Toleranzpreis für Hannes Swoboda
Der langjährige EU-Parlamentarier Hannes Swoboda wurde für sein politisches Lebenswerk ausgezeichnet.
© Kampitsch

Demokratie

Europa-Staatspreis für Europäische Toleranzgespräche

Das historisch bedeutsame Bergdorf Fresach hat sich zum Schauplatz für ein Forum für die Auseinandersetzung mit Demokratie, Menschenrechten und Integration entwickelt.

Das idyllische Bergdorf Fresach in Kärnten, ist nicht nur als Heimatort der Schilegende Franz Klammer bekannt, sondern auch als geschichtsträchtiger Ort. Fresach war einer von wenigen Orten in Kärnten, in denen sich nach dem Toleranzpatent von Kaiser Josef II. im Oktober 1781 eine evangelische Gemeinde konstituieren konnte. Fresach war vom 17. bis ins 18. Jahrhundert ein Zentrum des Geheimprotestantismus, das Toleranzpatent eine Befreiung und daher ein Signal für den Neuanfang. Ein historisches Bethaus aus Stein ist ein wertvolles Baudenkmal der Toleranzzeit und bis heute als Teil des Toleranzzentrums unverändert erhalten.

Mit der Landesausstellung 2011 „Glaubwürdig bleiben – 500 Jahre protestantisches Abenteuer“ setzte die evangelische Kirche und die Gemeinde Fresach einen vorläufigen Höhepunkt unter die Geschichte der Verfolgung und Unterdrückung und komplettierte den öffentlichen Platz mit einem eigenen Museum.

Europäische Toleranzgespräche wollen Verständnis für Demokratie, Menschenrechte, Toleranz und Integration fördern

Als eine wesentliche Weiterentwicklung wurde seit 2015 jährlich zu Pfingsten führende Denkerinnen und Denker aus Politik, Wissenschaft, Theologie, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft versammeln, um im Rahmen der Europäischen Toleranzgespräche zentrale gesellschaftliche Themen zu erörtern. Die Gespräche zielen darauf ab, ein breites Verständnis für Demokratie, Menschenrechte, Toleranz und Integration zu fördern.

Das Forum hat sich nicht nur als bedeutendes Kulturereignis etabliert, sondern auch als wichtiger Impulsgeber für die Diskussion aktueller Herausforderungen. Die Landesausstellung 2011, die das protestantische Erbe Kärntens beleuchtete und knapp 70.000 Besucher anzog, setzte den Fokus auf die lebendige Geschichte und die Gegenwart der evangelischen Gemeinschaft in der Region. Dieses Ereignis bildete den Auftakt für das Evangelische Diözesanmuseum und etablierte Fresach als einen Ort des gelebten interkulturellen Dialogs.

Die architektonische Gestaltung des Museums, entworfen vom renommierten Vorarlberger Büro Marte.Marte und mehrfach preisgekrönt, fügt sich in seiner zeitgemäßen monolithischen Formgebung in die dörfliche und natürliche Umgebung Fresachs ein und bietet einen würdigen Rahmen für die Auseinandersetzung mit den kirchlichen und kulturellen Schätzen der Diözese. Das Ensemble aus Kirche, Bethaus, Pfarrhaus und Friedhof ist nicht nur ein Zeugnis der protestantischen Tradition, sondern auch ein Symbol für die Offenheit und Dialogbereitschaft, die Fresach auszeichnet.

Evangelisches Diözesanmuseum
Das Evangelische Diözesanmuseum fügt sich in seiner monolithischen Formgebung in die dörfliche und natürliche Umgebung Fresachs ein Foto: Marc Lins

Diese Gespräche haben Fresach auf die Landkarte der wichtigen europäischen Dialogforen gesetzt und zeigen, dass selbst in einer kleinen Gemeinde große Ideen Raum finden können. Die Veranstaltungen sind ein lebendiges Beispiel dafür, wie lokale Initiativen globale Themen aufgreifen und zur Stärkung demokratischer Werte beitragen können.

Weiterer Ausbau angedacht

Initiiert wurden die Gespräche von Manfred Sauer, dem Superintendenten der evangelischen Kirche und der ehemaligen Superintentialkuratorin Helli Thelesklaf gemeinsam mit dem Kommunikationsexperten Wilfried Seywald sowie Peter Nageler und Roland Gruber, den beiden Gründern des Architekturbüros nonconform, die alle Wurzeln im Ort und der Region haben.  Als Trägerverein wurde der Denk.Raum.Fresach ins Leben gerufen und mit dem ehemaligen Europapolitiker Hannes Swoboda ein Präsidenten mit europäischer Vernetzung zum Vorsitzenden des Kuratoriums bestellt.

