Margarete Schranböck
„Die Gemeinden sind aufgrund ihrer Nähe zum Bürger im Zentrum des Geschehens.“ Margarete Schramböck im Gespräch mit KOMMUNAL-Chefredakteur Hans Braun.

Digitalisierung ist Pflichtaufgabe

Die Corona-Krise hat überdeutlich aufgezeigt, wie wichtig der weitere Ausbau der Digitalisierung für Österreich ist. Der Weg dorthin scheint aber noch weit zu sein. KOMMUNAL hat mit Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck über ihre Ziele gesprochen.

Als Mitte März die Corona-Krise mit einem Lockdown Österreichs voll ausgebrochen ist, waren plötzlich in 2100 Gemeinden nicht nur die Menschen, sondern auch die Wirtschaft und die Verwaltung vor das Problem gestellt, soweit möglich den Betrieb im Wesentlichen digital weiterzuführen. Und binnen Tagen funktionierte das trotz vereinzelter Probleme erstaunlich gut. Das liegt aber auch daran, dass sich das digitale Angebot Österreichs deutlich verbessert hat, wie Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck im Interview erzählt.

„Digitalisierung ist ein ganz wichtiges Thema, das wir nur gemeinsam schultern und lösen können, vor allem weil es viele Komponenten umfasst. Und zwar Komponenten, die die Wirtschaft betreffen, Komponenten, die die Gesellschaft generell betreffen und auch Komponenten, die die Verwaltung betreffen. Im Bereich der Gesellschaft ist es zum Beispiel wichtig, digitale Kompetenzen zu erwerben. Das spielt gerade für Menschen, die auf dem Land, in den Gemeinden leben, eine große Rolle. Es ist wichtig, dass alle mitkommen bzw. dass sie mitgenommen werden. Vor allem der älteren Bevölkerung, den über 60-jährigen, wollen wir die Digitalisierung näherbringen.“

Fit for Internet

Schramböck setzt hier vor allem auf die sogenannten „Cafés Digital“, die wegen der Corona-Krise unterbrochen wurden. Sollte die Krise aber andauern, so Schramböck, werde man ein Fernsehformat entwickeln, damit die Initiative weitergeführt wird. Diese firmiert unter dem Begriff „Fit for Internet“. Und darin sind auch die Tausenden KMU inbegriffen. Diese sollen vor allem für den Bereich E-Commerce fit gemacht werden.

Margarete Schramböck
Margarete Schramböck: „,Fit for Internet‘ ist eine Initiative, mit der vor allem ältere Menschen, aber auch KMU die Herausforderungen der Digitalisierung meistern sollen.“

„Wir haben in der Krise gesehen, dass Geschäfte, die im stationären Handel keinen Internethandel betreiben, benachteiligt waren. Es hat sich auch gezeigt, dass Unternehmen über verschiedenste Wege mit ihren Kunden in Kontakt bleiben müssen. Das heißt, wenn wie jetzt durch den Virus alles zu Hause bleiben muss, sollte es eine Online-Lösung geben, damit die Firmen gefunden werden und bei ihnen bestellt werden kann. Die Zustellung ist dann nur der nächste Schritt“, so die Ministerin und verweist auf die Plattformen, die bereits existieren. „shöpping, willhaben oder private Plattformen wie nunukaller sind Beispiele dafür, dass man via Internet eine breite Palette von österreichischen Produkten kaufen und liefern lassen kann. Und damit meine ich nicht nur Lebensmittel, sondern praktisch alle Dinge des täglichen Bedarfs.“

Kommt ein „kommunaler Digitalbotschafter“?

Dass so eine Entwicklung auch auf Gemeinden massiven Einfluss hat, steht für Margarete Schramböck außer Frage. Sie denkt bereits an eine Weiterentwicklung des digitalen Amts. Anmelden und Ummelden sowie das Passwesen sind nur zwei der Themen, die über die offizielle Plattform oesterreich.gv.at möglich sind und weiter ausgebaut werden. Dass es dazu in den Gemeinden vor Ort jemanden brauchen wird, der die Dinge auch in die Hand nehmen kann, liegt nahe.

