Blick auf Wien
Blick auf Wien. Für das Jahr 2020 und 2021 ist infolge der Krise von einem massiven Einbruch des finanziellen Spielraums der Gemeinden auszugehen.
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Corona-Krise trifft Gemeinden auch 2021 stark

8. September 2020
Die Corona-Krise hat die österreichischen Gemeinden im Jahr 2020 vor zahlreiche Herausforderungen gestellt. Insbesondere die Mindereinnahmen bei der Kommunalsteuer und den Ertragsanteilen reißen Löcher in die Gemeindehaushalte. Die Auswirkungen der Corona-Krise bleiben jedoch nicht auf das Jahr 2020 beschränkt, sondern werden sich 2021 sogar noch verschärfen. Dies insbesondere, da die Maßnahmen des Konjunkturstärkungsgesetzes die finanzielle Situation der Städte und Gemeinden noch zusätzlich belasten. Das KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung hat im Auftrag des Österreichischen Städtebundes die Entwicklung der Gemeindefinanzen analysiert, Prognosen erstellt und Handlungsempfehlungen abgeleitet.

Das Jahr 2020 ist stark geprägt von den Auswirkungen der Corona-Krise: Die Gemeinden sind mit massiven Einnahmeneinbußen von 1,5 bis 1,9 Mrd. Euro (inkl. Wien) konfrontiert.

Hinzu kommen weitere Mindereinnahmen durch das Konjunkturstärkungsgesetz, welches die Gemeinden in den nächsten Jahren mittragen müssen. Alleine für 2020 und 2021 bedeutet dies zusätzliche Mindereinnahmen von rund 1,1 Mrd. Euro. Gleichzeitig konnten die laufenden Ausgaben nicht reduziert werden, da Gemeinden in hohem Maße Systemleistungen (von der Wasserversorgung bis zur Pflichtschule) erbringen.

Wie stark wird der finanzielle Einbruch sein?

Für das Jahr 2020 und 2021 ist infolge der Krise von einem massiven Einbruch des finanziellen Spielraums der Gemeinden auszugehen. Wie stark die Einbußen tatsächlich sind, hängt dabei von mehreren Faktoren ab. Besonders relevant wird der weitere Verlauf der Gesundheitskrise sein – und die damit zusammenhängenden wirtschaftlichen Folgen.

Ein großer Unsicherheitsfaktor für die Gemeinden ist aber auch die weitere Entwicklung der Ko-Finanzierungspflichten in den Bereichen Gesundheit und Soziales. Schließlich wird die finanzielle Situation aber auch stark von der finanziellen Unterstützung von Bund und Ländern abhängen.

Szenarien

Das KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung hat daher mögliche Szenarien für das Jahr 2020 und 2021 berechnet. Zentrale Kenngröße ist die Differenz aus laufenden Einnahmen und Ausgaben, das ist der Überschuss aus der operativen Gebarung.

Die erste Prognosevariante geht von einer baldigen Erholung der Corona-Krise (keine weiteren signifikanten Einschränkungen bis Jahresende) aus, womit sie an die bestehenden Prognosen der Wirtschaftsinstitute anschließt. Für die Summe der Gemeinden (ohne Wien) ergibt sich ein Rückgang der operativen Gebarung von 2,3 Mrd. Euro 2019 auf rund 1,0 Mrd. Euro im Jahr 2020 und 2021. Damit halbiert sich der Spielraum für Investitionen und Tilgungen.

Die zweite Prognosevariante des KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung geht von einer Fortsetzung der Corona-Krise aus (weitere Verschärfung der Gesundheitskrise bis Jahresende, stärkere Ausgabendynamik bei Krankenanstalten- und Sozialhilfeumlage). Dies bedeutet einen Rückgang der operativen Gebarung auf 0,85 Mrd. Euro im Jahr 2020 und einen Rückgang auf 0,74 Mrd. Euro im Jahr 2021. Somit ist mit einem Rückgang des Spielraums für Investitionen und Tilgungen um zwei Drittel im Vergleich zum Jahr 2019 zu rechnen.

