Die beiden bisher umgesetzten Gemeindepakete verbessern die finanzielle Situation der Kommunen nur kurzfristig.
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Die finanzielle Situation der Gemeinden in der Corona-Krise

Die Covid-19-Krise betrifft die Gemeinden in mehrerlei Hinsicht. Einerseits wirkt sich die Wirtschaftskrise negativ auf die finanzielle Situation der Gemeinden aus. Andererseits bietet die aktuelle Krise auch Hebel, um auch auf kommunaler Ebene zur Stärkung von Nachhaltigkeit und Resilienz von Wirtschaft und Gesellschaft beizutragen.

Schon vor Corona sahen sich die Gemeinden mit einer Reihe von längerfristigen Herausforderungen konfrontiert: Dazu gehört erstens die Klimakrise. Zweitens betrifft das die nach wie vor quantitativ wie qualitativ ungenügend ausgestattete vorschulische Kinderbetreuung sowie Nachmittagsbetreuung an Schulen. Und drittens stellt auch der aus der demografischen Entwicklung resultierende steigende Bedarf an Langzeitpflege einen Aufgabenbereich mit wachsender Bedeutung für die Kommunen dar. 

Die Covid-19-Krise hat zunächst unmittelbare negative Konsequenzen für die finanzielle Situation der Gemeinden. Das KDZ rechnet damit, dass der Anteil der Abgangsgemeinden 2021 infolge der Corona-Krise auf sechzig Prozent ansteigt.

Gemeindepakete verbesserten Situation kurzfristig

Die beiden bisher umgesetzten Gemeindepakete verbesserten die finanzielle Situation der Kommunen kurzfristig. Mitte 2020 wurde das kommunale Investitionsprogramm verabschiedet, mit dem der Bund kommunale Investitionen mit 50 Prozent fördert. Von der durch den Bund bereitgestellten einen Milliarde Euro wurden bis April 2021 etwa 675 Millionen in Anspruch genommen, die knapp 2,5 Milliarden Euro an Gemeindeinvestitionen unterstützen. 

Im Jänner 2021 wurde ein weiteres Gemeindepaket im Umfang von 1,5 Milliarden Euro geschnürt. Davon wird eine Milliarde Euro vom Bund als Vorschuss auf künftige Ertragsanteile geleistet, der in den Folgejahren wieder zurückgezahlt werden muss.

0,5 Milliarden Euro erhalten die Gemeinden als Zuschuss. Allerdings wird auch mittelfristig die finanzielle Situation der Gemeinden angespannt bleiben.

Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, die Hilfsmaßnahmen, die zur Bewältigung der Corona-Krise gesetzt werden, so auszugestalten, dass sie auch zur Bewältigung der großen Herausforderungen, denen die Gemeinden gegenüberstehen, beitragen. Und dass darüber hinaus Überlegungen angestellt werden, wie an weiteren wichtigen Schrauben innerhalb der Gemeindefinanzen gedreht werden kann, damit diese stärker als bisher zur Erreichung wichtiger gesamtgesellschaftlicher Zielsetzungen beitragen können. 

Wichtige Aufgabenbereiche der Gemeinden im Zusammenhang mit den gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen

Eine erste gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die auch ein verstärktes Engagement der Gemeinden erfordert, ist die Bewältigung der Klimakrise. Auf kommunaler Ebene sind hier mehrere Bereiche von Bedeutung.

Im Verkehrsbereich sind neben nicht fiskalischen Interventionen (innovative Stadtentwicklungskonzepte, Raumplanung) auch kommunale Investitionen erforderlich. Diese reichen vom Ausbau der Infrastruktur für emissionsfreie Fahrzeuge (z. B. Ladestationen) über Investitionen in den öffentlichen (Mikro-)Verkehr (wie etwa Anruf-Sammeltaxis oder -kleinbusse in ländlichen Gebieten) bis hin zum Ausbau der Fahrradinfrastruktur.

Im Bereich Gebäude geht es etwa um die Sanierung öffentlicher Gebäude sowie klimafreundliche Heizsysteme. Auch die Abfallwirtschaft und hier vor allem die Stärkung des Recyclings und damit der Kreislaufwirtschaft ist ein klima- bzw. umweltrelevanter kommunaler Aufgabenbereich. Ein Teil der Corona-Maßnahmen trägt zu diesen Aufgabenbereichen bei. 

Das kommunale Investitionsprogramm 2020 ergänzt die bisherigen Verwendungszwecke des Kommunalinvestitionsprogrammes 2017 um weitere Verwendungszwecke, die eine ökologische beziehungsweise Klimaschutzkomponente enthalten. 20 Prozent der Mittel sollen in den Klimaschutz fließen, allerdings ist die ­Vorgabe nicht rechtlich verbindlich.

