Walter Leiss
Walter Leiss: „Trotz der regionalen Unterschiedlichkeit kann man sich ab und zu fragen, ob denn all die Projekte neu entwickelt werden müssen und man nicht einfach nur gute, funktionierende Projekte umsetzen kann, die sich in der Praxis bereits bewährt haben.“
© Philipp Monihart

Die Umsetzung der Klimaschutzziele

Vor wenigen Wochen wurde noch bei der UNO-Klimakonferenz COP 26 in Glasgow über die Klimaschutzziele debattiert und gestritten. Den einen zu viel, den anderen zu wenig – ambitioniert war die Vorgangsweise. Uneinigkeit bestand bei den Formulierungen, etwa zur Abkehr von Kohle und anderen fossilen Energieträgern. Auch der Aufruf an die Staaten, ihre Klimaschutzziele öfter als bisher vorgesehen zu überprüfen, wurde eingeschränkt. 

Im Pariser Abkommen ist eine Begrenzung auf deutlich unter 2 Grad und möglichst auf 1,5 Grad vorgesehen. In der zur Verhandlung stehenden COP26-Rahmenentscheidung werden die 1,5 Grad als Zielmarke gestärkt mit der Anerkennung, „dass die Auswirkungen des Klimawandels viel geringer sein werden bei einem Temperaturanstieg um 1,5 Grad, verglichen mit 2 Grad“, und dem Bekenntnis, die „Bemühungen zur Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad fortzusetzen“.

Das ruft Umwelt-NGOs und -Aktivisten auf den Plan, denen das alles nicht weit und vor allem nicht schnell genug geht. Aber mit den USA, China, Russland oder Indien und Australien ist das nicht so einfach. Verbindliche Zusagen zur finanziellen Unterstützung hart getroffener Länder im globalen Süden bei bereits eintretenden Klimaschäden fehlen ebenso wie ein festgeschriebener Fahrplan zum Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle inklusive des Abbaus von Subventionen für fossile Energien. Vielfältige Interessen gilt es zu berücksichtigen. Auch in Österreich ist das nicht anders. Manchen geht’s zu schnell und anderen zu langsam. 

Dabei wurde ja schon viel auf den Weg gebracht und das trotz der innenpolitischen Turbulenzen. Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz wurde beschlossen und das Klimaticket eingeführt. Eine CO₂-Bepreisung ist paktiert und in der Umsetzung. Damit soll auch eine Vielzahl von Förderungen finanziert werden. Förderungen für den Ausstieg aus Kohle, Gas und Erdöl, für den Heizkesseltausch, die Errichtung von Fotovoltaik- und Windkraft- Anlagen, Erneuerbare Energiegemeinschaften und vieles mehr. Projekte werden entwickelt und begleitet und viele Institutionen und Einrichtungen beschäftigen sich mit der Thematik.

Gemeinden engagieren sich für Klimaschutz

Vor allem die Gemeinden sind in der Umsetzung der Klimaziele sehr aktiv. Zuletzt bekannten sich über hundert Bürgermeister und Bürgermeisterinnen aus ganz Österreich zur Klimaneutralität bis 2040 sowie zu hundert Prozent erneuerbarer Energie. Das bekräftigten sie mit ihrer Unterschrift für die Unterstützung des „Appells an die Bundesländer für starken Klimaschutz und die Energiewende“ des Dachverbandes Erneuerbare Energie Österreich.

Die Wichtigkeit und Bedeutung für die Gemeinden zeigt sich auch darin, dass viele Gemeinden an den unterschiedlichsten Programmen wie zum Beispiel dem „e5-Programm für energieeffiziente Gemeinden“ teilnehmen. Mit diesem Programm erhalten die teilnehmenden Gemeinden die Hilfsmittel und Unterstützung, um ihre bisherige Energie- und Klimaschutzpolitik überprüfen zu können.

Derzeit nehmen österreichweit bereits 254 Gemeinden und Städte aus sieben Bundesländern am e5-Programm teil. Aber es gibt nicht nur e5-Gemeinden, sondern auch 1.064 Klimabündnisgemeinden, die neben Betrieben und Schulen oder Bildungseinrichtungen die Partnerschaft zum Schutz des Weltklimas nutzen. Auch hier geht es darum, die Gemeinden bei der Erreichung der Klimaschutzziele zu unterstützen.

Daneben gibt es 105 Klima- und Energie(KEM)-Modellregionen in 950 Gemein­den, die Klimaschutzprojekte umsetzen. Best-­Practice-Projekte werden in den Bereichen erneuerbare Energien (Fotovoltaik, Solarthermie, Wind, Biomasse und Biogas, Wasser etc.), Energieeffizienz, Mobilität, Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung sowie öffentliche Beschaffung bis zu Raumplanung und Bodenschutz aufgezeigt. 

Aber nicht nur die KEM-Regionen, sondern auch 77 Leader-Regionen in Österreich beschäftigen sich mit Projekten - jeweils auf die regionale Situation abgestimmt -, die die ländliche Entwicklung in den Regionen vorantreiben. Natürlich geht es dabei auch um Inhalte wie die Erarbeitung und Umsetzung nachhaltiger, nicht fossil basierter Kreislaufsysteme mit höherem Autarkiegrad oder die innovative Nutzung natürlich vorhandener Potenziale zur Erzeugung erneuerbarer Energien.  

Um die Aktivitäten zur Förderung von Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEG) zu bündeln und Energiegemeinschaften auch nachhaltig in Österreich zu etablieren, wurde der Klima- und Energiefonds mit dem Aufbau der „Österreichischen Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften“ betraut. Diese Stelle hat das Ziel, die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche österreichweite Implementierung des Modells der Energiegemeinschaften zu optimieren und Hilfestellung bei der Errichtung zu geben.

Aber auch andere Einrichtungen, wie zum Beispiel die EVN, haben mit dem Land Niederösterreich zur Abwicklung die Tochtergesellschaft „Energiezukunft Niederösterreich“ gegründet. 260 Gemeinden, Regionen und Organisationen haben bereits bezüglich der Gründung einer EEG angefragt. Und die EVN sind nicht die Einzigen die mit Rat und Tat zur Seite stehen: Die Raiffeisen-Gruppe hat, genauso wie viele andere Organisationen auch, Leitfäden und Projektunterlagen entwickelt, die bei Bedarf abgerufen werden können. 

Einfache Anleitungen und klare Förderrichtlinien wären sinnvoll

In all diesen Projekten und Vorhaben sind die Gemeinden wesentlich beteiligt und engagiert. Die Unterstützung, die von vielen Seiten hier bereitgestellt wird, ist wertvoll und nützlich. Manchmal kann man dabei allerdings den Überblick verlieren. Und trotz der regionalen Unterschiedlichkeit kann man sich ab und zu fragen, ob denn all die Projekte neu entwickelt werden müssen und man nicht einfach nur gute, funktionierende Projekte umsetzen kann, die sich in der Praxis bereits bewährt haben. Einfache Anleitungen und klare Förderrichtlinien und deren Abwicklung wären hier oft dienlich. 

Jedenfalls zeigt dieser kurze und unvollstän­dige Überblick, dass die Gemeinden schon sehr viel zur Erreichung der Klimaziele tun. Sie wirken auch als Vorbilder und Kommunikatoren für die Bürgerinnen und Bürger. Diese müssen nämlich auf diesem Weg mitgenommen werden. Mit den Zielvorgaben wird zwar einiges erreicht, diese müssen jedoch auch umgesetzt werden. Und dafür gebührt den Gemeinden große Anerkennung.