Margit Wennesz-Ehrlich
„Ich kann es sprechen und ich verstehe alles, allerdings möchte ich mich weiterentwickeln und insbesondere als Bürgermeisterin redegewandter werden.“ Margit Wennesz-Ehrlich über ihre Kroatischkenntnisse.

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Die Helferin im Hintergrund

Margit Wennesz-Ehrlich ist die zweihundertste Bürgermeisterin Österreichs. Daraus macht sie sich allerdings wenig. Wichtiger ist ihr vielmehr das Wohlergehen ihrer zweisprachigen Heimatgemeinde Oslip.

Als ihr Vorgänger Margit Wennesz-Ehrlich am 15. Oktober zum Wahlsieg gratulierte, sagte er ihr, dass sie damit die zweihundertste Bürgermeisterin Österreichs sei. „O. k., freut mich“, dachte sie sich – mehr aber auch nicht. Doch von ZIB 1 über ZIB 2 und quer durch die Tageszeitungen fand dieser Umstand große Resonanz.

„Die Anteilnahme der Bevölkerung war überwältigend. Natürlich hat mich das sehr gefreut, gar kein Thema. Aber dass diese Tatsache medial so vermarktet wird, hätte ich mir nicht gedacht“, bekennt die neue Bürgermeisterin von Oslip. 

Beruflich ist Wennesz-Ehrlich seit über 31 Jahren bei der Burgenländischen Landwirtschaftskammer tätig, seit 25 Jahren übrigens auch in der Funktion als Betriebsrätin.

„Ich helfe Menschen gerne und ich habe Menschen gerne. Vielleicht bin ich auch deswegen jetzt mit meinen 49 Jahren in der Rolle der Bürgermeisterin gelandet“, erklärt sie. Dass das keine abgedroschene Floskel ist, sondern tatsächlich ihr Wesen beschreibt, beweist das vielfältige Engagement, das die Osliperinin, aber auch abseits der Politik an den Tag legt: „Es gibt in Oslip kaum ein Fest, bei dem ich, mein Mann oder meine Tochter nicht ­mithelfen. Ich unterstütze grundsätzlich gerne Vereine, denn sie leben von der Gemeinschaft, und wenn man nicht zusammenhält, funktioniert gar nichts. Leider ist es unter den derzeitigen Bedingungen schwierig, das aktive Vereinsleben zu forcieren.“ 

Margit Wennesz-Ehrlich mit Tochter Catharina und Ehemann Ernst
Margit Wennesz-Ehrlich mit Tochter Catharina und Ehemann Ernst.

Schon von klein auf war Wennesz-Ehrlich an Politik interessiert, hat stets in der ÖVP-Fraktion mitgearbeitet und war auch auf der Liste unterstützend für den jeweiligen Bürgermeister.

„Allerdings war ich immer im Hintergrund und wenn etwas gebraucht wurde, war ich da“, erzählt die Bürgermeisterin. Neben Politik, Betriebsrat, Vereinen und Festen hilft die gläubige Katholikin nicht nur in der weltlichen, sondern auch in der kirchlichen Gemeinde eifrig mit.

Seit drei Perioden sitzt sie im Pfarrgemeinderat und mittlerweile auch schon die zweite Periode ist Wennesz-Ehrlich Ratsvikarin. Als rechte Hand des Pfarrers repräsentiert sie in dieser Funktion die Kirche nach außen hin.

„Gewissermaßen bin ich also auch dort die kirchliche Bürgermeisterin“, lacht sie. Dennoch war der Schritt zum Bürgermeisteramt und damit in die erste Reihe ein für sie ungewohnter. 

Kirche in Oslip
Als Ratsvikarin ist die Bürgermeisterin in der katholischen Gemeinde fest verankert. Foto: Bwag CC BY-SA 3.0 at

„Wenn man in der zweiten Reihe steht, spricht es sich leichter als in der ersten“, findet die Ortschefin von Uzlop. So heißt Oslip auf Kroatisch, und immerhin zählt sich die Mehrheit der Bürger zur Volksgruppe der Burgenlandkroaten. Wennesz-Ehrlich hat teilweise ebenfalls kroatische Wurzeln. 

