Mittelberg im Kleinwalsertal
Mittelberg im Kleinwalsertal, die Heimatgemeinde von Andreas Haid.
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Fremdenverkehr

„Gemeinden und Tourismusverantwortliche müssen eng zusammenarbeiten“

Tourismus ist eng mit Gemeindeagenden verknüpft. KOMMUNAL hat Andreas Haid, Bürgermeister von Mittelberg im Kleinwalsertal und Vorsitzender des Tourismusausschusses des Österreichischen Gemeindebundes, um seine Meinung gebeten.

Herr Bürgermeister, KOMMUNAL hat ein Interview mit Tourismus-Staatssekretärin Kraus-Winkler geführt, in der Sie davon gesprochen hat, dass „Tourismus eine Gemeinschaftsaufgabe“ ist. Wenn dem so ist, welcher Teil der Gemeinschaftsaufgabe sollte bei den Gemeinden sein?

Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus der Bevölkerung nähergebracht wird. Damit wächst das Verständnis zum einen in Richtung positiver Tourismusgesinnung und Gastfreundschaft, zum anderen auch für notwendige Unterstützungen durch die öffentliche Hand. Der Tourismus ist innerhalb Österreichs sehr unterschiedlich geregelt, wie Tourismusverbänden, Destinationen, Gemeindeabteilungen oder auch eigenverantwortlich ausgelagerte Betriebe, z. B. Genossenschaften.

Aufgrund der Vielfalt sind die Gemeinschaftsaufgaben der Gemeinden sehr unterschiedlich. Als eine der Hauptaufgaben sehe ich den Auf- und Ausbau der touristischen Infrastruktur. Dazu zählen unter anderem Wanderwege, Loipen, Schwimmbäder, Spiel- und Erholungsräume, Sportmöglichkeiten und ganz besonders – der Schutz des Naturraums als wichtigste Ressource!  

Andreas Haid
Andreas Haid: „Als eine der Hauptaufgaben der Gemeinden sehe ich den Auf- und Ausbau der touristischen Infrastruktur.“

Die Staatssekretärin sprich davon, dass in Tourismusregionen, um den Mangel an Mitarbeitern zu begegnen, beispielsweise überregionale Kindergärten und das auch grenzübergreifend, errichtet werden. Und wenn eine Gemeinde das nicht schafft, könne das ja auch von Leitbetrieben gemacht werden. Ist so eine Idee realistisch?

Grundsätzlich finde ich diese Idee sehr gut, es gibt hier bereits erfolgreiche Modelle vor allem in größeren Hotels. Dabei handelt es sich meistens um eine „Kinderbetreuung“, die Gemeinden müssen ihre Betreuung nach dem Kindergartengesetz durchführen. Dies erfordert einen höheren Anspruch an die Qualifikation der Mitarbeitenden und müsste dann auch für die Betriebe umsetzbar sein. Bisherige Kinderbetreuung findet meist in Kernzeiten statt. Für den Tourismus muss hier auch eine Vereinbarkeit mit den Dienstzeiten geschaffen werden – gerade auch an Wochenenden und Feiertagen sowie in Ferienzeiten bedarf es für den Tourismus an Betreuungszeiten.

Ebenfalls denkt sie daran, dass Betriebe Mitarbeiterquartiere bauen. Oder allenfalls bestehende Bauten neu nutzen. Die Gemeinde als Raumordnungsbehörde hätte da ein gewichtiges Wort mitzureden. Wie stehen Sie dazu?

Qualitätsvolle Mitarbeiterquartiere sind heute Voraussetzung für die Gewinnung von Mitarbeitenden. In den letzten Jahren hat sich sehr viel getan. Die touristischen Betriebe investieren ganz enorm in neue Mitarbeiterunterkünfte, wie auch in die Verbesserung von bestehenden Wohnungen. Die Gemeinden, wie auch die Bezirksbehörden sollten diese Entwicklung bei den erforderlichen Genehmigungen und Verfahren stark unterstützen.

Eine Frage zu den immer größeren Plänen für neue Schipisten: Muss man immer höher, immer mehr bauen? Haben wir in ganz Österreich mit mehr als 7000 Pistenkilometer nicht schon genug Schipisten?

Die Anzahl der Pistenkilometer ist für manche Skifahrer ein Kriterium für die Auswahl ihres Urlaubsortes. Das hat dazu geführt, dass zahlreiche Skigebiete in Österreich miteinander verbunden wurden. Mittlerweile stoßen wir hier an die Grenzen, mit Blick auf die Klimaveränderung ist die Sicherstellung der bestehenden Skipisten im Vordergrund, ein weiterer Ausbau ist sehr kritisch zu sehen.  

Wenn man Gemeinschaftsaufgaben neu definiert, muss es auch heißen, dass der Erfolg dieser Aufgabe allen Beteiligten zugutekommt. Sehen Sie das auch so? Und wenn ja, wie könnte man sich das vorstellen?

Die Tourismusstrategien werden ständig aktualisiert, dabei zeigt sich, dass nicht nur die Gäste im Vordergrund stehen, sondern auch die Einheimischen verstärkt Berücksichtigung finden. Unter dem Motto – gemeinsamer Lebensraum für Gäste und Einheimische, für Gäste gilt dies für die Zeit ihres Urlaubes. Damit soll das gegenseitige Verständnis gefördert werden, der angesprochene Erfolg für alle Beteiligten wird deutlich und die Lebensqualität steigt.

Ein Beispiel: vom Ausbau des öffentlichen Verkehrs für die Gäste wird auch das Angebot für die Einheimischen verbessert, die Finanzierung wird durch Tourismuseinnahmen gestützt.

Der Klimawandel macht auf absehbare Zeit das Schifahren zu einem Luxusvergnügen. Die Gebiete liegen immer höher, die Schneesicherheit wackelt immer mehr. Wie sollen vor allem Wintertourismusgemeinden darauf reagieren? Nur mit Schneekanonen wird man den Wintertourismus nicht retten können.

Schon jetzt sind die Wintersportdestinationen dabei, auf den Klimawandel zu reagieren. Alternativen wie zum Beispiel Winterwandern, Kultur und Kulinarik sollten den Gästen der Zukunft angeboten werden können.  Die Schneesicherheit wird durch Investitionen in Beschneiungsanlagen seit vielen Jahren ausgeglichen, nur so können wir den Gästen einen sicheren Skiurlaub anbieten. Hier arbeiten die Bergbahnen und Liftbetreiber aber mit sehr nachhaltigen Konzepten.

Was würden sich die Gemeinden in Punkto Zusammenarbeit mit dem Tourismus wünschen?

Die Gemeinde-, sowie die Tourismusverantwortlichen sind gefordert, eng zusammen zu arbeiten. Nur so ist es möglich im Tourismus, wie auch in der Kommune erfolgreich zu sein. Über die lokale Ebene hinaus ist es wichtig, dass der Stellenwert des Tourismus bei Bund und Ländern weiterhin eine hohe Bedeutung hat und ganz offen gesagt, die dringend notwendigen finanziellen Unterstützungen in die Destinationen und Betriebe fließen.