Bei beiden Prognosevarianten ergibt sich eine deutliche Steigerung der Anzahl der Abgangsgemeinden und Finanzierungsprobleme bei der Daseinsvorsorge. Darüber hinaus fehlen 2020 (ohne Wien) 1,3 bis 1,5 Mrd. Euro an Mitteln für dringend notwendige Investitionen. Dies birgt die Gefahr eines Investitionsrückstaus und die Gefahr der Überschuldung.

Steuerreform egalisiert Investitionsmilliarde

Mit der Verabschiedung des Kommunalen Investitionsgesetzes 2020 (Gemeinde-Investitionsmilliarde) hat die Bundesregierung einen wichtigen Schritt zur teilweisen Entspannung der Gemeindefinanzen und zur Ankurbelung der kommunalen Investitionen gesetzt. Dadurch stehen den österreichischen Städten und Gemeinden für die Jahre 2020 und 2021 insgesamt 1 Mrd. Euro für Investitionen (50 Prozent Förderquote) zur Verfügung.

Allerdings egalisiert die Steuerreform – das Konjunkturstärkungsgesetz 2020 – die Gemeinde-Investitionsmilliarde, da die Steuerreform die Gemeinden in den Jahren 2020 und 2021 1,14 Mrd. Euro kosten wird. Dies bedeutet, dass es in Summe für die Gemeinden keine Abgeltung der finanziellen Folgen der Corona-Krise gibt.

Hilfspaket für Daseinsvorsorge nötig

Aus Sicht des KDZ ist es daher dringend notwendig, nun ein „nachhaltiges“ Hilfspaket für Gemeinden zu schnüren, um jedenfalls die Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen aus der Daseinsvorsorge zu sichern. Die Alternativen – Mängel in der Daseinsvorsorge, Investitionsrückstaus oder eine hohe Verschuldung der Gemeinden – sollten jedenfalls vermieden werden, um auch langfristig stabile und zukunftsfähige Gemeinden zu gewährleisten.

Das KDZ empfiehlt hierzu einen zumindest teilweisen Ausgleich der laufenden Einnahmeneinbußen.

Die Unterstützung für die Gemeinden (inkl. Wien) müsste nach Ansicht des KDZ zwei Milliarden Euro für die Jahre 2020 und 2021 betragen. Das würde die Liquidität der Gemeinden sichern und es sollte auch allen Gemeinden ermöglicht sein, die Gemeinde-Investitionsmilliarde in Anspruch zu nehmen. Dies sichert wiederum Arbeitsplätze und trägt dazu bei, die Krise rascher zu überwinden.

Weitere Unterstützung von Bund und Ländern erforderlich

In Summe zeige sich, so das KDZ, dass es für die Gemeinden nicht nur 2020, sondern vor allem auch 2021 schwierig wird. Die Rücklagen und weiteren liquiden Mittel der Vorjahre werden 2020 stark schrumpfen.

Ohne zusätzliche Unterstützung durch Bund und Länder wird die Gemeindeebene wohl überfordert sein, da diese aufgrund der hohen Verpflichtungen im Bereich der Daseinsvorsorge nur eingeschränkte Handlungsmöglichkeiten für Einsparungen hat. Insbesondere das Konjunkturstärkungsgesetz verschärft die finanzielle Situation der Gemeinden noch zusätzlich. Eine Abgeltung dieser Mindereinnahmen sollte daher – wie dies auch in der Finanzverfassung grundsätzlich vorgesehen ist – eine Selbstverständlichkeit sein.

“Die Krise ist noch nicht ausgestanden. Es bedarf echter Hilfspakete für Städte und Gemeinden für die Jahre 2020 und 2021. Wie die Berechnungen des KDZ zeigen, müssen zwei Milliarden Euro aufgebracht werden, um das laufende Geschäft und die Investitionen sicherzustellen”, sagte Thomas Weninger, Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes.