Johannes Bergmann (öGIG), Wolfgang Grasl (Lean Experts), Bernhard Göbl (Deloitte), Rechtsanwalt Martin Schiefer und Moderator Walter Gröblinger.
Johannes Bergmann (öGIG), Wolfgang Grasl (Lean Experts), Bernhard Göbl (Deloitte), Rechtsanwalt Martin Schiefer und Moderator Walter Gröblinger.

Kommunalwirtschaftsforum 2022

Das waren die Workshops

8. April 2022
In Workshops zu wurden Herausforderungen zu vier Themenbereichen erörtert. Im Anschluss fassten die Workshop-Leiter die Ergebnisse zusammen.

Lean Management

ESG als Motor für regionale Vergabe

„Energiegemeinschaften, Lieferketten und CO2-neutrale Baustellen sind die Zeit des Vergaberechts“, sagte Rechtsanwalt Martin Schiefer. Jeder öffentliche Auftraggeber habe aber das Problem, dass er nur bis zu einem Auftragsvolumen von 100.000 Euro frei entscheiden kann. „Die ESGs eigenen sich perfekt dazu, die Wirtschaft vor Ort zu unterstützen“, so Schiefer.

Um auch große Projekte regional vergeben zu können, können diese in Lose geteilt werden, sodass regionale Unternehmen die Chance haben, zum Zuge zu kommen.

Im Workshop tauchte die Frage auf, wie bei den derzeitigen Preissteigerungen die Kosten für Bauprojekte unter Kontrolle bleiben können. „Hier ist gegenseitiges Vertrauen von Auftraggebern und regionaler Wirtschaft enorm wichtig“, so Schiefer.

Ein wichtiges Thema war auch, wer zu Vergabeverfahren eingeladen wird. „Es ist nicht verboten, mit den Unternehmen zu sprechen und sie auf Ausschreibungen anzusprechen“, stellte Schiefer dazu klar. „Es ist auch nicht verboten, sich am Markt zu erkundigen, was es für innovative Möglichkeiten gibt.“

Schiefer ging noch einmal auf die Bedeutung der ESGs ein: „Eines davon ist ,sozial‘ – das heißt, es ist sozial, einen Auftrag beispielsweise an einen Tischler zu vergeben, bei dem drei Mitarbeiter bei der Freiwilligen Feuerwehr sind.“

Neue Methoden auch nach Krisen wirksam anwenden

Der Workshop konzentrierte sich stark auf Wertstromanalysen. Wichtig sei es dabei vor allem, ein gemeinsames Verständnis zu schaffen und alle Beteiligten einzubinden. „Lösungen, die gemeinsam erarbeitet wurden, sind viel mehr wert als Lösungen, die von außen kommen“, weiß Wolfgang Grasl von Lean Experts.

Bei Wertstromanalysen gehe es sehr darum, die Perspektive zu verändern und zu analysieren, wo es Schwachstellen gibt. „Probleme behebt man nicht unbedingt dadurch, dann man härter oder schneller arbeitet“, stellte Grasl klar.

Diskutiert wurden auch Beispiele aus der Praxis der Unternehmensberatung. So einerseits eine Analyse der Einführung eines elektronischen Personalakts und eine Prozessoptimierung der Durchlaufzeit von Akten. „Man hat das mit echten Aktenordnern durchgespielt und rasch erkannt, dass sich die Ordner bei einer Person stapeln. Und diese Person hat dann auch den Lösungsvorschlag für das Problem gemacht“, berichtete Bernhard Göbl von Deloitte. Daraus habe sich auch gleich die Frage ergeben, wie man Menschen, die sich sehr mit einer Sache identifizieren, dazu bringen kann, die Sache vielleicht anders zu machen. „Und da ist klar: Die Person, die sich am stärksten ändern muss, soll den Lösungsvorschlag machen. Dann wird das auch mitgetragen.“

Schneller Glasfaserausbau für Gemeinden

Bei diesem Workshop wollten die Vertreter der Glasfaser-Infrastrukturgesellschaft öGIG von den anwesenden Gemeindevertretern wissen, was für Kommunen bei der Errichtung eines Glasfasernetzes eigentlich wichtig ist. Die Antwort: Transparenz – sowohl bei den Kosten als auch bei den einzelnen Umsetzungsschritten.

Finanz & Wertschöpfung

Auswirkungen von COVID-19 auf die kommunalen Finanzen

Bei den Gemeindefinanzen gab es in den letzten zwei Jahren starke Einbrüche. Dadurch entstanden vielfach Liquiditätsengpässe und manche Investitionen und Sanierungen mussten verschoben werden. Dazu kommt, dass noch nicht absehbar ist, was die Energiethematik den Gemeinden in der nächsten Zeit kosten wird.

„Wir haben daher versucht zu analysieren, wo Gemeinden intern ansetzen können, dass sie entweder mehr Einnahmen bekommen oder dass sie weniger ausgeben müssen“, berichtete Steuerberaterin Ursula Stingl-Lösch. Man kam zu dem Schluss, dass die Gemeinden einnahmenseitig stark gebunden sind, sodass kaum zusätzliche Einnahmen erschlossen werden können. Daher könne man nur versuchen, Ausgaben zu reduzieren. Angesichts steigender Preise sei das derzeit aber enorm schwierig. „Der Quadratmeter Straße hat vor einem Jahr 18 Euro gekostet, jetzt sind es 30 Euro“, gab Andreas Tischler, Amtsleiter in der Kärntner Gemeinde Grafenstein, ein Beispiel.

