Nachdem alle Gemeinden in Italien mit demselben Problem kämpfen, hofft man auf eine Sonderbestimmung aus Rom, die es den Gemeinden erlaubt, ihre Verwaltungsüberschüsse heuer auch für die gestiegenen Energiekosten zu verwenden.
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Südtirol

Die Gesetzeslage verschärft die Energiekostenkrise

21. Juni 2022
Nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern machen die explodierenden Energie- und Rohstoffpreise zu schaffen, auch die Gemeinden leiden unter den hohen Kosten für Strom und Gas. Besonders betroffen sind Gemeinden, die Eishallen, Schwimmbäder oder große Turnhallen führen, erklärt der Präsident des Südtiroler Gemeindenverbandes, Andreas Schatzer.

In Südtiroler Städten wie Bozen, Meran oder Brixen belaufen sich die Mehrausgaben auf mehrere Millionen Euro. Aber auch kleinere Gemeinden kämpfen mit den steigenden Energiepreisen. Jede Gemeinde hat eine Reihe von Gebäuden wie Schulen, Kindergärten oder Vereinshäuser und überall braucht es dafür Heizung und Strom.

Das große Problem dabei ist, dass die Gemeinden diese Mehrkosten mit laufenden Einnahmen bestreiten müssen. In der Regel besteht da aber wenig Spielraum und so haben viele Gemeinden Schwierigkeiten, einen ausgeglichenen ordentlichen Haushalt zu erstellen.

In Meran hat dies so weit geführt, dass den Vereinen vorerst keine Beiträge für ihre ordentliche Tätigkeit gewährt werden können. „Es war keine einfache Entscheidung“, erklärt Merans Bürgermeister Dario Dal Medico. „Letztes Jahr hatten wir 1,5 Millionen Euro Energiekosten, heuer könnten es bis zu 3,5 Millionen Euro werden. Weil wir unseren Verwaltungsüberschuss nicht nutzen können, blieb uns keine andere Wahl.“

Die Maßnahme stößt bei den Vereinen auf wenig Verständnis, auch weil viele Projekte bereits in der Planung und Umsetzung sind. Die Vereine sind besorgt und auch in anderen Gemeinden wächst die Angst, dass Beiträge aufgrund der hohen Kosten ausgesetzt oder gar gekürzt werden könnten.

Geld wäre vorhanden, darf aber nicht verwendet werden

Paradox ist in diesem Zusammenhang, dass den Gemeinden nicht etwa das nötige Geld fehlt. Die meisten Gemeinden haben beträchtliche Verwaltungsüberschüsse in ihren Haushalten und mit diesen wären die gestiegenen Energiekosten leicht abzudecken. Nur dürfen diese Gelder nicht für laufende Ausgaben verwendet werden, bestätigt der Präsident des Gemeindenverbandes. Laut geltender Gesetzeslage dürfen die Verwaltungsüberschüsse ausschließlich zur Finanzierung von Investitionen benutzt werden.

Nachdem alle Gemeinden in Italien mit demselben Problem kämpfen, hofft man auf eine Sonderbestimmung aus Rom, die es den Gemeinden erlaubt, ihre Verwaltungsüberschüsse heuer auch für die gestiegenen Energiekosten zu verwenden. Eine entsprechende Initiative wird vom italienischen Gemeindenverband ANCI vorangetrieben.

„Sollte aus Rom keine positive Nachricht kommen, muss etwas auf Landesebene geschehen. Wir haben darüber bereits mit dem Landeshauptmann gesprochen. Die Zeit drängt, weil jetzt die Abschlussrechnungen genehmigt werden“, so Andreas Schatzer.
Landeshauptmann Arno Kompatscher hat den Gemeinden seine Hilfe zugesagt. Spätestens im Juni soll eine Ausnahmeregelung ­kommen. „Entweder wird auf nationaler Ebene eine Regelung geschaffen, um die explodierenden Kosten abzufedern, oder wir werden eine eigene Bestimmung erlassen, die es den Gemeinden erlaubt, die gestiegenen Ausgaben über die Verwaltungsüberschüsse zu decken“, so der Landeshauptmann.