Freizeitwohnsitze
Freizeitwohnsitze sind Gebäude oder Wohnungen, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden.
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Freizeitwohnsitze, Airbnb und Co in Tiroler Gemeinden

Leistbares Wohnen ist wohl eines der brennendsten, auch kommunalpolitischen Themen dieser Tage. Nicht selten wird diese Problematik in einem Atemzug mit (illegalen) Freizeitwohnsitznutzungen in diversen Ausprägungen (z. B. auch im Zusammenhang mit Investorenmodellen oder Airbnb) genannt, die als Preistreiber für die derzeit explodierenden Immobilienpreise mitverantwortlich gemacht werden. Dennoch hört man oft, dass es endlich effektive gesetzliche Regelungen bräuchte, um diesen Problemen wirkungsvoll entgegentreten zu können. Doch stimmt das? Dieser Artikel soll einige Anregungen hinsichtlich der (erstaunlich zahlreichen) Möglichkeiten geben, die gesetzlich jetzt schon vorhanden sind, um illegale Freizeitwohnsitznutzungen effektiv zu bekämpfen.

Eingangs muss für weitere Diskussionen über das Thema „Freizeitwohnsitz“ der gemäß Tiroler Raumordnungsgesetz (TROG) sehr weit gefasste gesetzliche Tatbestand klargestellt werden: Demnach sind nämlich Freizeitwohnsitze „Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden [Anm.: somit theoretisch auch einzelne Zimmer], die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder sonst nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden“.

Bei dieser weiten Definition für Freizeitwohnsitze („FWS“) gibt es natürlich Ausnahmen, etwa für Gastgewerbebetriebe, Kurheime, Privatzimmervermietung und Ferienwohnungen. Letztere sind jedoch etwa in Neubauten ab 1996 nur zulässig, wenn der Vermieter im selben Gebäude seinen Hauptwohnsitz hat, was ebenso für die Privatzimmervermietung gilt. Wer also z. B. eine Neubauwohnung in einem Gebäude, in dem er nicht selbst wohnt, per Airbnb vermietet, schafft damit zweifelsfrei einen unzulässigen Freizeitwohnsitz.

Mindestkriterien sollen Missbrauch verhindern

Der allgemeinen Diskussion in diesem Zusammenhang unterliegen auch die sogenannten „Investorenmodelle“: Damit bezeichnet man in Form von Wohneigentum aufgeteilte Gebäude, deren Apartments an meist mehrere Investoren verkauft werden und nachfolgend (überwiegend von dritten Betreibern) als Gastgewerbebetrieb geführt werden; solche Apartments müssen konkret einer Buchung durch dritte Gäste offen stehen, wenn sie unter die Ausnahme für Gastgewerbebetriebe fallen sollen.

Da sich diese Konstruktionen in der Vergangenheit immer wieder als missbrauchsgeeignet erwiesen haben, hat der Gesetzgeber mit den letzten TROG-Novellen die anwendbaren Mindestkriterien immer weiter verschärft, indem etwa Gemeinschaftsräume, gastgewerbetypische Dienstleistungen wie regelmäßige Reinigung und Bettwäschewechsel sowie die ständige Erreichbarkeit einer Ansprechperson hierfür zwingend erforderlich sind.

Zulässige Ausnahmen

Was allerdings oft übersehen wird, ist, dass der Gesetzgeber auch Gegenausnahmen zum Gastgewerbebetrieb statuiert hat, nämlich wenn (wie im klassischen Investorenmodell) Wohnungseigentum besteht, und die Räumlichkeiten vom Eigentümer oder seiner Familie (zumindest zu nicht drittvergleichsfesten Konditionen) selbst genutzt werden, oder für den Eigentümer Verfügungsrechte bestehen, die über den üblichen Inhalt gastgewerblicher Beherbergungsverträge hinausgehen. Solche Konstruktionen sind unzulässig.

Touristische Nutzung entzieht Wohnraum

Tatsache ist somit, dass zwar zulässige Gastgewerbekonstruktionen in oben genannten Bereichen bestehen können, in der Praxis jedoch evidenter Maßen auch immer wieder (quasi-)touristische Nutzungen betrieben werden, die Wohnraum einer unzulässigen Freizeitwohnsitznutzung zuführen und damit gleichzeitig dem regulären Markt entziehen.

Parallel resultiert daraus auf Grund höherer Renditenerwartungen gegenüber einer klassischen Vermietung, dass im Rahmen von Anlagewohnungen die Grundstücks- und Wohnungspreise weiter unnatürlich angefeuert werden.

Welche Gesetze sind für Freizeitwohnsitze einschlägig?

Neben dem TROG finden sich einschlägige Regeln für Ferienwohnsitze in zahlreichen anderen Gesetzen, etwa in der Tiroler Bauordnung 2018 (TBO), dem Meldegesetz oder im Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003, das schon bisher (gerade von Airbnb-Vermietern) gerne übersehen, jedoch im Jahr 2019 u. a. hinsichtlich der Anzeige-, Melde- und Registrierungspflichten nochmals nachgeschärft wurde.

Zusätzlich wird mit 1. Jänner 2020 das Tiroler Freizeitwohnsitzabgabegesetz (TFWAG) in Kraft treten, das neue freizeitwohnsitzbezogene Abgaben und erweiterte Datenverarbeitungsberechtigungen für die Gemeinden statuiert, die den greifbaren „Strauß“ an verfügbaren Informationen weiter aufweiten werden.