Klimarelevante Fördermöglichkeiten für Gemeinden

Im nationalen Aufbau- und Resilienzplan, auf dessen Basis die Mittel aus der europäischen Aufbau- und Resilienzfazilität, dem Kernstück des EU-Aufbaupakets „NextGenerationEU“, beantragt werden, sind mehrere klimarelevante Fördermöglichkeiten für die Gemeinden enthalten: die Förderung eines höheren Anteils an emissionsfreien Bussen sowie der Infrastruktur für emissionsfreie Nutzfahrzeuge (z. B. E-Tankstellen), die Förderung der Nachrüstung von Sortieranlagen, das Programm für klimafitte Ortskerne (z. B. Gebäudesanierungen, grüne Fassaden, klimafreundliche Heizungen) sowie klimafitte Kulturinfrastrukturen.

Auch der Bereich Bildung wird auf der Gemeindeebene mit diversen Maßnahmen adressiert, die im Kontext der Corona-Krise gesetzt werden. Dies umfasst etwa die Schulsanierungsoffensive oder den Ausbau der Elementarpädagogik. Im Pflegebereich werden im nationalen Aufbau- und Resilienzplan Pilotprojekte zu Community Nurses sowie eine umfassende Pflegereform angekündigt. Allerdings haben die Maßnahmen im Bereich Bildung und Pflege im Vergleich zu den Klimaschutzprojekten, die für die Gemeinden im nationalen Aufbau- und Resilienzplan vorgesehen sind, nur einen relativ geringen Umfang.

Insgesamt könnten aus dem nationalen Aufbau- und Resilienzplan nach Schätzungen des KDZ zwischen 400 Millionen Euro und 600 Millionen Euro (d. h. zwischen 80 Millionen Euro und 120 Millionen Euro jährlich) an Städte und Gemeinden fließen: Das sind um die zehn Prozent des eingereichten Gesamtvolumens von 4,5 Milliarden Euro, die der nationale Aufbau- und Resilienzplan umfasst.

Auch gemessen am jährlichen kommunalen Investitionsvolumen von vier Milliarden Euro pro Jahr sind die zusätzlichen Mittel aus dem EU-Aufbaupaket begrenzt.

Die Bewältigung der Aufgaben in den Bereichen Bildung, Klimaschutz und Pflege impliziert auch auf der kommunalen Ebene einen längerfristig steigenden Investitionsbedarf, der nur zu einem kleineren Teil aus den EU-Fördermitteln gedeckt werden kann.

Zudem spricht der nationale Aufbau- und Resilienzplan eine Reihe von wichtigen Reformbereichen nicht an, etwa den weiteren Ausbau von Ganztagsschulen oder einen umfassenden Ausbau klimafreundlicher kommunaler Verkehrsinfrastruktur.

Die für die Gemeinden relevanten Maßnahmen, die sich in den diversen Corona-Maßnahmen finden, können somit zwar einen hilfreichen Beitrag dazu leisten, die Gemeinden zukunftsfit zu machen, sind aber in weitergehende, längerfristig angelegte nationale Initiativen einzubetten.

Reform der Gemeindefinanzen im Dienst der Klimapolitik

Die Wirkungen ausgabenseitiger Klimaschutzmaßnahmen können durch eine Reform des kommunalen Abgabensystems verstärkt werden, die es ermöglicht, Klima- und weitere Umweltziele stärker als bisher zu berücksichtigen.

Derzeit spielen auf der Gemeindeebene umweltrelevante Abgaben insbesondere in Form von Gebühren (Parkometerabgabe, Wasser- und Müllgebühren) eine Rolle. Zur Stärkung der Bedeutung klima- und umweltrelevanter kommunaler Abgaben gibt es eine Reihe von Ansatzpunkten.

Umweltbezogene Abgaben und Zahlungen
Derzeit spielen auf der Gemeindeebene (neben der gemäß internationaler Konvention als umweltbezogene kommunale Abgabe klassifizierten Grundsteuer) umweltrelevante Abgaben insbesondere in Form von Gebühren (Parkometerabgabe, Abwasser, Wasser- und Müllgebühren) eine Rolle. Bild: Statistik Austria, WIFO-Zusammenstellung. Inklusive Grundsteuer A und Bodenwertabgabe, ohne umweltrelevante transportbezogenen Zahlungen an andere Körperschaften. Grafik: Lukas Kaspar

Eine erste Option wäre die Ökologisierung der Grundsteuer. In ihrer derzeitigen Form ist sie mit keinerlei ökologischen Effekten verbunden: einerseits, weil aufgrund der seit Jahrzehnten überfälligen Aktualisierung der Bemessungsgrundlage die individuelle Steuerschuld gering ist, und zweitens, weil die Grundsteuer keine ökologische Komponente aufweist, da sie nicht nach Art der Flächennutzung differenziert.

