smart home control concept
Gebäude ohne Energie-Monitoring und -Management werden über kurz oder lang nicht mehr vermietbar und verkaufbar sein oder man wird beträchtliche Abschläge in Kauf nehmen müssen.
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Gebäudetechnik im Wandel

ESG ist das aktuelle „Zauberwort in der Immobilienbranche – und vielleicht bald auch für Gemeinden. Besondere Auswirkungen hat ESG auf die Gebäudetechnik der Zukunft.

Die englische Abkürzung ESG bedeutet „Environmental, Social and Corporate Governance“ und steht für die Bewertung des kollektiven Bewusstseins eines Unternehmens für soziale und ökologische Faktoren. Wenngleich mit Unternehmen hier im wesentlichen Firmen gemeint sind, betrifft es doch auch Gemeinden als Betreiber von mehr als 60.000 Gebäuden in Österreich: Das sind Rathäuser, Verwaltungsgebäude, Kindergärten und Volksschulen und eben auch Wohnanlagen.

Alexander Redlein,
Alexander Redlein, Leiter des Competence Center: Facility Management (CC:FM) an der TU Wien: „Gerade Gebäude zählen zu den Hauptverursachern von CO2 und haben einen hohen Energiebedarf, daher stehen sie vermehrt in unserem Fokus.“

Die in Österreich verwendete Gebäudetechnik ist meist vermutlich eher nicht die modernste, außer vielleicht bei brandneuen Gebäuden in den größeren Städten bzw. bei großen neuen Firmengebäuden. Wie weit das Thema ESG schon fortgeschritten ist, zeigte der „14. Internationale Facility Management Kongress“ an der TU Wien auf. 

Anforderungen an Immobilien haben sich geändert

Dieser Wandel wurde auch in der Podiumsdiskussion „Taking up the Challenge – Wie geht es weiter?“ zwischen Christian Traunfellner und Gerald Grüll von der Immofinanz, Andreas Millonig, Innovation RS Group, und Bianca Lang von der Simacek Group aufgegriffen. 

Wichtiges Thema waren hier die Änderungen der Anforderungen an Immobilien durch die Nutzer. Nicht zuletzt wegen Covid-19 haben sich beispielsweise bei Simacek im Bereich der Facility Services neue Geschäftsfelder aufgetan.

Andreas Millonig berichtet von einer erheblichen Preissteigerung bei Nettomieten in Wien. Dazu kommen etwa die erhöhten Energiepreise und der Wunsch der Nutzer nach vom Eigentümer bezahlten Optimierungsmaßnahmen: Die ESGs sind aktueller denn je und, so sagt Christian Traunfellner: „Wir müssen jetzt handeln und nicht in ein paar Jahren!“

Nachhaltigkeit von Gebäuden beeinflusst deren Wert

Die Nachhaltigkeit, im ersten Schritt vor allem die Ressourceneffizienz in Hinblick auf Energie und Wasser, wird laut Ansicht der Experten die Vermietbarkeit und auch den Wert von Immobilien stark beeinflussen. Gebäude ohne Energie-Monitoring und -Management werden über kurz oder lang nicht mehr vermietbar und verkaufbar sein oder man wird beträchtliche Abschläge  in Kauf nehmen müssen. In diesem Zusammenhang werden Services und auch der Green Contract, der die Mieter in die Verantwortung mit einbezieht, von wesentlicher Bedeutung sein.

Das unterstreicht auch Gerald Grüll: Man müsse das Thema ernst nehmen und mit Transparenz zwischen Vermieter und Mieter gemeinsam zu einem Ziel gelangen.

Susanne Steinböck, Verantwortliche für Nachhaltigkeit und ESG bei der CA Immo, geht dabei einen Schritt weiter: Mit dem Carbon Accounting und dem GHG-Protokoll stehen alle Treibhausgase in ihrem Fokus. Neben dem ­Scope 1, den direkt von ihren Immobilien und ihrer Geschäftstätigkeit verursachten Emissio­nen im Bereich Öl und Gas, sind auch die Scopes 2 und 3 – zum Beispiel durch zugekaufte Produkte, die Entsorgung von Produkten und die durch ihre Nutzer verursachten Emissionen – von wesentlicher Bedeutung. 

