Gemeinden und Regionen wollen den Klimawandel bekämpfen, sich aber auch auf die Folgen des Wandels vorbereiten.
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Erfahrungen der Klima- und Energie-Modellregionen

12. Dezember 2019
Es ist einerlei, ob eine Gemeinde als Klima- und Energieregion (KEM) mit Partnern, als Klimawandelanpassungsregion oder als „Small Smart City“ etwas für die Zukunft unternehmen will: An den Service- und Fördereinrichtungen des Klimafonds führt kein Weg vorbei. Bürgermeister berichten über ihre Erfahrungen.

KOMMUNAL hat sich, was die Angebote des Klimafonds betrifft, mit Partnern kurzgeschlossen und nachgefragt, wie die Kooperation funktioniert. Wir haben mit den Bürgermeistern Franz Zach (Öblarn, für das Programm KLAR!), Martin Bruckner (Großschönau, KEM) und Georg Rosner (Oberwart, Small Smart Citys), die jeweils an einem der Programme teilnahmen, gesprochen. Die Rückmeldungen waren durch die Bank positiv.

Bürgermeister Franz Zach, Öblarn (Stmk.)

Herr Zach, der Klimawandel ist auch in der „KLAR! Zukunftsregion Ennstal“ eine große Herausforderung. Wie macht sich der Wandel bei Ihnen in der Gemeinde bemerkbar?

Franz Zach: Das Ennstal ist als alpine Region stärker vom Klimawandel betroffen als der europäische Durchschnitt. Im Jahr 2017 hatten wir eine Hochwasserkatastrophe, die sich sicher auf den Klimawandel zurückführen lässt. 
Bei uns in den Bergen bilden sich jetzt häufiger Gewitterzellen, die innerhalb kürzester Zeit enorme Niederschläge mit sich bringen. Andererseits gibt es aber auch immer mehr Hitzetage und lange Dürreperioden.

Franz Zach, Bürgermeister von Öblarn
Franz Zach, Bürgermeister von Öblarn: „Beantragung und Abwicklung der Förderung über die Klimawandel-Anpassungsmodell-region haben gut und unbürokratisch funktioniert.“

Können Sie uns Beispiele geben, wie sich dieser Wandel auf die Landwirtschaft und auf den Tourismus auswirkt?

Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft sind Konzepte gefragt, um aktiv den möglichen Gefahren (z. B. Änderungen der Baumbestände) begegnen zu können. Andererseits können sich auch Chancen ergeben, etwa was unseren Wasserreichtum und die Grünlandwirtschaft betrifft.
Schneearme Winter in den vergangenen Jahren zeigen, dass intensiv an neuen Konzepten für den Tourismus gearbeitet werden muss.

„KLAR!“ steht für „Klimawandel-Anpassungsmodellregion“. Über diese Initiative kann man als Gemeinde auch Förderungen beantragen. Wie haben Sie diesen Vorgang erlebt?

Die Beantragung und die Abwicklung der Förderung haben gut und unbürokratisch funktioniert. 

Das Programm ist in vier Phasen unterteilt: Antrag, Konzept, Umsetzung sowie Adaptierung und Weiterführung. In welcher Phase befindet sich Öblarn und was sind die nächsten Schritte?

Die Zukunftsregion Ennstal befindet sich derzeit am Ende der Umsetzungsphase. Das heißt, wir haben im Zuge der zweijährigen Umsetzungsphase zwölf Maßnahmen in den drei Gemeinden Öblarn, Sölk und Michaelerberg-Pruggern umgesetzt.

Die letzten Schritte werden derzeit abgeschlossen. So z. B. die Einweihung des klimafitten Schulhofes der NMS Stein/Enns, die Eröffnung der beiden DemoWald-Lehrpfade im Sattental und in der Kleinsölk und die Demonstration von kofinanzierter Ausrüstung der Ortsfeuerwehren für den Katastrophenfall.

Als nächstes ist die Definition und Planung neuer Maßnahmen für die Phase vier (Adaptierung und Weiterführung) gemeinsam mit Akteuren der Region geplant.