Diskussionswürdig erscheinen Konzepte zur Ökologisierung der Grundsteuer, beispielsweise in Richtung einer Flächennutzungsabgabe, die einen sparsameren und ökologisch nachhaltigeren Umgang mit der knappen Ressource Boden unterstützt.

Erwägenswert sind darüber hinaus weitere Optionen, um Mobilität und Verkehr mit Hilfe von kommunalen Abgaben zu steuern. Interessant erscheint in diesem Zusammenhang Road Pricing beziehungsweise eine City-Maut, die auf das Befahren der Innenstadt erhoben wird und in Spitzenzeiten mit einem erhöhten Abgabensatz ausgestattet werden könnte. Auch Parkplatz- oder Verkehrserregerabgaben wären denkbar: Sie wären von Anbietern von Parkplätzen zu entrichten, als Beitrag zur Deckung der externen Kosten des individuellen Autoverkehrs. 

Solche ökologisch motivierten Gemeindeabgaben haben nicht nur eine Lenkungs-, sondern auch eine Finanzierungsfunktion. Die erzielten zusätzlichen Einnahmen können im Rahmen einer aufkommensneutralen ökosozialen Abgabenreform verwendet werden, um andere, weniger nachhaltigkeitsorientierte Abgaben, insbesondere die hohen Abgaben auf Arbeit, zu reduzieren. Zielführend wäre es jedenfalls, in die geplanten weiteren Schritte einer ökosozialen Abgabenreform, die die kommunale Ebene bisher vollkommen ausblendet, auch die Gemeinden mit einzubeziehen. 

Was ist zu tun?

Insgesamt stellen die anstehenden Aufgaben, denen sich die Gemeinden, aber auch die anderen Gebietskörperschaften gegenübersehen, steigende Ansprüche an die öffentliche Hand. Zu deren Abdeckung sind Reformen zur Vergrößerung des staatlichen fiskalischen Spielraums unabdingbar.

Vor allem längst überfällige Strukturreformen im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich und im Fördersystem sollten umgehend eingeleitet werden, um die bestehenden beträchtlichen Effizienzpotenziale im öffentlichen Sektor zu nutzen.

Zentraler Hebel für solche Reformen ist eine umfassende Föderalismusreform, die auf eine möglichst weitgehende Entflechtung der Aufgaben sowie eine Stärkung des Konnexes zwischen Ausgaben- und Einnahmenhoheit auf allen gebietskörperschaftlichen Ebenen abzielt.

In diesem Zusammenhang sollte auch eine Neugestaltung des föderalen Abgabensystems im Allgemeinen und der Gemeindeabgaben im Besonderen umgesetzt werden. Aus Sicht der Gemeinden geht es dabei einerseits um die Ausweitung der kommunalen Abgabenautonomie, andererseits um eine stärker an Nachhaltigkeitszielen orientierte Struktur des kommunalen Abgabensystems.

Die geplante coronabedingte Verlängerung des geltenden Finanzausgleichs um zwei Jahre bis Ende 2023 sollte genutzt werden, um solch eine tiefgreifende Föderalismusreform vorzubereiten.

Die Gemeinden sollten sich darüber hinaus innerhalb der bestehenden Rahmenbedingungen mehr Spielraum erarbeiten, um mehr als jetzt nicht zu verwalten, sondern in den angesprochenen Zukunftsbereichen auch gestalten zu können. Eine Aufgabenüberprüfung und -bereinigung, eine stärker an Wirkungszielen und -indikatoren orientierte Haushaltsführung sowie die verstärkte Kooperation zwischen Gemeinden zur gemeinsamen Bereitstellung von Gemeindeeinrichtungen wären hier wichtige Ansatzpunkte.

Corona zeigt die Bedeutung der Gemeinden auf

Die Corona-Krise hat die Bedeutung der sozialen Infrastruktur, zu deren Bereitstellung die Gemeinden einen zentralen Beitrag leisten, sehr sichtbar gemacht. Für die Nutzerinnen und Nutzer sind die Lücken, die entstehen, wenn täglich genutzte kommunale Angebote nicht mehr oder nur mehr eingeschränkt zur Verfügung stehen, sehr spürbar geworden: angefangen von der Kinderbetreuung und den Schulen über die Altenpflege bis hin zu Erholungs- und Freizeiteinrichtungen. Die Gemeinden sollten die Erfahrungen der Pandemie nutzen, um sich noch stärker als zentraler und proaktiver Akteur im Bereich sozialer Dienstleistungen sowie Dekarbonisierung zu positionieren. 

Der Beitrag wurde zuerst im Zukunftsbericht 2021 des Österreichischen Gemeindebundes veröffentlicht und spiegelt den Stand vom Sommer 2021 wider.