HYPO NOE Leasing-Geschäftsführer Martin Kweta, der frühere Post-Chef Georg Pölzl, Moderator Thomas Hofer, Bundesministerin Elisabeth Köstinger, der niederösterreichische Landesrat Jochen Danninger sowie Gemeindebund-Vizepräsident Rupert Dworak.
© Jürg Christandl

Der Weg zur Energiewende

Was passiert, wenn Politikberater Thomas Hofer eine hochkarätig besetzte Expertenrunde aus Politik und Wirtschaft zur Energiewende diskutieren lässt? Richtig, es wird Klartext geredet. Und so bekannte Bundesministerin Köstinger eingangs bereits, dass Ökologie und Ökonomie von der Ideologie leider oft überspielt werden.

Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit, darin waren sich alle Teilnehmer einig, darunter der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Post AG, Georg Pölzl, HYPO NOE Leasing-Geschäftsführer Martin Kweta, der niederösterreichische Landesrat für Tourismus Jochen Danninger sowie der Präsident des Verbandes sozialdemokratischer GemeindevertreterInnen in Niederösterreich, Bürgermeister Rupert Dworak.

Bremst die Wirtschaft?

Auch darüber, dass mit dem Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) ein großer Wurf gelungen ist, herrschte Konsens. Beim Vorwurf, dass die Wirtschaft auf dem Weg zur Klimaneutralität bremse und den Druck durch die Politik benötige, kam allerdings gleich von mehreren Seiten Widerspruch.

Pölzl verwies darauf, dass die Post als Vorreiter in Österreich seit elf Jahren klimaneutral sei, den größten elektrischen Fuhrpark des Landes habe und bis 2040 als Unternehmen gänzlich CO2-frei sein wird. Auch Danninger bescheinigte der Wirtschaft viel weiter zu sein, als man glaubt. Die Wirtschaft habe das größte Eigeninteresse, schließlich sei jeder Unternehmer auch ein Mensch, der Familie hat und sich um die Zukunft sorge. Im selben Zeitraum, in dem in Niederösterreich die Wirtschaft um 65 Prozent gewachsen sei, seien die Treibhausgase zudem um vier Prozent zurückgegangen. Darüber hinaus sind im August erstmals mehr Elektro- als Dieselfahrzeuge zugelassen worden.

Die Banken würden sich über Regularien nicht sonderlich aufregen, sind sie doch schon jetzt stark reglementiert, erklärte Martin Kweta von der Hypo NÖ: „Projekte die nicht grün sind, werden teurer oder gar nicht mehr finanziert. Andere Assets, die grün sind, werden unterstützt und somit auch billiger. Keine Bank in Europa wird heute noch ein neues Braunkohlekraftwerk finanzieren können. Und bald werden wir auch keine Häuser mit Ölheizung finanzieren können.“

Die Post hat aufs Land angepasste Lösungen gefunden

Als Hofer die Diskussion auf das Gegensatzpaar Stadt-Land lenkt, geht es schnell ums Aufholen und Abhängen.

In diesem Zusammenhang kritisiert Landesrat Danninger, dass allein in Niederösterreich 17 UVP-Verfahren anhängig sind. Es hätte sich gar ein eigener Wirtschaftszweig gebildet, der durch jahrelanges Beeinspruchen Projekte verhindere.

Während der Ternitzer SPÖ-Bürgermeister Dworak Erwin Pröll mit dem Credo „So zentral wie nötig, so dezentral wie möglich“ zitiert, bricht auch Pölzl eine Lanze für den ländlichen Raum. Natürlich sei in Ballungszentren alles einfacher, aber die Post habe auch aufs Land angepasste Lösungen gesucht und gefunden. Die Schließung zahlreicher Filialen sei durch die geschaffenen Postpartner mehr als kompensiert worden. Das sei ein neues Nahversorgerkonzept gewesen. Nach ähnlich vernünftigen und machbaren Lösungen müsse man auch suchen, wenn es um den Klimaschutz geht. Man sollte sich den Blick nicht durch Dogmen und Glaubensbekenntnisse vernebeln lassen, meint Pölzl, sondern offen und faktenbasiert suchen: „Wenn wir wirklich diese Dekarbonisierung vorantreiben, dann werden wir unseren Strombedarf verdreifachen müssen. Auch dafür hat heute noch niemand eine Lösung.“ 

Gemeinden profitierten von Green Finance

Kweta erinnerte daran, dass die europäische Investitionsbank Teil von Lösungen sein könnte und bestätigte, dass auch die Hypo NÖ auf der Suche nach grünen Assets sei. Die Gemeinden profitierten von Green Finance, denn grüne Projekte würden günstiger finanziert. Zudem entwickle die EU eine „Soziale Taxonomie“ durch die Kweta nochmals einen enormen Schub für Gemeinden voraussieht.

Wie verhindert man allerdings, dass sich im Zuge der Energiewende die ländlichen Regionen und ihre Bewohner zunehmend abgehängt fühlen? Ministerin Köstinger meinte: „Indem wir sozialen Ausgleich zustande bringen und Schwächere nicht zurückzulassen. Das ist eine Kern- und Hauptaufgabe des Staates.“ Die Regierung habe einen CO2-Preis vereinbart und dieser würde kommen. Ein klares Augenmerk hätte die Regierung dabei auf den ländlichen Raum. Arbeitenden Menschen soll außerdem mehr zum Leben zu bleiben.“

Individualverkehr wird es immer geben

Landesrat Danninger wurde mit einem Beispiel konkreter: „Der öffentliche Verkehr wird nicht alles lösen können. Im Weinviertel oder Waldviertel wird es immer Individualverkehr geben. Wir müssen den Menschen mit Ehrlichkeit begegnen und sagen, im ländlichen Raum wird es langsamer gehen. Umweltschutz darf kein Luxusgegenstand sein. Daher werden wir den ländlichen Raum unterstützen müssen.“ Pölzl betonte, dass die Kommunikation wichtig sei, und erinnerte abermals an die Postfilialschließungen. Es käme darauf an, wie mit den Leuten gesprochen werde. Es mache aber auch „überhaupt keinen Sinn am Land Dinge aufrecht zu erhalten, die nicht aufrechterhaltbar sind.“

In Bezug auf die Energiegemeinschaften gab Kweta zu bedenken, das Gemeinden und Wirtschaft nicht nur in die Errichtung sondern auch sehr stark in Ressourcen und Ausbildungen investieren werden müssen. Zentrale Themen würden seiner Ansicht nach auch die Digitalisierung und die IT spielen.

Abschließend war es Dworak, der zwei Botschaften vermittelt wissen wollte. Erstens: „Es gibt kein zentrales Drüberfahren.“ Und zweite Botschaft sei die soziale Komponente des EAG. GIS-befreite Haushalte zahlen den Ökostrom nicht mit, sozial schwache Haushalte haben eine Deckelung von 75 Euro pro Jahr. Das betrifft immerhin rund 1,2 Millionen.