Und Steinböck stellt in ihrem Vortrag klar: „Es geht nicht nur um Energie und deren Beschaffung. ESG trifft viele Themen, bis hin zur Quartiersentwicklung und Stadtentwicklung.“ Nachhaltigkeitsmaßnahmen werden auch durch ihre Stakeholder, vor allem die Investoren und die EU, verstärkt gefordert.

Energie-Monitoring bei der Burghauptmannschaft

Die Präsentationen zeigten auch, dass vor allem ESG und Digitalisierung viele Berührungspunkte haben. Die Burghauptmannschaft Österreich hat in den letzten Jahren schon viele Projekte durchgeführt, um die Energieeffizienz historischer Gebäude zu steigern. Im Rahmen ihrer Bauprojekte wahrt sie das ökologische und ökonomische Gleichgewicht im gesamten Planungsablauf. Daher wurde im Frühjahr 2021 beschlossen, ein effizientes Energie-Monitoring einzuführen. Es sollte sowohl die Berichtspflichten als auch die Ableitung von gezielten Maßnahmen auf Basis der Verbrauchsdaten ermöglichen.

Das von Reinhard Sahl und Peter Lund von der Burghauptmannschaft vorgestellte System basiert auf IoT-Messgeräten aus europäischer Produktion, die über ein eigenes „Non trusted“ WLAN vernetzt sind. Die Daten werden zentral gesammelt und stehen allen relevanten Personen zur Verfügung. Dabei setzt das System bei der Datenbank und der Analytik auf frei verfügbare Softwaresysteme, die die großen Datenmengen dennoch rasch und effizient verarbeiten können. 

Nur wenn man weiß, wie sehr Gebäude genutzt werden, kann man auch sicherstellen, dass Energie nicht verschwendet wird, waren sich Reinhold Sahl und Peter Kund einig. Ein gelungenes Beispiel für Nachhaltigkeit, die auch im denkmalgeschützten Bestand funktioniert. Reinhold Sahl möchte diese Lösung auch für andere Objekte weiterentwickeln.

Ein vergleichbares Bild hat der online zugeschaltene Vortrag von Pradeep Lala, CEO der Embassy Services India, gezeigt. Die Embassy Group ist nicht nur Entwickler und Eigentümer, sondern auch Betreiber von Immobilien in allen Assetklassen. 

Die Embassy Group verantwortet zum Beispiel den Betrieb des größten IT-Parks in Asien. Auch Pradeep Lala setzt auf IoT und direkte Vernetzung der Messgeräte und Sensoren. Er geht sogar noch einen Schritt weiter: Neben dem Medienverbrauch werden die Füllstände der Dieselversorgung, das Raumklima, vor allem der Serverräume, überwacht – all das, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter, aber auch der IT-Landschaft, sicherzustellen. Die Lösung liegt im automatischen Monitoring per IoT, der Analyse per Big Data und teilweise auch schon in der Automatisierung per Maschine-Learning. 

Die Embassy Group geht hier über das klassische ESG oder Carbon Reporting hinaus und legt einen großen Schwerpunkt auf die soziale Komponente, indem sie viele lokale Initiativen wie Schulen und Spitäler fördert, um den Menschen insgesamt ein besseres Leben zu ermöglichen. Das sollte ein Beispiel für Europa sein

Resümee

Auch wenn der Kongress eher auf Immobilien-Entwickler und professionelle Betreiber abzielt, zeigt sich anhand dieser Entwicklungen, dass sich die Gemeinden als Besitzer und Betreiber von rund 60.000 Gebäuden auf Änderungen einstellen werden müssen. Das wird vielleicht nicht morgen sein, aber in ein paar Jahren wird das Betreiben einer Immobilie anders laufen als heute noch. 

Der 14. Internationale Facility Management Kongress

Der Internationale Facility Management Kongress, kurz IFM, ist ein seit Jahren etablierter Treffpunkt österreichischer und internationaler Experten und Vordenker der Immobilienbranche. 

Prof. Alexander Redlein vom Institut für Immobilien und Facility Management der TU Wien, fasste die drei wichtigsten Themen der Immobilienbranche 2021 – Covid-19 und seine Auswirkungen auf Büros, hybride Office-Welten und ESG – zu einem spannenden Zwei-Tages-Event zusammen.