Und das sei noch nicht das Ende der Fahnenstange. „Wenn man also jetzt nicht investiert, wird es noch teurer“, stellte Steuerberaterin Stingl-Lösch klar.

Durch das Kommunale Investitionspaket haben die Gemeinden aber auch viel Geld erhalten. Ausgegeben wurde es vor allem für Kindergärten und Schulen sowie für die Sanierung von Gemeindestraßen.

Trends in der kommunalen Finanzierung

Martin Zojer von der Unicredit Bank Austria erläuterte den Trend zu ESG-Finanzierungen, also ökologisch-nachhaltige und/oder soziale Finanzierungsformen. Wichtig dabei ist, dass die Gemeindevertreterinnen und -vertreter wissen, welche Nachweise die Banken benötigen, um solche Finanzierungen zu bekommen.

„Die EU-Taxonomie schreibt vor, dass wir vor allem solche nachhaltigen Finanzierungen vergeben. Gemeinden sind dafür geradezu prädestiniert“, sagte Zojer. Die Bank Austria habe sich daher entschlossen, die ersten Gemeinden, die solche Projekte verwirklichen, finanziell zu belohnen. Beispielsweise könne man für ein Schulbau, der nach ökologischen Kriterien errichtet oder saniert wurde, einen günstigeren Zinssatz erhalten. Aktuell könne man einen Vorteil von zwanzig Basispunkten für ein solches Projekt erhalten.

Klimaschutz

Klimafreundlich bauen, sanieren und finanzieren

Ein zentraler Punkt des Workshops war, wie man den Prozess zur Errichtung eines klimafreundlichen Bauprojekts aufsetzt. „Es braucht eine Voranalyse, damit man weiß, was man benötigt und was mein wirklich umsetzen möchte“, meinte Rupert Hörhann von Raiffeisen Leasing. Also Vorplanung, Kostenschätzung und eine Ausschreibung, die sicherstellt, dass man das bekommt, was man bestellt hat.

Zwei Praxisbeispiele – eine Schule und ein Gemeindezentrum – zeigten auf, welche Vorteil es hat, wenn man ein Projekt in die Hände eines Generalunternehmers gibt.

Kommunale Energieerzeugung in Rahmen von Energiegemeinschaften

Im Mittelpunkt standen die Voraussetzungen zum Bau von Anlagen zur Nutzung Erneuerbarer Energien, hier vor allem Photovoltaik. Dabei muss natürlich auch berücksichtigt werden, welche Potenziale bei den Gemeinden vorhanden sind. „Und dann muss man schauen, wie man den Strom, auch unter Nutzung von Förderungen, bestmöglich nutzen kann“, meinte Rupert Wychera von Energy Changes. Hier gebe es einige Unsicherheiten, vor allem was das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz betrifft.

Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften sollen jetzt den Ausbau grüner Energieformen großflächig ermöglichen.

Viele Fragen gab es von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Workshops auf die steuerlichen Auswirkungen der Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften. Hier gibt es noch viel Aufklärungsbedarf bei den Gemeinden.

Energiegemeinschaften in der Praxis

„Zum Thema Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften gibt es viele Gerüchte. Auch Netzbetreiber erklären vielfach was alles nicht geht“, meinte Stephan Heidler vom Klima- und Energiefonds. „Die Botschaft ist aber: Es geht! Traut euch!“

Raumplaner Matthias Zawichowski erläuterte das Beispiel der Energiegemeinschaft Lilienfeld, wo die Gemeinde mit der Schule die Energiegemeinschaft gegründet hat. Der Sportplatz wurde dort mit Photovoltaik ausgebaut. Der dabei entstehende Strom wird den Großteil des Jahres von der Schule genutzt, in den Ferien erhält das Schwimmbad den Strom.

Digitalisierung

Aufbau einer digitalen Projekt- und Kooperationsorganisation

Wichtig war den Vortragenden die Präsentation bereits verwirklichter Projekte. „Daran zeigt sich, dass man nicht damit beginnen sollte, bestehende Prozesse zu digitalisieren, sondern dass man zunächst erheben sollte, was man eigentlich braucht. Da gelangt man dann rasch zur Frage, welches Tool geeignet ist“, erklärte Domagoj Dolinsek von der Firma Planradar, die digitale Projekte im Baubereich abwickelt. Dabei sollte man versuchen, sich an bestehende Tools anzupassen und nicht „seine eigene Welt erfinden“.

Digitalisierung öffentlicher Gebäude

„Das Vermischen von physischen und digitalen Elementen eröffnet mit smarten Technologien neue Möglichkeiten, die uns helfen, uns weiterzuentwickeln“, sagte Bernhard Iber von Deloitte. So gibt es etwa in Krankenhäusern die Möglichkeit, Rollstühle so auszustatten, dass sie im Gebäude lokalisiert werden können. Dadurch können die vorhandenen Ressourcen effizienter genutzt werden, weil man keine Mitarbeiter beauftragen muss, Rollstühle zu suchen.