Symbolbild: zwei alte Menschen in einem Labyrinth
Jeder Mensch sollte so lange wie möglich aktiv am gesellschaftlichen Leben teilhaben können und in die Gesellschaft eingebunden werden.
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Gemeinden sollen „demenzfreundlich“ werden

6. Mai 2021
Das Projekt „Demenz Aktivgemeinde“ soll helfen, von Demenz betroffenen Menschen ermöglichen, möglichst lange am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. „Demenz hat viele Gesichter, aber eines ist sicher: Jeder und jede von uns hat oder wird irgendwann Kontakt mit dieser Krankheit haben. In Österreich gibt es momentan ca. 145.500 Menschen mit Demenz; die Zahl der Demenzkranken wird sich alle 20 Jahre verdoppeln. Deshalb ist es wichtig, die Gesellschaft für dieses Thema zu sensibilisieren. Gerade im Bereich der polizeilichen Arbeit gehören Amtshandlungen mit Menschen mit Demenz für Polizistinnen und Polizisten zum Berufsalltag“, sagte Helmut Tomac, Generalsekretär des Innenministeriums, anlässlich des Starts der „Demenz Aktivgemeinde“, dem Nachfolgeprojekt von „Einsatz Demenz“.

„Wir bieten unser E-Learning-Tool ‚Demenz Aktivgemeinde‘ auch anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst an, zum Beispiel Bediensteten von Gemeinden, Bezirkshauptmannschaften und der Landesverwaltung“, führte Tomac weiter aus.  

Die Schulungen werden am e-Campus der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres angeboten und sind für alle Bediensteten der öffentlichen Verwaltung zugänglich. 

Gemeinden wichtige Akteure in der Pflege 

„Städte und Gemeinden sind wichtige Akteure im österreichischen Pflegesystem, und viele Städte setzen bereits Initiativen zum Thema Demenz. Das unter Federführung des Bundeskriminalamts entwickelte E-Learning-Tool ist ein wichtiger Baustein, um in Öffentlichkeit und Verwaltung ein demenzfreundliches Umfeld zu schaffen und wird daher vom Österreichischen Städtebund begrüßt und gerne unterstützt“, sagt Thomas Weninger, Generalsekretär des Städtebunds.  

„Jeder Mensch sollte so lange wie möglich aktiv am gesellschaftlichen Leben teilhaben können und in die Gesellschaft eingebunden werden. Für demenzkranke Menschen ist diese Teilhabe besonders wichtig. Daher sind die Gemeinden gerne Partner der 'Demenz Aktivgemeinde'. Damit erweitern wir nicht nur unser Serviceangebot in den Gemeindeämtern, sondern gestalten auch das Lebensumfeld der Bevölkerung vor Ort lebenswerter“, erläutert Gemeindebund-Generalsekretär Walter Leiss die Ausweitung der Kompetenzschulungen.  

Wissenschaftliche Methode und Zertifizierung 

Projekt-Verantwortliche ist Stefanie Auer, Professorin an der Donau-Universität Krems. Sie hebt die Wichtigkeit der Integration von Menschen mit Demenz als gesamtgesellschaftlichen Auftrag hervor. Das Lernprogramm für öffentliche Bedienstete stelle dafür einen wichtigen Baustein dar.

„In mehreren Fokusgruppen wurde über das Thema gesprochen und Bedürfnisse herausgearbeitet, die in die Entwicklung einer zielgruppenorientierten Betaversion des Lernprogramms einflossen. Nach einer breiten Testung des Programms wurde es mit Fragebögen evaluiert und schließlich eine Endversion der Kompetenzschulung erstellt“, berichtet Auer.

Der gesamte Kurs ist in drei Module aufgeteilt. Das erste Modul setzt sich mit den Grundlagen und der Diagnose von Demenz auseinander, das zweite Modul behandelt die Kommunikationsmethoden und das dritte soll helfen, Menschen mit Demenz besser zu verstehen. Im Kurs heißt es zum Beispiel: „Menschen mit Demenz können verständlich kommunizieren – vor allem dann, wenn das Umfeld verständnisvoll reagiert.“ Gemeinden können eine Auszeichnung zur „Demenzkompetenten Gemeinde“ über die Zertifizierungsstelle der Donau Universität erhalten.  

Pilotgemeinde Eisenstadt 

Als Partner für die Pilotphase des Projekts wurde die burgenländische Landeshauptstadt Eisenstadt ausgewählt, wo das erworbene Wissen bereits Anwendung in der Praxis findet. „Wenn Menschen Hilfe brauchen, kommen sie oft gleich ins Gemeindeamt, und deshalb ist es wichtig, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein einfaches und gut bedienbares Online-Tool haben, wo sie mit ein paar Kniffen die richtigen Informationen bekommen können, um mit Menschen mit Demenz richtig umgehen zu können“, sagt Bürgermeister Thomas Steiner zum Einsatz der Schulung in Eisenstadt. 

„Die Schulung ist so aufbereitet, dass man jederzeit nachlesen und immer wieder die Module neu starten kann. Der Inhalt ist praktisch jederzeit abrufbar“, berichtet Elisabeth Eder vom Magistrat Eisenstadt. 

„Einsatz Demenz“ 

Aus einer Initiative des Bundeskriminalamts und mit den Erfahrungen des des E-Learning-Center der Sicherheitsakademie wurde im Innenministerium seit 2015 in Zusammenarbeit mit der MAS Alzheimerhilfe sowie der Donau-Universität Krems ein Online-Training für die Polizei entwickelt. Das Ziel war eine umfangreiche Kompetenzschulung im Einsatz für Menschen mit Demenz und deren Angehörigen.

Bisher wurden im Rahmen dieses Projekts über 14.000 Polizistinnen und Polizisten geschult und 245 Polizeidienststellen mit dem Zertifikat „Demenzfreundliche Dienststelle“ ausgezeichnet. Bei der LPD Tirol wurden alle Polizeiinspektionen zertifiziert. Neben zahlreichen Preisen, wie der „SozialMarie 2018“, dem „eAward“ und dem österreichischen Verwaltungspreis 2019“ sowie dem „eLearning Award 2020“ wurde das Projekt von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in die „WHO-Demenz-Toolbox“ aufgenommen.