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Das virtuelle Gemeindeamt

Das virtuelle Gemeindeamt soll den Bürgern mittels digitaler Services Behördenwege erleichtern. In der Realität erschöpft sich das Angebot jedoch häufig auf eine Art „Schwarzes Brett“ auf der Homepage der Gemeinde. Möglich wäre um einiges mehr.


Download-Angebot für Formulare ist einfach umzusetzen



Das „virtuelle Gemeindeamt“ ist ein beliebtes Schlagwort. Darüber, was genau darunter zu verstehen sei, gehen die Meinungen allerdings schnell auseinander. In leider viel zu vielen Fällen ist es ein reines Verkündigungsamt. Nun ist das Informieren der Bürger über das Internet an sich nichts Schlechtes, nur gibt es das schon seit Mitte der Neunziger-Jahre. Es ist lobenswert, Gemeinderatsprotokolle online zu stellen. Das fördert die Transparenz. Der Informationsfluss bleibt dabei allerdings einseitig. Was spricht dagegen, diesen auch von Bürgern zum Amt strömen zu lassen oder von Bürger zu Bürger, etwa mittels eines Gemeindeforums? Den Schritt von der Information zur Interaktion zu wagen, denn deren Potenzial ist noch weitestgehend unausgeschöpft. Doch auch bei der Information gibt es weitere Mittel, den Service zu verbessern. Die Plattform help.gv.at bietet rechtliche Informationen in einer Form aufbereitet an, die auch der Durchschnittsbürger ohne Fremdsprachenkenntnisse in Amtsdeutsch versteht. Ein redaktionelles Team sorgt dafür, dass die Inhalte stets aktuell gehalten werden. Als Gemeinde kann man frei wählen, welche dieser Informationen man auf der eigenen Gemeindehomepage einbinden möchte. Dieses Übernehmen nennt sich Syndizierung und wird zum Beispiel von der Marktgemeinde Langenzersdorf aktiv umgesetzt.



Im Idealfall soll das virtuelle Gemeindeamt den Bürgern auch Behördenwege erleichtern. Simpel umzusetzen ist etwa ein Download-Angebot von Formularen. Anträge und Ansuchen aus dem Baubereich oder dem Standesamt nicht erst vom Amt holen zu müssen, sondern bequem zu Hause ausdrucken zu können ist ein guter Anfang.

Der Elektronische Akt



Einen Schritt weiter gehen Gemeinden wie zum Beispiel die Stadt Leoben. Seit rund vier Jahren kommt hier der Elektronische Akt (ELAK) zum Einsatz. Er erlaubt eine automatisierte Abwicklung von Prozessen in der Verwaltung und eine nahtlose Kooperation zwischen den Behörden. Die notwendigen Akten und Unterlagen stehen allen Beteiligten digital zur Verfügung, und es gibt beim Zugriff auf die Dokumente keine Abhängigkeit mehr in Bezug auf Zeit und Ort. Ebenso in Verwendung ist in Leoben die digitale Amtssignatur, sprich, die rechtsgültige elektronische Unterschrift der Behörde auf Bescheiden und anderen Dokumenten.



Eine Amtssignatur der Stadt Leoben.




Mit einer derartigen Signatur versieht auch Hallein seine Schriftstücke und bietet darüber hinaus seinen Bürgern die duale Zustellung behördlicher Schriftstücke an. Dieser kostenlose Service hilft Geld zu sparen und entlastet die Umwelt, denn der Bürger hat die Möglichkeit zu entscheiden, wie er die Post erhalten möchte. Hat er seine Zustimmung zur dualen Zustellung erteilt, wird er über sämtliche Unterlagen per E-Mail benachrichtigt und erhält die Option, sie sofort herunterzuladen. Tut er das nicht, werden sie ihm automatisch auf dem traditionellen, postalischen Weg zugestellt.

Vorzeigegemeinde Kremsmünster



Ganz selbstverständlich ist die duale Zustellung auch im oberösterreichischen Kremsmünster. Die Gemeinde im Traunviertel ist ein Paradebeispiel dafür, in welch vielfältiger Weise die neuen Kommunikationskanäle zur Verbesserung des Zusammenlebens genutzt werden können. Alles bisher erwähnte wird hier bereits eifrig genutzt. Foren, Blogs, oder das Bereitstellen öffentlicher Daten, das z. B. in einer Hochwasser-App auch prompt eine sinnvolle Nutzung erfuhr, sind in Kremsmünster längst Realität. Amtsleiter Reinhard Haider ist es ein Anliegen, auch andere Gemeinden von der Sinnhaftigkeit zu überzeugen, sich auf die digitalen Kanäle einzulassen. Sie bieten nicht nur den Bürgern Chancen, sondern auch der Gemeindeverwaltung, etwa hinsichtlich der Effizienz.

Neue Möglichkeiten durch Smartphones



Mit der App Gem2Go finden die Menschen schnell und unkompliziert alle Infos, was wann und wo in ihrem Heimatort ansteht. Spätestens seit der Smartphone-Revolution muss klar sein, dass das Web 2.0 nicht mehr nur der Jugend vorbehalten ist. Als niederschwelliger Kommunikationsweg ermöglicht das Internet alte Zielgruppen zu erhalten und neue zu erreichen. Es kann Teile der Gemeinschaft dazu bewegen, sich aktiv ins Gemeindeleben einzubringen, die dafür auf traditionellem Weg nie empfänglich gewesen wären.



Davon abgesehen ist das Web auch ein gutes Tool, die Meinung der Bevölkerung zu eruieren. Ob Petitionen, Befragungen oder durch Beschwerdestellen – das Volk kann sich schnell und unkompliziert der Verwaltung mitteilen, und in naher Zukunft wird diese Methode mit Sicherheit auch offiziell gestärkt werden, sei es durch elektronische Volksabstimmungen oder Wahlen. Ganz bestimmt wird die Bedeutung des virtuellen Gemeindeamtes nicht sinken, sondern stetig zunehmen. Wer clever ist, sollte sich die Chance nicht entgehen lassen, das Potenzial des E-Governments zu nutzen. Die Vorteile des virtuellen Gemeindeamts liegen auf der Hand, die technischen Voraussetzungen dafür sind gegeben und die Neugier und das Interesse der Bevölkerung vorhanden. Es braucht oft nur noch einen mutigen Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin, die ein solides Fundament schaffen. Verlieren kann man dabei nichts, hinzugewinnen dagegen wirklich viel.