Mit Blick auf die Zukunft plant der Verein, die Veranstaltung weiter auszubauen, um noch mehr internationale Gäste anzuziehen und junge Menschen stärker einzubinden. Fresach bleibt damit ein zentraler Ort für die Förderung von Toleranz und demokratischen Werten in Europa.

Toleranzpreis

Die Verantwortlichen des Denk.Raum.Fresach vergeben seit 2018 darüber hinaus den Toleranzpreis (alle Preisträger:innen siehe unten), wagen sich an bisher unangetastete Themen und Fragestellungen heran und verfassen dazu auch eine Charta. Durch die direkte Nähe zu Einheimischen wie Gästen schaffen sie ungeahnte Dynamik und vielfältige neue Beziehungen, bauen politische, religiöse und interkulturelle Brücken. Sie tragen so dazu bei, die große europäische Idee in der kleinen Gemeinde zu erleben. Das evangelischen Museumsviertel hat mit den Europäischen Toleranzgesprächen einen neuen Fixpunkt auf der europäischen Kulturlandkarte geschaffen hat.

Europa-Staatspreis 2024

Die Europäischen Toleranzgespräche wurden von Europaministerin Karoline Edtstadler im Mai 2024 mit dem Europa-Staatspreis 2024 ausgezeichnet.

„Fresach trägt mit den Europäischen Toleranzgesprächen maßgeblich zur Erreichung der gemeinsamen Ziele der europäischen Verständigung und der Stärkung des Europabewusstseins bei“, so die Begründung der Fachjury, die sich aus Landjugend Österreich (Valentina Gutkas), Gemeindebund (Generalsekretär Walter Leiss), dem Magazin KOMMUNAL (Chefredakteur Hans Braun), dem Fachmagazin public (Barbara Rauhofer) und der EU-Gemeinderätin Carmen Kiefer zusammensetzte. „Mit unserer klaren Entscheidung holen wir ein außerordentliches Projekt vor den Vorhang“, so Valentina Gutkas, die Sprecherin der Jury.

Preisverleihung mit Ministerin Karoline Edtstadler
Preisverleihung mit Ministerin Karoline Edtstadler 

Hinweis auf 2025

Die 11. Europäischen Toleranzgespräche finden von 5. Bis 7. Juni 2025 unter dem Titel „Wahnsinn – Welt in Un-Ordnung?“ statt und widmen sich dem Wahnsinn der Macht und der (verletzten) Würde des Menschen, sie behandeln die Spaltung und Polarisierung der Gesellschaft und die Empörung und Wut des einzelnen Bürgers, der sich vermeintlich überfordert und übervorteilt sieht.

Die Themen der ersten zehn Jahre

Jedes Jahr stand ein kontroversielles Thema im Mittelpunkt. Als roter Faden ziehen sich die Themen Demokratie & Menschenrechte, Toleranz und Integration durch.

  • Wie weit geht Toleranz? >> Wie weit geht Europa? (2015)
    Die Grenzen Europas >> Menschenrechte und die Folgen des Klimawandels (2016)
  • Die Zukunft der Freiheit >> Europas Zivilgesellschaft und die Folgen der Globalisierung (2017)
  • Sehnsucht nach Europa >> Über die Suche nach dem verlorenen Paradies (2018)
  • Heimat Fremde Erde >> Wem gehört Europa? (2019)
  • Exodus – Auszug aus dem Vertrauten >> Aufbruch in eine neue Freiheit (2020)
  • Fairness – Die neue Globalisierung >> Toleranz in Zeiten der Pandemie (2021)
  • Wandel – Wie kommt das Neue ins System >> Das Neue und das Ganze (2022)
  • Wachstum am Ende – Was jetzt? >> 50 Jahre Club of Rome Report (2023)
  • Wahrheit – Was ist wirklich? >> Strategien gegen die Desinformation (2024)

Die gesamte Arbeit des Denk.Raum.Fresach ist auf der Webseite http://www.fresach.org dokumentiert. Die Videoaufzeichnungen auf youtube verfügbar

Toleranzpreisträger:innen seit 2018:

  • 2018: Doğan Akhanli für sein Zutiefst humanistisches Werk
  • 2019: Sonja Boumad für die Interkulturelle Verständigung
  • 2020: Erna Pfeiffer für die Überwindung von Sprachbarrieren
  • 2021: Heinz Nußbaumer als Pilger im Meer aufgeregter Stimmen
  • 2022: Sieglinde Rosenberger für die Leidenschaft von Demokratiebildung
  • 2023: Michael Bünker für den Guten Kampf des Glaubens
  • 2024: Radka Denemarková für Ihr Engagement für die Wahrheit
  • 2024: Hannes Swoboda für sein politisches Lebenswerk