Einfamilienhaus
Es gibt rund 1,5 Millionen Einfamilienhäuser in Österreich
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Das verdammte Einfamilienhaus

17. Mai 2021
Einfamilienhäuser sind in mehrfacher Hinsicht problematisch. Ob beim Flächen­verbrauch oder der Energieeffizienz - des Österreichers liebstes Eigenheim schaut bei einem Vergleich mit anderen Wohnformen schlecht aus.

Alle 35 Minuten wird in Österreich ein Einfamilienhaus fertiggestellt, und das obwohl die gesamte Bevölkerung schon heute in den bereits bestehenden Einfamilienhäusern bequem Platz fände. Das Problem dieser beliebtesten Form von Eigenheimen ist der ökologische Fußabdruck. Einfamilienhäuser haben pro Kopf den höchsten Flächenverbrauch, den höchsten Energiebedarf und den höchsten Ressourcenverbrauch. Darüber hinaus fördern sie die Zersiedelung und den damit bedingten Anstieg des Individualverkehrs. 

Andere Wohnformen sind aus klimapolitischer Sicht klar zu bevorzugen, darin sind sich Klimaforscher, Wissenschaftler und Bau-Experten einig. Gemeint sind damit in erster Linie sogenannte Mehrfamilienhäuser, sprich Wohnbauten mit drei oder mehr Wohneinheiten.

Gebäude sind die die größten Energieverbraucher

Andreas Hirtl von der Österreichischen Energieagentur verdeutlicht den Anteil des Wohnbaus an den Klimaauswirkungen: „Den wenigsten Menschen ist bewusst, dass Gebäude die größten Energieverbraucher in der EU sind. Zudem sind sie für einen wesentlichen Teil der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Ganze 40 Prozent des Energieverbrauchs und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU gehen auf Gebäude zurück.“

Hamburg: Keine neuen Einfamilienhäuser mehr

Ungeachtet dessen ist das Einfamilienhaus der Wohntraum Nummer eins der Österreicher. Wobei das Einfamilienhaus „ein Irrtum des 20. Jahrhunderts“ sei, wie Architekt Fritz Matzinger im „Standard“ sagt. Die Einfamilienhaus-Teppiche hätten sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg im ganzen Land ausgebreitet. Aber wie bringt die Politik die Menschen wieder zum Umdenken?  Man kann ihnen ja wohl kaum vorschreiben, wie sie zu wohnen haben. 

Doch. Genau das hat vor gut einem Jahr Michael Werner-Boelz, der neue Leiter des Bezirksamts Hamburg-Nord gewagt. Die dortige Bezirks­koalition einigte sich darauf, in neuen Bebauungsplänen keine Einfamilienhäuser mehr auszuweisen. Seitdem wird das Thema auch medial heiß diskutiert.  

Vergleiche sind schwierig 

Die Frage ist, ob der Unterschied zwischen Ein- und Mehrfamilienhäusern tatsächlich so groß ist, dass er derartige Entscheidungen rechtfertigt. Eine direkte Gegenüberstellung der Wohnformen ist allerdings gar nicht so leicht.

Zwar gibt es in Österreich umfassende Zahlen und Erhebungen zu den Einfamilienhäusern, für Gebäude mit vielen Wohneinheiten hingegen in dieser Form nicht. Zu verschieden sind sie, um seriöse Mittelwerte zu berechnen. Vom Drei-oder Vier-Parteien-Haus über Genossenschaftsbauten bis zum kilometerlangen Gemeindebau mit Hunderten Wohneinheiten ist die Spanne doch sehr groß. Für ein „Modell-Gebäude“ müssten zu viele Annahmen getroffen werden, erklärt Georg Trnka von der Österreichischen Energieagentur. 

Hinzu kommt die Gefahr, Äpfel mit Birnen zu vergleichen, zumindest in puncto Energieverbrauch, denn die Unterschiede sind groß, abhängig davon, ob es sich um einen Neubau oder Altbau handelt, ob das Gebäude saniert wurde, welches Heizsystem verwendet wird usw. 

Einfamilienhaus vs Mehrfamilienhaus