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Bürgermeister in der Stadt der Vielfalt
Als Jugendlicher macht Georg Rosner die Ausbildung zum Vermessungstechniker in Wien, besucht anschließend die Abendschule am Gymnasium in Güssing und arbeitet ab 1984 im Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen. Als Personalvertreter setzt er sich leidenschaftlich für seine Kollegen ein, und erzielt infolgedessen beachtliche Wahlerfolge. Das wiederum veranlasst Landesrätin Resetar dazu, ihn 2010 zu fragen, ob er nicht zumindest auf hinterer Stelle für den Landtag kandidieren möchte. Rosner, der bei der Gemeinderatswahl auf dem 30. Platz landete, macht‘s und erzielt auf Anhieb nur 40 Stimmen weniger als der damalige Oberwarter Bürgermeister.
Mit diesem Ergebnis im Rücken soll er kurz darauf die, im Zuge des damaligen Finanzskandals zurückgetretene, Vizebürgermeisterin ersetzen. „Das habe ich dann auch gemacht. Ohne dass ich auch nur einen Tag Gemeinderat war, bin ich 2010 plötzlich Vizebürgermeister geworden. Und bei der Wahl 2012 haben wir dann die Gemeinde gedreht.“
Messe-, Schul- und Sportstadt
Seitdem ist Rosner Ortschef in der „Stadt der Vielfalt“, wie er seine Heimatgemeine gerne nennt: „Wir haben nämlich viele Volksgruppen hier, viele Konfessionen, und wir haben ein sehr schönes Miteinander von all diesen.“
Neben der Bevölkerungszusammensetzung zeigt sich die Bezirkshauptstadt auch äußerst vielfältig was ihre Einrichtungen und Angebote betrifft. Mit rund 8.000 Einwohnern ist Oberwart nach Eisenstadt und Neusiedl am See die drittgrößte Stadt des Bundeslandes und unumstrittenes Zentrum des Südburgenlandes. Es ist Messestadt, Schulstadt und Sportstadt.
Darüber hinaus befindet sich hier auch das EO-Einkaufszentrum mit mehr als 70 Handelsbetrieben auf über 26.000m². „Wir sind eine Kleinstadt mit sehr viel Handel. Es gibt praktisch alle Geschäfte bei uns. Wir haben darüber hinaus eine gute ärztliche Versorgung und eine gute Kinderbetreuung. Und bei uns werden sehr viele Wohnungen baut“, berichtet Rosner stolz. Im Gegensatz zu vielen anderen Gemeinden des Südburgenlands wächst die Einwohnerzahl von Oberwart stetig an.
Zentrum entstand erst nach und nach
Was das Wachstum des Ortes betrifft, ist Oberwart sowieso ein Sonderfall: „Wir sind eigentlich einzigartig, denn wir sind von außen nach innen gewachsen. Ursprünglich gab es nur das Oberdrum und das Unterdrum, und die waren sehr landwirtschaftlich geprägt. Das Zentrum ist erst nach und nach entstanden. Es kamen zwar die Bezirkshauptmannschaft, die ganzen Behörden und das Bezirksgericht, doch wir hatten weder eine Stadtmauer noch ein historisches Zentrum. Daraus heißt es nun das Beste zu machen,“ beschreibt Rosner den Knackpunkt der Ortsgestaltung - die Stadtmitte aufzuwerten. „Hinzu kommt, dass wir sehr viel Verkehr in der Innenstadt haben, obwohl es eigentlich eine Umfahrung gibt. Unser Ziel ist es den Durchzugsverkehr auf die Umfahrung zu bringen.“ Wohlfühlatmosphäre, viel Schatten und wenig Verkehr soll es im Zentrum geben. Dafür haben die Oberwarter auch schon einiges getan. Mittels eines umfangreichen Bürgerbeteiligungsprozesses hat die Bevölkerung beispielsweise erarbeitet, wie der Stadtgarten neu gestaltet werden soll, und nun ist er „die grüne Lunge im Herzen der Stadt - mit Bauernmarkt und Wochenmarkt.“
Die Bürgerbeteiligung war so erfolgreich, dass schon die nächste, diesmal zum Thema Innenstadt, durchführt wurde. Ein Architekturwettbewerb, bei dem die Wünsche der Oberwarter einflossen sind, ist schon entschieden, der Detailplaner gefunden, und im Herbst soll die Planung abgeschlossen sein.