Ihre Großmutter war allerdings im Jahr 1933 die zweite Deutschsprachige, die nach Oslip kam, weswegen im mütterlichen Haushalt und unter Geschwistern Deutsch gesprochen wurde. Über ihr Burgenlandkroatisch sagt sie: „Ich kann es sprechen und ich verstehe alles, allerdings möchte ich mich weiterentwickeln und insbesondere als Bürgermeisterin redegewandter werden.“ Ihre 15-jährige Dackel-Dame Stella, die bis dahin entgegen ihren Gewohnheiten ganz still dem Interview lauschte, gibt an dieser Stelle ein zustimmendes „Wuff“ von sich. 

Oslip
Oslip liegt im burgenländischen Weinbaugebiet, im Hintergrund befindet sich das Leithagebirge. Foto: Dguendel CC BY 3.0

Oslip liegt im Nordburgenland, zwischen Eisenstadt und dem Neusiedlersee, in der Wulka­ebene, nahe dem Leithagebirge. Die Landschaft und die Kultur sind vom Weinbau geprägt und der Ort ist weithin für die Cselley-Mühle bekannt. Das legendäre Kultur- und Aktionszentrum wurde übrigens mit Jahresanfang vom ehemaligen Besitzer des Family-Parks übernommen und soll renoviert werden. 

Cselley-Mühle
Die Cselley-Mühle in Oslip ist ein Veranstaltungsort mit großer Tradition. Foto: Bwag CC BY-SA 3.0 at

Doch weder das eine noch das andere kommt Wennesz-Ehrlich als Erstes in den Sinn, wenn sie darüber nachdenkt, wie sie ihre Gemeinde am besten beschreiben soll. Vielmehr ist es für sie die Mentalität der Osliper: „Wir sind eine liebenswerte Gemeinde und unsere Gemeindebürgerinnen und -bürger sind sehr hilfsbereite und kontaktfreudige Leute. Wenn du als Fremder auf irgendein Fest kommst, bist du keine fünf Minuten alleine. Du wirst angesprochen und bist sofort mittendrin in der Ortsgemeinschaft. Vorausgesetzt natürlich, der- oder diejenige lässt das zu.“ 

Hohe Durchimpfungsrate

Der Umgang miteinander ist herzlicher als anderswo, und auch bei der aktuell viel zitierten Spaltung der Gesellschaft scheint die Lage besser als andernorts.

„Man kommt schon mit Leuten ins Gespräch, die Corona überhaupt nicht wahrnehmen oder sagen, dass es das nicht gibt. Oder anderen, die sagen, sie wollen sich nicht impfen lassen bzw. medizinische Vorkehrungen abwarten. Die Osliper sind aber zu über 85 Prozent geimpft. Da sind wir sehr gut unterwegs.“

Dafür, warum das so ist, nennt Wennesz-Ehrlich mehrere Aspekte. „Wir hatten im Oktober 2020 einen - ich würde fast sagen – kleinen Cluster: um die 30 Personen, die an Corona erkrankt sind. Ich nehme an, dass das doch im Hintergrund das Sicherheitsargument bei vielen schwerer wiegen ließ.“

Davon abgesehen hat die Bürgermeisterin den Eindruck, „dass bei uns die Leute schon sehen, wie wichtig es ist, trotzdem der Forschung und den Medizinern zu vertrauen“. Dazu komme weiters, dass bereits vom vorherigen Bürgermeister gute Aufklärungsarbeit geleistet wurde. Nach wie vor gibt es niederschwellig und nah „Impfen ohne Anmeldung“ bei der Ärztin direkt im Ort, wobei die Bürgermeisterin nicht müde wird, das auch zu bewerben. 

