Umwelt
Gemeinden kämpfen gegen Lichtverschmutzung
Lichtverschmutzung beeinflusst den Tag-Nacht-Rhythmus aller Lebewesen. Sie ist mitverantwortlich für das Insektensterben, beeinträchtigt die Bestäubung von Pflanzen und die Orientierung der Zugvögel. „Auch die Menschen regenerieren sich nachts schlechter, denn der Körper kann das dazu nötige Hormon Melatonin nur im Dunkeln produzieren“, sagt Stefan Wallner vom Institut für Astrophysik der Universität Wien. Problematisch sei diesbezüglich vor allem der hohe Anteil an kurzwelligem blauem Licht in LED-Laternen.
Der Sternenpark Attersee-Traunsee
Seit 2020 gibt es in Oberösterreich den Sternenpark Attersee-Traunsee. Darunter versteht sich ein Licht- und Landschaftsschutzgebiet, in dem die nächtliche Dunkelheit, die natürliche Nachtlandschaft, als Schutzgut betrachtet und vor Lichtverschmutzung geschützt wird. Das über hundert Quadratkilometer große Gebiet ist von der International Dark-Sky Association (IDA) zertifiziert.
Für die Zertifizierung mussten unter anderem folgende Kriterien erfüllt werden:
- Bei der Außenbeleuchtung müssen Lampen, die heller leuchten als eine normale Glühbirne (500 Lumen), vollkommen abgeschirmt sein und dürfen nur nach unten strahlen.
- Es dürfen nur Lampen verwendet werden, die warmweiß strahlen.
- Je nach Typ der Beleuchtung gibt es Einschränkungen bei der Betriebszeit.
Auf Basis dieser Anforderungen entwickelten die fünf Naturpark-Gemeinden Altmünster, Steinbach am Attersee, Weyregg am Attersee, Schörfling am Attersee und Aurach am Hongar ausgeklügelte Licht-Management-Pläne und rüsteten teilweise ihre Straßen- und Außenbeleuchtung um. Festgelegt ist auch, dass nur eine gewisse Anzahl an Veranstaltungen stattfinden darf.
Um die IDA-Zertifizierung zu erhalten, muss es auch Angebote zur Naturvermittlung geben, weiters müssen Informationen als Broschüren und auch online zu erhalten sein.
Die Erfolge der Maßnahmen werden jährlich gemessen und in einem Bericht veröffentlicht. „Erfasst wird allerdings nur Licht, das auf öffentliche Flächen strahlt. Also etwa beleuchtete Schilder, nicht aber private Gärten“, erläutert Stefan Wallner.
Die bisherigen Berichte zeigen, dass sich die Lichtverschmutzung gebessert hat. Und zwar von einem ohnehin schon recht guten Niveau, denn Steinbach am Attersee, die einzige der Gemeinden, die komplett im Sternepark liegt, war bereits zuvor Mustergemeinde des Landes Oberösterreich und hatte die Straßenbeleuchtung schon umgestellt.
Wie Brunnenthal den Lichtsmog reduzierte
In Oberösterreich hat man sich des Themas schon länger angenommen. Bereits 2017 initiierte das Land ein Projekt, um den „Lichtsmog“ zu reduzieren. Als Pilotgemeinden fungierten neben Steinbach am Attersee auch Kirchschlag bei Linz und Brunnenthal bei Schärding.
„Wir gehörten damals zu den ersten Gemeinden, die auf LED-Leuchten umgestellt haben, weil sie so einzustellen sind, dass das Licht genau dorthin fällt, wo man es haben möchte. Damit sind wir weg von den 360-Grad-Lampen gekommen, die alles ausleuchten“, berichtet Bürgermeister Roland Wohlmuth. Zusätzlich konnte mit den LED-Leuchten Energie und Geld gespart werden.
In abgelegeneren Bereichen wurden Bewegungssensoren eingesetzt. Die Lampen kommunizieren miteinander, sodass nur jene Bereiche erhellt werden, in denen sich gerade jemand aufhält.