Was ist Ihre Vision für die Zukunftsregion Ennstal?

Wir wollen, dass sich mehr Familien und junge Menschen für die Region als Lebensmittelpunkt entscheiden. Dazu müssen wir die regionale Wirtschaft ankurbeln ...

Bürgermeister Martin Bruckner, Großschönau (NÖ)

Herr Bruckner, die „KEM Sonnenwelt Großschönau“ hat sich mit dem Motto „Übermorgen selbst versorgen – Jeder Schritt zählt“ zum Ziel gesetzt, im Rahmen des Programms Klima- und Energiemodellregion bis 2030 energieautark zu werden. Wie will man das erreichen?

Martin Bruckner: Wir wollen einerseits mehr erneuerbare Energie verwenden und andererseits die Energie effizienter einsetzen. Und zwar sowohl im privaten als auch im kommunalen Bereich und in den Unternehmen.

Durch Aufklärungsarbeit und Motivation soll die Bevölkerung dazu angespornt werden, Energie effizienter einzusetzen. Wie gehen Sie hier vor?

Wie sind derzeit im elften Jahr der Klima- und Energiemodellregion. Seit Beginn wurde eine Vielzahl von Maßnahmen gesetzt, um die Menschen zu einem effizienteren Umgang mit Energie zu motivieren. Etwa Vortragsabende, Infoveranstaltungen, Exkursionen oder auch die Vermittlung von Informationen in den Gemeindezeitungen und auf den Homepages.

Derzeit sind wir Modellregion für die Aktion „Raus aus dem Öl“ und bieten All-inclusive-Beratungspakete an, in die unter anderem auch Installateure eingebunden werden. So kann der Bürger Gewissheit haben, dass er fachlich fundiert informiert wird, wenn er seine Heizung umstellt.

Teil des Projekts sind auch Maßnahmen zur Förderung alternativer Mobilität – man setzt vor allem auf das Fahrrad. Wie läuft das?

Wir haben mittlerweile erreicht, dass Elterntaxis bei uns verpönt sind. Wer sein Kind zur Schule begleiten möchte, soll das zu Fuß oder mit dem Fahrrad machen und nicht mit dem Auto. Wenn ein Kind in einem abseits gelegenen Dorf wohnt, wird es ohnehin mit dem Schulbus in die Schule gebracht.

Wenn wir wollen, dass mehr mit dem Rad gefahren wird, muss man Gleichberechtigung zwischen den Verkehrsmitteln herstellen. Das mussten wir Entscheidungsträger erst lernen. Wichtig ist dabei, dass es möglich wird, sicher mit dem Rad vom Dorf ins Zentrum zu gelangen. Dafür haben wir Radwege ausgebaut und Leitsysteme entwickelt, wo man sehen kann, welche Entfernungen und wie viele Höhenmeter zurückzulegen sind.

Martin Bruckner, Bürgermeister von Großschönau: „Derzeit sind wir Modellregion für die Aktion ,Raus aus dem Öl‘ und bieten All-inclusive-Beratungspakete an.“

Wo es Radwege entlang stark befahrener Straßen gibt, achten wir darauf, dass sie in gutem Zustand sind, sodass man sicher in die Hauptorte gelangen kann. Auch innerhalb der Dörfer ist es wichtig, dass Schulen, Kindergärten, Feuerwehrhäuser etc. gut zu Fuß oder per Rad erreichbar sind.

In Ihrer Gemeinde Großschönau gibt es die Erlebnisausstellung SONNENWELT, die zur Bewusstseinsbildung für Klimaschutz und Energieeffizienz beitragen soll. Wie wird die Sonnenwelt in die Klima- und Energiemodellregion einbezogen?

Es kommen immer wieder Gruppen aus der Region in die Sonnenwelt, um sich über Energiesparmaßnahmen zu informieren. Die Sonnenwelt strahlt aber weit über die Region, ja sogar über Niederösterreich hinaus, wenn es um die Themen Klimaschutz und Energieeffizienz geht.

