlichsten gelegenen Gemeinde (Eberschwang) im freien Gefälle in die am nordwestlichsten gelegene (Ort im Innkreis) geliefert werden. Dazu gibt es zwischen den Gemeinden je nach Versorgungsmöglichkeit Übergabeschächte und Lieferverträge, die eine geregelte und von allen bürokratischen Hürden entkoppelte Zurverfügungstellung von Trinkwasser in die jeweils angrenzende Gemeinde im Bedarfsfall sicherstellt. 

Wassermangel in österreichischen Gemeinden

Der Fall der Fälle ist andernorts heuer schon zweimal eingetreten. „Trinkwasserbehälter sind leer“, hieß es Mitte August in Langen in Vorarlberg. Es herrschte akute Wassernot – und das, während eine Hitzewelle mit Temperaturen von mehr als 35 Grad Celsius am Vormarsch war. Abkühlung war nicht in Sicht. Die Gemeinde musste reagieren und forderte die 1.500 Einwohnerinnen und Einwohner auf, Wasser zu sparen. „Bitte Wasser nur für die kleine Körperpflege und als Trinkwasser für Mensch und Tier verwenden“, lautete der Appell.

Auch in St. Urban war Wasser plötzlich nicht mehr selbstverständlich: Die Kärntner Gemeinde musste wegen Wassermangels Not-Sanitär­anlagen einrichten. Zu wenig Niederschläge und dazu ein Rohrbruch im Leitungssystem hatten die Wasserversorgung in der Gemeinde massiv gefährdet.
Die Lage gestaltete sich so schwierig, dass man der Bevölkerung Duschmöglichkeiten im Sportplatzgebäude zur Verfügung stellte und die WC-Benützung in der Aufbahrungshalle und im Kultursaal ermöglichte. Auch Trinkwas­ser wurde seitens der Gemeinde zur Verfügung gestellt. Das geschah mit Mineralwasser, das man sich beim örtlichen Supermarkt holen konnte. „Drei Tage lang sind wir Tag und Nacht gelaufen“, sagte Bürgermeister Dietmar Rauter in einem Bericht der „Kleinen Zeitung“ über die angespannte Wassersituation, die Mitte Juli ihren Lauf nahm. 

Notwasserversorgung Antiesental knapp vor Fertigstellung

Abseits aller Debatten um Blackout-Vorsorge und -Sicherheit beweisen die neun Gemeinden im Antiesental seit Jahren und Jahrzehnten großen Weitblick und haben die Möglichkeit geschaffen, sich im Havariefall oder bei Wasserknappheit gegenseitig versorgen zu können.

Das Projekt wurde im Frühjahr Landesrat Kaineder präsentiert, der eine Sonderförderung in Aussicht stellte, damit mit der zusätzlichen Installation von PV-Anlagen auf den ­geeigneten Anlagenteilen eine Wasserversorgung im Blackout-Fall gänzlich ohne zusätzliche Inanspruchnahme von anlagenfremder Energie (etwa durch Aggregate) sichergestellt werden kann.

Es ist ein in dieser Form und in diesem Ausmaß einzigartiges Pilotprojekt, das für viele Regionen angedacht und angewandt werden kann und die weitsichtigen Gemeinden im Antiesental zu Recht mit Stolz erfüllt. 

Die Umsetzung der noch ausstehenden Installationen ist in den nächsten zwei Jahren geplant, so Hitzfelder. Die Notwasserversorgung der Antiesentalgemeinden ist bereits jetzt schon sichergestellt – noch müssten im Ernstfall Notstromaggregate die Energie für die Brunnen liefern, was bald der Vergangenheit angehören wird. 

Das Spannende an dem Agreement der neun Gemeinden ist, dass sie keine Genossenschaft gegründet, sondern ihre Kooperation mit privatrechtlichen Lieferverträgen geregelt haben – ein klarer Vorteil, was den Verwaltungsaufwand betrifft.

Notwasserversorgung Antiesental

Mehrwert der Kooperation im Antiesental

Gegenseitige (Not-)Wasserversorgung

  • Ausfall Wasserspender
  • Rohrbrüche
  • Verunreinigungen

Schonung der Schutzschichten

  • Nutzung der bestehenden Brunnen
  • Keine zusätzlichen Bohrungen

Blackout-Vorsorge

  • Von Eberschwang bis Ort können sämtliche Haushalte mit Trinkwasser versorgt werden

Notwasser – und dann die Photovoltaik

Es ist nicht bei der Notwasserversorgung geblieben im Antiesental. Schon zu Beginn wurde die Themen Photovoltaik und Stromversorgung angedacht – allerdings, so Hitzfelder, nicht mit letzter Konsequenz. Das hat sich geändert. Dafür hat Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer kürzlich eine Million Euro für innovative Projekte zur Verfügung gestellt – die Notwasserversorgung im Antiesental gehört dazu und bekommt jetzt eine Photovoltaikanlage (beziehungsweise neue Anlagenteile, die alte ersetzen).