Intaktes Kirchen­leben

Und schließlich mag es auch der kollektive Wunsch nach einem Gemeinschaftsleben wie früher sein. Die 1.300-Seelen-Gemeinde hatte nämlich bis zu Corona ein sehr intaktes Kirchen­leben. „Die Menschen in Oslip gehen noch sehr gerne in die Kirche, weil es ­einfach dazugehört. Dass die Kirchen geschlossen waren, war ein herber Einschnitt. Viele wollen deshalb dazu beitragen, dass wir einfach wieder ein normales Leben führen können - wie auch immer man jetzt ,normal‘ interpretieren will.“   

Unabhängig von der Pandemie befasst sich Wennesz-Ehrlich natürlich auch mit den anstehenden Projekten in der Gemeinde, wie etwa einigen kleineren, aber notwendigen Sanierungen im Kindergarten und in der Volksschule. Aktuell besonders im Fokus hat die Ortschefin die Blackout-Vorsorge. 

„Wir haben dafür ein eigenes Team zusammengestellt, das eventuelle Katastrophenfälle durchdenkt und Worst-Case-Szenarien einkalkuliert. Wir sind schon mittendrin in der Umsetzung, damit wir für Schule, Kindergarten, Arzt, Gemeinde und Feuerwehr auch im Ernstfall die Versorgung gewährleistet haben. Kurz gesagt, dass einfach die Infrastruktur funktionieren kann und alle optimal versorgt werden können. Das ist mir sehr, sehr wichtig.“ 

Lösungen für alle Altersgruppen

Wichtig ist der Bürgermeisterin auch ein gepflegtes und respektvolles Miteinander und sie will Lösungen für alle Altersgruppen finden, für die Jüngsten gleichermaßen wie für die Ältesten. Als weiteres Anliegen nennt sie das Fortführen und Beschaffen von leistbarem und attraktivem Wohnraum – für junge Familien, aber auch weil es in der Pandemie für einige durch Jobverlust schwierig geworden ist, ihre Wohnung zu erhalten. Wennesz-Ehrlich möchte auch die älteren Generationen seitens der Gemeinde mehr unterstützen, ob beim Arztbesuch, beim Einkaufen oder auch nur beim Ausfüllen von Formularen, „damit die Wohlfühlgemeinde für alle Bürger erhalten bleibt“. 

Von ihrer Fraktion wurde Wennesz-Ehrlich im Oktober 2021 einstimmig gewählt. Im Oktober 2022 wird sie sich erstmals dem Bürgervotum stellen. Nachdem ihre Tochter mittlerweile 23 Jahre alt und erwachsen ist, hat Wennesz-Ehrlich sowohl die Ressourcen als auch große Lust darauf, „einfach für die Menschen da zu sein, die mich brauchen, und Oslip in eine positive Zukunft führen zu können“. Auf den neuen Obstlehrpfad müssen die Osliper aber nicht so lange warten. Der soll schon heuer umgesetzt werden. 

Gesunder Naschgarten für Kinder geplant

Wennesz-Ehrlich ist nämlich auch Obfrau von „Gesundes Dorf Oslip“ und als solche plant sie einen gesunden Naschgarten für Kinder und Jugendliche anzulegen, „mit Sträuchern und Stangenobst und mit einfachen Pflanzen wie Paprika oder Paradeiser. Damit die Kinder erfahren, wie einfach man selbst etwas zu Hause machen und gesund leben kann. Ich hoffe, dass es mir mit Hilfe unserer Mitbürger gelingen wird, unsere Heimatgemeinde noch liebens- und lebenswerter zu gestalten, wo sich alle wohlfühlen können.“ 

Zur Person

Margit Wennesz-Ehrlich

Alter: 49
Gemeinde: Oslip
Einwohnerzahl: 1.271 (2021)
Bürgermeisterin seit: 15. Oktober 2021
Partei: ÖVP