Blick auf Rust
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Gemeindetag

Die burgenländischen Gemeindevertreter: Ein Land mit zwei Verbänden

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges stand das Burgenland vor gewaltigen Problemen. Von Beginn an stand das verzweifelte Bemühen im Vordergrund, das Burgenland als selbstständiges Bundesland wieder zu errichten und die von den Nationalsozialisten verordnete Aufteilung zwischen Niederösterreich und der Steiermark rückgängig zu machen.

Eine typisch österreichische Lösung stand am Beginn des Weges: Am 9. Juli 1948 wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Burgenland die Bildung des Vereins „Burgenländischer Gemeindeverband“ nicht untersagt.

Unter der Führung des Großwarasdorfer Amtmannes und ÖVP-Landtagsabgeordneten Stefan Kotzmanek fanden im Frühjahr 1948 vier mittelburgenländische Bürgermeister – alle aus dem Bezirk Oberpullendorf – zusammen. Diese Gründungsväter waren eben Stefan Kotzmanek und die Bürgermeister Landtagsabgeordneter Johann Glaser (Klostermarienberg), Alfred Schmidt (Karl), Andreas Perusich (Großwarasdorf) und Johann Schlögl (Pilgersdorf).

Sie nahmen mit dem damaligen Landeshauptmann Lorenz Karall Kontakt auf, um die Gründung eines Gemeindeverbandes anzuregen. Karall, der wie Kotzmanek aus Großwarasdorf stammte, unterstützte die Bemühungen der Bürgermeister, sodass es noch im Sommer 1948 zur Gründung mit oben zitiertem Bescheid kommen konnte.

Soweit, so österreichisch.

Schwierige Anfänge

Aufgrund der schwierigen politischen Situation – das Burgenland war ja von sowjetischen Truppen besetzt – waren die damaligen Gemeindevertreter bemüht, sich eng an die politischen Parteien anzulehnen.

Dadurch erhoffte man sich einerseits entsprechenden Schutz, andererseits erwartete man aber auch einen gewissen politischen Freiraum.

Zu dieser Zeit war Geld für Einrichtung und Ausstattung nicht vorhanden, und so musste der Sitz des Verbandes vorerst in den Kanzleiräumlichkeiten von Johann Wagner, dem späteren Landeshauptmann, eingerichtet werden.

Einer der ersten Beschlüsse bei der Generalversammlung am 12. November 1948 war, den Vereinsnamen auf „Burgenländischer Gemeindebund“ zu ändern. Anlass war der Beitritt der Burgenländer zum Österreichischen Gemeindebund, und dieser Name ist bis heute unverändert geblieben. In den darauffolgenden Jahren wurde der Burgenländische Gemeindebund neu organisiert und es gelang bald, Gemeinden aus allen Teilen des Landes als Mitglieder zu werben.

Die Gründung des sozialdemokratischen Verbandes

An der Spitze eines Proponentenkomitees zur Gründung eines sozialdemokratischen Gemeindevertreterverbandes stand ebenfalls ein Bürgermeister: Fritz Robak aus der Gemeinde Stinkenbrunn im Bezirk Eisenstadt-Umgebung (heute heißt die Gemeinde Steinbrunn).

Mit Robak stand in diesen Jahren des Wiederaufbaus ein initiativer und innovativer Bürgermeister an der Spitze des Gemeindevertreterverbandes, der auch landesweit neue Maßstäbe setzte.

Am 2. Juni 1951 kam es schließlich zur konstituierenden Sitzung des „Sozialdemokratischen Gemeindevertreterverbandes“. Der zweite burgenländische Gemeindevertreterverband war – „im Einvernehmen mit der ÖVP“ – geboren, Fritz Robak war der erste Obmann. Diese Funktion füllte er ein Vierteljahrhundert lang aus.
Unter seiner Führung setzten die Gemeindevertreter neue kommunalpolitische Maßstäbe, die vor allem eine engere Kooperation der Gemeinden zum Ziel hatte. Dazu gehörte in erster Linie die Gründung des Wasserverbandes Nördliches Burgenland. Die gemeinsame Versorgung einer ganzen Region mit Trinkwasser schaffte auch die Voraussetzungen für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Region, da dadurch Betriebsansiedelungen im industriellen Bereich erleichtert und Verbesserungen in der Struktur der Fremdenverkehrseinrichtungen vorangetrieben wurden.