Martin Bruckner, Bürgermeister von Großschönau
Martin Bruckner, Bürgermeister von Großschönau: „Derzeit sind wir Modellregion für die Aktion ,Raus aus dem Öl‘ und bieten All-inclusive-Beratungspakete an.“

Welche positiven Entwicklungen können Sie in Ihrer in den Regionen durch die KEM-Förderung feststellen?

Klimaschutz braucht die Energiewende. Die Energiewende funktioniert aber nur, wenn es in der Region jemanden gibt, der das Thema ständig vorwärts treibt. Die Wirtschaft spricht zwar neuerdings ständig von Nachhaltigkeit, aber um Nachhaltigkeit in der Energieversorgung herzustellen, braucht es andere Treiber.

Ohne Unterstützung des Klima- und Energiefonds, ohne das ständige Anstupsen an Nischenthemen wäre es nicht möglich, dass man diese Bewusstseinsbildung erreichen könnte.

Bürgermeister Georg Rosner, Oberwart (Bgld.)

Herr Rosner, die „Smart City Oberwart“ entwickelt gerade das Smart City-Projekt „Loadshift Oberwart“. Worum geht es dabei?

Georg Rosner: Da uns Wind- und Sonnenenergie nicht zu jeder Zeit zur Verfügung stehen, müssen Maßnahmen im Sinne der Volatilität der Erneuerbaren ergriffen werden. Zum einen werden wir unterschiedliche Speichermöglichkeiten benötigen, zum anderen müssen wir auch alle verfügbaren Lastverschiebungspotenziale nutzen.

Unserer Smart City-Vorhaben Loadshift Oberwart verfolgt genau dieses Ziel. Im Rahmen des Projekts wurden für das kommunale Umfeld typische Demonstrationsanlagen wie das Rathaus, das Wasserwerk, die Kläranlage, ein Biomasse-Heizwerk, ein Industriebetrieb und eine Wohnhauslage definiert. Für die Anlagen wurden die jeweiligen Lastverschiebungspotenziale identifiziert, die in weiterer Folge im Sinne des zukünftigen erneuerbaren Gesamtenergiesystems genutzt werden. 

Was genau ist die Innovation hinter dem Projekt?

Die gebäude- und sektorübergreifende (Strom, Wärme und Mobilität) Betrachtung des Systems sowie die Demonstration der Entwicklungen stellen eine entsprechende Innovation dar.

So konnte zum Beispiel in unserem Rathaus neben einem Photovoltaik-Carport und einer kaskadierten Wärmepumpenlösung ein sogenanntes Total Room Automationsystem (Beleuchtung, Beschattung, Heizung und Kühlung werden vollautomatisch gesteuert) realisiert werden. Unabhängig von dem resultierenden Komfort, werden durch das System Lastverschiebungspotenziale identifiziert, die über eine entsprechende Software dem Gesamtsystem zur Verfügung gestellt werden. 

Georg Rosner
Georg Rosner, Bürgermeister von Oberwart: „Wir benötigen nicht nur unterschiedliche Speichermöglichkeiten, wir müssen auch alle verfügbaren Lastverschiebungspotenziale nutzen.“


Eine Ist-Zustandserhebung wurde, soweit wir informiert sind, bereits durchgeführt. Wie ist denn das Ergebnis ausgefallen?

Wir sind schon wesentlich weiter. Das Projekt ist seit Ende August 2018 abgeschlossen und die Ergebnisse sind vollständig dokumentiert, zu finden im Blue Globe Report.

Erste anlagenspezifische Maßnahmen (Rathaus, Wasserwerk, Biomasse-Heizwerk) sind auch Dank unseres Projektleiters, Ing. Andreas Schneemann, MSc. / Energie Kompass GmbH, bereits erfolgreich umgesetzt worden.

Mehr Infos zu den einzelnen Förderprogrammen und -möglichkeiten gibt es auf www.klimafonds.gv.at