Rathaus saniert
„Die Umsetzung wird für nächstes Jahr einbudgetiert und dann gehts los“, freut sich Rosner, für den Aufwertungen und Erneuerungen alles andere als Neuland sind. In den vergangenen Jahren ist in Oberwart nämlich schon enorm viel in diese Richtung passiert. Zum Beispiel die Sanierung des Rathauses. „Das ist zwar nicht denkmalgeschützt, aber ein Rathaus ist doch immerhin das Aushängeschild einer Stadt“, befindet Rosner und erzählt über den Ablauf damals - vom Architekturwettbewerb, über den Baubeginn 2015 bis hin zum Einzug 2017 in das renovierte und nun viel hellere und einladende Gebäude.
Und dann wäre da auch noch der Bildungscampus: „Das ist die größte Investition, die die Stadt Oberwart jemals getätigt hat.“ Sechs Cluster mit vier Klassen werden gebaut. Die Musikschule ist da ebenso dabei wie die Volksschule, die NMS und die Stadtkapelle. Die Stocksporthalle und die Tennisplätze wurden unter Einbindung der Vereine verlegt. „Dadurch ersparen wir den Eltern viele Wege“, weiß Rosner, der seine eigenen Kinder oft genug durch die Gegend chauffieren musste. „Gebaut ist schnell einmal etwas, das aber auch zu erhalten und nachhaltig zu bewirtschaften, das ist die Kunst - und das haben wir mit dem Bildungscampus, denke ich, wirklich gut hinbekommen.“
Bei der Messehalle wurden die Parkplätze saniert und zahlreiche Bäume gepflanzt. Auch das Krankenhaus wurde - wenn auch nicht von der Stadt, sondern vom Land - als Klinik Oberwart neu errichtet und im Juni eröffnet.
Sehr viel wurde von der Stadt in den letzten acht Jahren in die grundlegende Infrastruktur, wie etwa die Kanalisation, investiert. „Wir haben das ganze Geld vergraben“, fasst es Rosner mit einem Augenzwinkern zusammen. „Diesen Aufwand sieht leider kaum jemand, aber dennoch ist es eine Notwendigkeit. Wir haben sehr viele Wasserleitungen saniert und merken es jetzt beim drastisch gesunkenen Wasserverlust. Wir haben sehr viel in LED-Beleuchtung investiert und sehr viele Straßen saniert. Damit werden wir in den nächsten zehn oder 15 Jahren auch noch nicht fertig sein. In den 70er-Jahren hatten wir nämlich viele Grundzusammenlegungen. Dadurch ist sehr viel Bauland am Rande von Oberwart geschaffen worden. Dabei wurden die ganzen Straßen ziemlich breit angelegt - um die 12 bis 14 Meter - allerdings nur mit ein bisschen Schotter und Spritzguss darauf, damit es nicht staubt. Das ist dann all die Jahre über so geblieben. Jetzt sind wir dabei, dass wir eine Straße nach der anderen und natürlich auch die Hauptachsen sanieren, und gleichzeitig auch Wasserleitung und Kanal punktuell oder komplett neu machen“, berichtet der Bürgermeister und bringt auch die Klima-Thematik ins Spiel: „Wir bauen die Radwege aus und wir setzen sehr viele Bäume. Das sind wichtige Maßnahmen in der heutigen Zeit, wenn man an die an die Temperaturen denkt. Beschattung ist wichtig und wir sind sehr bemüht, dass wir dementsprechend etwas schaffen.“
Volksgruppenhaus in Bau
Eine weitere große Neuerung steht übrigens noch aus: das Österreichische Volksgruppenhaus. Anlässlich der Feierlichkeiten zu „100 Jahre Burgenland bei Österreich“ gab es eine Bundesgabe des Nationalrates und einige Millionen Euro davon werden aufgewandt, um das Volksgruppenhaus zu errichten. Das wird eine Veranstaltungsstätte für die Volksgruppen der Roma, der Kroaten und der Ungarn, um die Sprachen, die Kulturen und die Bräuche dieser Volksgruppen zu leben bzw. am Leben zu erhalten. „Das ist für uns auch ein schönes Zeichen, dass das in Oberwart steht.“
Bereits fünfter Transparenzbericht
Auch abseits der Umbauten, Neubauten und Infrastrukturprojekte ging in Oberwart seit Rosners Amtsantritt einiges weiter. So wurde heuer von der Stadt der mittlerweile fünfte Transparenzbericht (online und in Heftform) veröffentlicht, auch wenn es keine gesetzliche Vorgabe ist. Rosner, der auch Vizepräsident des Burgenländischen Gemeindebundes ist, ist diesbezüglich einer der Vorreiter und geht mit gutem Beispiel voran.