Die Zeit des Aufbaus

Ein Jahr nach der konstituierenden Sitzung der Sozialdemokraten, am 24. März 1952, konnte der Burgenländische Gemeindebund bei seiner Generalversammlung erstmals einen Landesvorstand wählen, der sich aus Bürgermeistern aller Bezirke zusammensetzte. Zum Landesobmann wurde damals der Oggauer Bürgermeister Johann Siess gewählt. Er wurde in dieser Funktion mehrmals bestätigt und stand dem Gemeindebund bis 1968 politisch vor.

Sein besonderes Interesse galt der Stärkung der Gemeindeautonomie, für die er sich sowohl im Österreichischen Gemeindebund als auch im Land einsetzte.

Der Bürgermeister von Litzelsdorf im Bezirk Oberwart, Georg Hochwarter (als Bürgermeister war er 29 Jahre bis 1991 im Amt), wurde der Nachfolger von Siess. Bei der Landesversammlung des Burgenländischen Gemeindebundes am 4. November 1968 wurde er gewählt.

Sein besonderes Anliegen war der Erfahrungsaustausch zwischen den Kommunalpolitikern. Sein größter Erfolg war es, die Tätigkeit der Bürgermeister mit einer Pension abzusichern.

Die neue Generation

Der erste Wechsel im sozialdemokratischen Verband fand 1976 statt. Mit Franz Resch übernahm erstmals ein Vertreter der neuen Generation das Amt. Der Ausbau der grundlegenden Infrastruktur war abgeschlossen, nunmehr widmete sich der Verband den „qualitativen“ Aufgaben. Fragen der Versorgung und Entsorgung rückten in den Mittelpunkt kommunalpolitischer Tätigkeiten.

1993 übergab Georg Hochwarter das Amt an Walter Prior, Bürgermeister von Siegersdorf. Mit Prior wurde die begonnene Durchflutung der Kommunalpolitik mit einer weiteren Demokratisierung konsequent fortgesetzt.

Im Burgenländischen Gemeindebund fand am 3. Dezember 1988 eine weitere Amtsübergabe satt: Der Oberwarter Bürgermeister Michael Racz übernahm die Geschäfte. Ihm gelang es, vielen Gesetzesentwürfen im Land seinen Stempel aufzudrücken und viele Belastungen von den Gemeinden abzuhalten.

Präsidenten der burgenländischen Gemeindevertreterverbände
Zwei Verbände - zehn Präsidenten

Ein neues Jahrtausend

Walter Prior und Michael Racz führten die burgenländischen Verbände in das neue Jahrtausend.

2001 – mit der Wahl Walter Priors zum Präsidenten des Burgenländischen Landtags – übernahm der Oggauer Bürgermeister Ernst Schmid den sozialdemokratischen Verband.

Michael Racz übergab 2002 die Geschäfte im Burgenländischen Gemeindebund an den heute noch amtierenden Güttenbacher Bürgermeister Leo Radakovits. Auch als Präsident brach und bricht Radakovits eine Lanze für die kleinen Gemeinden. „Sie arbeiten am effizientesten, haben die niedrigsten Personalkosten und somit prozentuell die höchsten Investitionsbeträge zur Verfügung.

Gewisse Aufgaben müssten sich kleine Gemeinden teilen, etwa durch Versorgungsverbände, dabei aber darauf achten, selbstständig zu bleiben“, so der Präsident im KOMMUNAL-Porträt.

Am 23. Februar 2013 kam es zum bislang letzten Wechsel an der Spitze eines der burgenländischen Verbände: der Neutaler Bürgermeister Erich Trummer übernahm den sozialdemokratischen Verband.

Sein Motto: „Die Gemeinden brauchen dringend verbesserte Bedingungen. Wir brauchen einen verbesserten Finanzausgleich des Bunds – vor allem für kleinere Gemeinden – und somit mehr Geld für die ständig steigenden Aufgaben. Und wir brauchen eine Stärkung des ländlichen Raumes, den Abbau von Disparitäten und eine Abgeltung von bestellten Leistungen aus dem Bund oder Land nach dem Prinzip ,Geld folgt Leistung.“

Quelle: „Chronik eines Erfolges“, 1997, Wien