„Der ‚Digitalbotschafter‘ kann ein Gemeinderat sein oder ein Experte aus dem Ort, der gar nicht politisch ist. Da muss sich die Gemeinde quasi selbst entscheiden – für mich ist keine politische Funktion daran gebunden. Es sollte jemand sein, von dem man in der Gemeinde sagt: ,Hey, da habe ich einen g’scheiten Jungen, der will das gerne machen.‘ Es kann aber auch ein Gemeinderat oder ein Mitarbeiter der Gemeinde, der sagt: ,Das interessiert mich, ich will Digitalbotschafter werden.‘“

Eine Idee, die gar nicht schlecht ist. Gerade im Wirtschaftsleben zeigt sich immer wieder, dass als Erstes die IT-Landschaft im Argen liegt, wenn es keinen Zuständigen, keine Zuständige gibt, der/die sich darum kümmert. Die Digitalbotschafter können dann auch über Dinge wie Face-ID oder Fingerabdruck (diese beiden Verschlüsselungsvarianten werden als Alternative zu einem PIN-Code immer beliebter, Anm.) als Sicherungsstufe vor einem Zugriff auf offizielle Netzwerke Auskunft geben.

Schramböck: „Wir launchen nächstes Jahr die E-ID. Das ist eine Identifikationsversion, die Ihre Identität mit einem Pass quasi verknüpft. Einen Pass können Sie jederzeit verlieren, aber dann haben Sie quasi einen digitalen Pass. Die E-ID ist Ihre persönliche Identifikation, die kennen nur Sie, und die E-ID ermöglicht es nur Ihnen, bestimmte Dinge zu tun. Ab nächstem Jahr wird es die E-ID bei jeder Pass-Ausgabe dazugeben.“

Gleichzeitig betont die Ministerin, dass bei diesem Vorhaben die Datenschützer voll miteingebunden sind. Wie Schramböck aber betont, „müssen wir neue Methoden entwickeln, um mit der Digitalisierung uralte Probleme lösen“. Man müsse dazu vom Bürger ausgehend denken. Dem Bürger sei es vollkommen egal, ob jetzt Bund, Land oder Gemeinde zuständig ist. Alle drei Ebenen gemeinsam sind Staat. „Und“, so die Ministerin, „am gescheitesten sollten solche Entwicklungen so nah wie möglich an den Menschen sein. Und da kommen die Gemeinden ins Spiel, denn sie sind so nah wie nur möglich am Bürger.“

Flächendeckende Breitbandanbindung ist Grundlage

Unumgänglich ist, so die Ministerin, der rasche Ausbau der flächendeckenden Breitbandanbindung. Auch wenn Schramböck gleich darauf klarstellt, dass dieses Thema in die Kompetenz von Ministerin Elisabeth Köstinger fällt, meint sie doch, dass „Breitband die Basis für Digitalisierung ist. Wenn kein Internet da ist, dann habe zu viele Bürgerinnen und Bürger zu vielen Dingen keinen Zugang.“

Diese wichtige Komponente gibt es in zwei Formen. Und zwar auf der einen Seite mit Glasfaseranschlüssen, also „Fibre to the home“ (FTTH). Aber auf der anderen Seite ist auch mobiles Internet – das derzeit teils heftig diskutierte 5G – in Österreich extrem wichtig. Das sei ein Spe­zi­fikum, eine Besonderheit von Österreichs Topografie.

Breitband-Ausbau durch öffentliche Hand

Das größte Problem aus ihrer Sicht sind jene Gegenden in Österreich, wo aufgrund der Entfernungen private Unternehmen wegen der hohen Kosten keinen Glasfaserausbau durchführen. Diese Gegenden – beispielsweise Strecken im mittleren und südlichen Burgenland – sind darauf angewiesen, dass der Ausbau durch die öffentliche Hand durchgeführt wird.

„Und dafür ist die Breitbandmilliarde in der Vergangenheit und in der Zukunft das Thema, wie man dort den Gemeinden Anschubfinanzierungen geben kann und Förderungen für diese Regionen, damit das schneller passiert.“ Dabei seien aber, so Schramböck, auch die Gesellschaften der einzelnen Länder gefordert, gerade die in diesem Sinne benachteiligten Gegenden zu berücksichtigen. „Nehmen Sie Salzburg. Dort hat die Salzburg AG einen sehr guten Weg gefunden.“