Den Gemeinden kommen in all diesen Gesetzen erhebliche Ermittlung- und Mitwirkungsrechte bis hin zu klassischen Sanktionierungsrechten zu, sodass diese aktiv tätig werden können.

Dies gilt auch im Bereich von Verwaltungsstrafverfahren. Zwar ist in den Materiengesetzen hinsichtlich der Verwaltungsstrafbestimmungen in der Regel die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig, jedoch kommt der Gemeinde als Anzeigerin und Übermittlerin relevanter Grundlageninformationen im Rahmen der durchgeführten Ermittlungsverfahren ein mitentscheidender Faktor für die Erfolgsaussichten derartiger Strafverfahren zu.

Was kann die Gemeinde konkret gegen illegale Freizeitwohnsitze tun?

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gehört die Behandlung von Freizeitwohnsitzen zum sogenannten „eigenen Wirkungsbereich“ der Gemeinden, sohin zum Kernbereich kommunaler Verantwortlichkeit. Politisch wird das gleichlautend auch für die Verfügbarkeit leistbarer Wohnmöglichkeiten gelten, sodass sich hieraus grundlegend gleichlautende Interessenslagen ergeben.

Rechtlich sieht nun etwa die Tiroler Bauordnung (TBO= schon präventiv relevante Durchgriffsmöglichkeiten für die Baubehörde vor; so kann die Behörde etwa bei Verdacht, dass Freizeitwohnsitze geschaffen werden sollen, zusätzliche Nachweise und Angaben des Antragstellers verlangen.

Aber auch bei fertiggestellten Objekten kann die Baubehörde bei Verdacht auf illegale Freizeitwohnsitznutzung – etwa bei Angeboten auf öffentlichen Buchungsplattformen - nach der Bauordnung vorgehen, stellt eine derartige Nutzung baurechtlich doch eine (bewilligungspflichtige) Änderung des Verwendungszweckes dar. Wenn sich ein solcher Verdacht ergibt, hat die Baubehörde u. a. die Berechtigung zur Vernehmung des Eigentümers, der Betretung des Gebäudes bis letztlich hin zur Untersagung der Benützung des Gebäudes.

Selbstredend fungiert die Gemeinde im Zusammenhang mit illegalen Freizeitwohnsitznutzungen – wie oben bereits angeführt - als zentrale Anzeigerin im Zusammenhang mit diesbezüglichen baurechtlichen Verwaltungsstrafbestimmungen und verfügt auch über Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren nach dem Raumordnungsgesetz unter Einschluss von Beschwerde- und sogar Revisionsrechten an das Landesverwaltungsgericht bis hin zum VwGH.

Wohnsitzerklärung kann verlangt werden

Nach dem Meldegesetz kann der Bürgermeister als Meldebehörde zudem etwa eine Wohnsitzerklärung verlangen, wenn ein Verdacht besteht, dass eine (Haupt-)Wohnsitzmeldung falsch ist. Er kann weiters vom Verfügungsberechtigten Auskunft darüber verlangen, wem dieser in den letzten sechs Monaten Unterkunft gewährt hat oder gerade gewährt.

Gäste müssen gemeldet werden

Nach dem Aufenthaltsabgabegesetz muss letztlich jeder Unterkunftgeber unverzüglich dem Tourismusverband seine Gäste melden (das gilt übrigens auch für Private) und die Aufenthaltsabgabe abführen; vergleichbares gilt im Zusammenhang mit dem Grundstückseigentümer hinkünftig gemäß TFWAG gegenüber der Gemeinde.

Nach dem Aufenthaltsabgabegesetz gibt es zudem eine Bestimmung, wonach der jeweilige Tourismusverband der Gemeinde Zugriff auf sein Register zu geben hat, „soweit dies zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich erforderlich ist“, was mit guten Gründen wohl auch zur Ausforschung von illegalen Freizeitwohnsitzen gelten muss.

Daten und Infos sammeln

Zusammengefasst kann somit festgehalten werden, dass die Verfolgung illegaler Freizeitwohnsitznutzungen letztlich die faktische Zusammenführung verschiedener, teilweise gänzlich öffentlicher (z. B. Auftritte auf Airbnb/Buchungsplattformen) Daten und Informationen erfordert. Abweichend zur oft vertretenen Meinung stehen den Gemeinden in der Folge ausreichende rechtliche Mittel zur Verfügung, um Rechtsverstöße zu verfolgen und auch wirkungsvoll zu sanktionieren, wie auch die jüngere Spruchpraxis des Landesverwaltungsgerichts zu mehreren Anlassfällen konkret zeigt.

Diese Möglichkeiten müssen aber natürlich aktiv ausgenutzt werden, auch wenn das oft mühsame und langwierige Verfahren nach sich zieht. Dass hierdurch mittel- bis langfristig in gewissen Gebieten ein spürbarer Effekt auf die Immobilienpreise und Wohnungsverfügbarkeiten zu erzielen ist, steht unserer Ansicht nach außer Zweifel – die Aktivierung der Verfolgungsmechanismen ist aber letztlich eine politische Frage.