Frau betreut zwei Kinder in der Schule
Sollten für die Gemeinden keine Zuschüsse für bestehendes Betreuungspersonal mehr bereitgestellt werden, dann wären sie gezwungen, die Betreuungsbeiträge für Eltern massiv zu erhöhen.
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Ganztägige Schulangebote - Ausbau oder Rückbau?

Die Bund-Länder-Vereinbarung über den Ausbau ganztägiger Schulangebote läuft Mitte des Jahres aus. So nicht rasch eine Lösung im Bildungsinvestitionsgesetz gefunden wird, erhalten Gemeinden, die bislang ausgebaut haben, keinerlei Personalkostenzuschüsse mehr.

Seit Beginn der Ausbauinitiativen im Bereich ganztägiger Schulangebote vor rund zehn Jahren erhalten Gemeinden auf Grundlage einer Artikel 15a B-VG-Vereinbarung des Bundes mit den Ländern neben einem einmaligen Investitionszuschuss für infrastrukturelle Maßnahmen laufend Personalkostenzuschüsse für die Bereitstellung des für ganztägige Schulangebote erforderlichen Betreuungspersonals, in den letzten Jahren bis zu 9000 Euro pro Gruppe und Jahr.

Dieser Zuschuss ist notwendig, da auf diese Weise die Betreuungsbeiträge für die Eltern zum einen sozial gestaffelt und zum anderen in einem Rahmen gehalten werden können, der von Seiten der Eltern leistbar ist.

Bestehende ganztägige Angebote gehen ab kommendem Schuljahr leer aus

Nachdem die Vereinbarung Mitte des Jahres 2019 ausläuft und das Bildungsinvestitionsgesetz in seiner derzeitigen Fassung keinerlei Abhilfe für bereits bestehende Betreuungsangebote vorsieht, herrscht dringender Handlungsbedarf. Das Bildungsinvestitionsgesetz sieht zuweilen nur für neue ganztägige Betreuungsangebote (Infrastruktur und Personal) Mittel vor, bereits bestehende ganztägige Schulangebote auf Basis der Art. 15a B-VG-Vereinbarung sind vom Bildungsinvestitionsgesetz nicht erfasst und gehen daher ab kommendem Schuljahr leer aus.

Gemeinden haben keine Planungssicherheit

Mangels Planungssicherheit stehen Gemeinden vor einem Dilemma: Für die Gemeinden, die bereits ganztägige Schulformen anbieten und bislang Personalkostenzuschüsse aus der Vereinbarung erhalten haben, ist diese Situation mehr als unbefriedigend.

Letztlich sind die Gemeinden angehalten, in den nächsten Wochen und Monaten die Betreuungsbeiträge für das kommende Schuljahr festzulegen, haben jedoch keinerlei Planungssicherheit, da sie nicht wissen, ob und in welcher Höhe ab kommendem Schuljahr Personalkostenzuschüsse für bereits bestehende Angebote ausbezahlt werden.

Sollten keine Zuschüsse für bestehendes Betreuungspersonal mehr bereitgestellt werden, dann wären Gemeinden gezwungen, die Betreuungsbeiträge für Eltern massiv zu erhöhen. Das würde neben herber Kritik von Seiten der Eltern, die die komplexen Finanzierungsstrukturen nicht kennen, zu zahlreichen Abmeldungen von ganztägigen Betreuungsformen führen und Zweck und Ziel der Bereitstellung ganztägiger Schulformen konterkarieren.

Gemeinden müssen Beiträge erhöhen

Letztlich geht es beim Ausbau ganztägiger Schulangebote um die Schaffung der Möglichkeit, Beruf und Familie in Einklang zu bringen. Diese Vereinbarkeit ist aber nicht gegeben, wenn durch hohe Betreuungsbeiträge am Ende eines Tages der Anreiz verloren geht, dass beide Elternteile einer Vollbeschäftigung nachgehen.

Alternativen zu deutlichen Erhöhungen der Betreuungsbeiträge haben die Gemeinden nicht. Aus dem allgemeinen Budget lässt sich diese Finanzierungslücke kaum schließen.

Geradezu unmöglich erscheint dieser Weg vor allem im ländlichen Raum bzw. überall dort, wo es wenige Betreuungsgruppen gibt. Denn dort, wo es selbst bei (mühsamer) Zusammenfassung mehrerer Schulstandorte (oder Arten) nur wenige Betreuungsgruppen gibt, sind die Kosten pro Schüler besonders hoch. Wenige Betreuungsgruppen bedeuten auch wenig Spielraum und Manövriermasse: Eine Zusammenlegung von Gruppen an Randzeiten ist schlicht nicht machbar, die Organisation der Bereitstellung von Ersatzpersonal im Krankheitsfall ungleich schwieriger usw.

Zurückfahren des Angebots ist politisch kaum möglich

Inwieweit Gemeinden mangels Finanzierbarkeit bestehende ganztägige Schulangebote zurückfahren können/dürfen, ist eine rein rechtstheoretische Frage, denn allein politisch ist es kaum durchzusetzen. Sollten aber Gemeinden ohnehin keine andere Wahl haben, als tatsächlich die Betreuungsbeiträge deutlich zu erhöhen, käme das infolge von Abmeldungen bzw. mangels Anmeldungen der Kinder zur ganztägigen Betreuung ohnedies auf dasselbe hinaus. 

Dauerhafte Finanzierung erforderlich

Vertrauenerweckend ist diese Situation für niemanden, weder für Eltern, für Kinder, noch für das Betreuungspersonal und schon gar nicht für Gemeinden, gleich ob sie in der Vergangenheit ausgebaut haben oder zukünftig ausbauen wollten.

Im Juli letzten Jahres wurde im Ministerrat ein Beschluss gefasst, der eine Novelle dahingehend vorsieht, dass auch Gemeinden Personalkostenzuschüsse aus dem Bildungsinvestitionsgesetz erhalten sollen, die aufgrund der Art. 15a B-VG-Vereinbarung in der Vergangenheit ganztägige Schulangebote geschaffen bzw. ausgebaut haben.

Die Novelle des Bildungsinvestitionsgesetzes steht noch aus, weiterhin offen ist, in welchem Ausmaß sich die Zuschüsse bewegen und in welchen zurückliegenden Zeiträumen Ausbaumaßnahmen ergriffen worden sein müssen, damit Gemeinden auch zukünftig Mittel für das Betreuungs- bzw. Freizeitpersonal erhalten.

Nachdem die Zeit drängt, sollte rasch eine Lösung gefunden werden. Allein der Planungssicherheit und der Intention ganztägiger Schulangebote wegen sollten alle Gemeinden, die bislang investiert haben, Personalkostenzuschüsse erhalten. Vordergründig ist eine tragfähige (Übergangs-)Lösung bis zum Ende der laufenden FAG-Periode bzw. bis zum Ende des Schuljahres 2021/22 notwendig.

Eine abschließende und dauerhafte Lösung inklusive der Frage der Zuständigkeit für die Bereitstellung des Betreuungspersonals könnte und sollte hernach im Rahmen des neuen Finanzausgleichs ab 2022 erzielt werden.