„Wir hatten damals eine Pressekonferenz mit den Bürgermeistern von Eisenstadt und Hornstein. Die machen das auch. Wir fanden es eine super Idee und haben sie sofort aufgegriffen. Man kann ja auch von anderen Gemeinden noch was lernen.“ Bislang waren im Transparenzbericht alle Rechnungen, Einnahmen und Ausgaben ab 5.000 Euro ausgewiesen. Nach Kritik der Opposition sollen es künftig sogar ausnahmslos alle sein.
Konzentration auf Oberwart
Mit gutem Beispiel voranzugehen war Rosner immer wichtig, schließlich bekleidete er als zweiter Landtagspräsident zwischenzeitlich das höchste Amt, das die oppositionelle Volkspartei im Burgenland innehatte. 2015 wurde Rosner erstmals in den Landtag gewählt. „In meinem Brotberuf habe ich mich voll karenzieren lassen. So waren Landtag und Bürgermeister schon noch unter einen Hut zu bringen.“
Nach der Wiederwahl 2020 wurde Rosner allerdings zweiter Landtagspräsident: „Diese Funktion habe ich rückblickend unterschätzt“, merkt er heute selbstkritisch an. „In mir kam sehr bald eine Unruhe auf, denn ich hatte Termine in der Gemeinde, die meine Herzenssache war, und gleichzeitig Termine vom Land aus. Nach einer halben Periode habe ich beschlossen, dass ich so nicht weitermache und habe meiner politischen Führung im Land gesagt: Leute mich zerreißt‘s! Ich habe ständig ein schlechtes Gewissen gehabt - wenn ich beim Land einen Termin nicht wahrnehmen konnte, und umgekehrt genauso bei der Gemeinde. Das wollte ich nicht, denn ich glaube die Stadt Oberwart verdient einen 100-Prozent-Bürgermeister und braucht auch einen 100-Prozent-Bürgermeister. Ich habe auch die Funktion des Bezirksparteiobmanns abgegeben und bin nun freigeschaufelt um mich voll auf die Stadt konzentrieren zu können.“
Feuerwehren als Kulturträger
Langweilig wird Rosner dennoch nicht. Die Umgestaltung des Stadtzentrums ist seine erklärte Herzenssache, und die ist noch lange nicht abgeschlossen. Darüber hinaus erfordern die Hochwasser der jüngsten Vergangenheit einige Maßnahmen.
Speziell der stark betroffene Ort Sankt Martin in der Wart, der zu Oberwart gehört, braucht Hilfe. In diesem Zusammenhang betont Rosner die Bedeutung speziell der kleinen Feuerwehren. Sowohl was die unmittelbare Hilfe vor Ort betrifft, als auch deren soziale Funktion.
„Wir sind klein strukturiert im Südburgenland. Die kleinen Gemeinden haben kein Wirtshaus mehr, und kein Geschäft. Aber sie haben die Feuerwehren! Und die sind nicht nur bei Hochwasser da, oder wenn‘s brennt. Die sind Kulturträger und gesellschaftlich ganz, ganz wichtig. Die treffen sich, die tauschen sich aus, machen Frühschoppen und halten die Gemeinschaft zusammen.“ Das haben wir nicht zuletzt bei den verheerenden Hochwassern erst wieder deutlich gesehen.
Zur Person
Georg Rosner
Alter: 62
Gemeinde: Oberwart
Einwohnerzahl: 8.019 (1. 1. 2024)
Bürgermeister seit: 14. November 2012
Partei: ÖVP