„Das Projekt hat rund 300.000 Euro gekostet. Zwar gab es eine Förderung, aber natürlich dauert es lange, bis sich die Kosten durch die Energieeinsparung hereinspielen. Uns waren aber vor allem die ökologischen und gesundheitlichen Aspekte wichtig“, sagt Bürgermeister Wohlmuth. „Und die Leute sind froh, dass das Licht nicht mehr ins Schlafzimmer hineinscheint.“
Gemeinden dürfen Licht abschalten
Oberösterreich hat nun in einer Novelle des Umweltschutzgesetzes festgelegt, dass Teile der ÖNORM O 1052:20220-10 gesetzlich verpflichtend sind. Geregelt werden primär folgende Inhalte:
- bedarfsgerechte Betriebszeiten in Abhängigkeit zum Bewertungsgebiet,
- umwelt- und gesundheitsschonende Lichtfarbe,
- eingeschränkte Strahlrichtung, die eine Abstrahlung des Lichts in die Horizontale und nach oben hin unterbindet und somit unnötige Aufhellung des natürlichen Nachthimmels möglichst vermeidet.
Unter Außenbeleuchtungsanlagen sind jene Beleuchtungen definiert, die für den Zweck der Beleuchtung des öffentlichen Raumes errichtet wurden. Der öffentliche Raum umfasst dabei alle Bereiche des öffentlichen Guts sowie der Öffentlichkeit zugänglichen oder zur Verfügung gestellten Bereiche wie Verkehrswege, Plätze, Parkplätze.
Die Umweltschutzgesetz-Novelle ermöglicht es den oberösterreichischen Gemeinden, unter Berücksichtigung von überwiegenden anderen öffentlichen Interessen wie Ruhe, Ordnung und Sicherheit, Beleuchtungskonzepte in Form von Richtlinien nach dem Stand der Technik, abgestimmt auf ihre individuellen Anforderungen, zu erstellen.
Außenbeleuchtungsanlagen können durch diese Richtlinien gedimmt, aber auch gänzlich abgeschaltet und somit umweltbewusst und energieeffizient betrieben werden.
Gebiete ohne Lichtverschmutzung
Auch in anderen Bundesländern gibt es Projekte, die es ermöglichen sollen, den Nachthimmel ohne störenden Lichteinfluss zu beobachten. So bemüht sich die Kärntner Gemeinde Weissensee, zur „Sternengemeinde“ zu werden. Im niederösterreichischen Weinviertel möchte die Gemeinde Großmugel mit ihrem dortigen „Sternenweg“ ein Zertifikat der „Starlight-Initiative“ - ein Verein, der von der UNESCO abgespalten wurde - erhalten.
Das größte geplante Projekt ist ein „Dark Syk Reservat“ mit fast 2.500 km2 und soll sich vom Nationalpark Kalkalpen in Oberösterreich über den Nationalpark Gesäuse und den Naturpark Eisenwurzen bis hin nach Niederösterreich zum Naturpark Ötscher-Tormäuer ziehen. Für den Naturpark Sölktäler, eines der bei Nacht finstersten Gebiete Europas, soll nächstes Jahr ein Antrag auf Zertifizierung eingereicht werden.
Bundeseinheitliches Lichtschutzgesetz
Stefan Wallner fordert ein bundeseinheitliches Gesetz gegen Lichtverschmutzung. „Licht ist derzeit im Wesentlichen Sache der Länder und Gemeinden. Ich würde es vernünftig finden, festzulegen, dass es überhaupt einmal eine Beleuchtungsstrategie geben muss.“ Die ÖNORM O 1052 wäre, so Wallner, eine gute Vorlage, die seiner Meinung nach verpflichtend werden sollte.
Tipps für Gemeinden
Was kann eine Gemeinde tun, um Lichtverschmutzung zu verringern?
„Zunächst sollte die Gemeinde einmal inventarisieren, welche Lichtquellen sie im öffentlichen Raum hat“, rät Astrophysiker Wallner. Der zweite Schritt wäre dann, einen Lichtmanagementplan zu erstellen, indem beispielsweise festgelegt wird, dass man die ÖNORM O 1052 befolgen will. Wenn man sich darüber im Klaren ist, was man tun möchte, sollte man das in einem Gemeinderatsbeschluss festlegen, damit man eine Verbindlichkeit hat“, sagt Wallner.