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Sollten neu gewidmete Bauparzellen nach einer bestimmten Zeitspanne nicht bebaut werden, werden sie automatisch rückgewidmet oder müssen z. B. der Gemeinde zum Kauf angeboten werden.
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Bodenschutzpaket soll Lebensräume schützen

1. September 2020
Mit einer umfangreichen Novelle des NÖ Raumordnungsgesetzes will man in Niederösterreich die Zersiedlung der Orte bekämpfen, Impulse im ländlichen Raum ermöglichen und Verkehrsprobleme im städtischen Umfeld frühzeitig vermeiden.

Schon im Juli wurde vom Landtag in einem ersten Schritt eine Einschränkung für umfangreiche Neuwidmungen und im Gegenzeug eine massive Beschleunigung für kleinere Verfahren beschlossen.

Die wichtigsten Änderungen der nun geplanten umfangreichen Novelle sind neue Widmungskategorien für den großvolumigen Wohnbau und für verkehrsbeschränkte Betriebsgebiete, verpflichtende Mobilisierungsmaßnahmen bei Neuwidmungen, Einschränkungen für neue Parkplätze bei Supermärkten und neue Regelungen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen.

Neue Widmungskategorien

Mit den neuen Widmungskategorien sollen Verkehrskonflikte schon frühzeitiger erkannt und vermieden werden. Wohngebäude mit einer Geschoßflächenzahl über eins brauchen zukünftig die neue Widmungskategorie für den großvolumigen Wohnbau. Die Geschoßflächenzahl ist als das Verhältnis der Flächen der oberirdischen Geschoße von Gebäuden zur Bauplatzgröße definiert.

Neue Betriebsansiedelungen wiederum, die mehr als 100 Fahrten pro Tag und Hektar erzeugen, brauchen die neue Widmungskategorie für verkehrsbeschränkte Betriebsgebiete, in welche die Verkehrsströme genauer betrachtet werden. Erweiterungen schon bestehender Betriebe sind von dieser Regelung ausgenommen.

Wenn nicht gebaut wird, droht Rückwidmung

Bei allen Neuwidmungen werden zukünftig verpflichtend Mobilisierungsmaßnahmen anzuwenden sein. Insbesondere werden das befristete Widmungen oder Raumordnungs-Verträge sein.

Sollten neu gewidmete Bauparzellen nach einer bestimmten Zeitspanne nicht bebaut werden, werden sie automatisch rückgewidmet oder müssen z. B. der Gemeinde zum Kauf angeboten werden.

„Das bedeutet einen faktischen Bauzwang und damit ein Stopp der Zersiedlung und dem unnötigen Bodenverbrauch. Außerdem werden so auch Infrastrukturkosten für die Gemeinden gespart,“ erläutert VP-Klubobmann Schneeberger.

Weniger Parkplätze bei Supermärkten

Schon seit mehreren Jahren sind neue Einkaufszentren auf der ‚grünen Wiese‘ in Niederösterreich verboten. Nun werden auch Parkplätze bei neuen Handelseinrichtungen eingeschränkt:

„Damit beenden wir die Bodenversiegelung durch überdimensionierte Parkplätze,“ sagt Landeshauptmann-Stellvertreter Stephan Pernkopf.

Bei einer Verkaufsfläche von mehr 750 m² dürfen nur mehr die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtstellplätze ebenerdig im Freien errichtet werden, bei kleineren Nahversorgern die eineinhalbfache Anzahl der Pflichtstellplätze. Sind mehr Parkplätze gewünscht, so müssen diese im Gebäude (z. B. unterirdisch oder am Dach) errichtet werden oder mit einer Photovoltaik-Anlage überdacht werden.

Photovoltaik-Anlagen auf Dächern statt im Grünland

Bei Photovoltaik-Anlagen gelten zukünftig strenge Kriterien für Anlagen im Grünland, wie Netzanschluss, der Schutz hochwertiger landwirtschaftlicher Flächen, der Schutz des Ortsbilds und von Naturschutzflächen.

Pernkopf: „Prinzipiell wollen wir PV-Anlagen auf Dächern, Lagerhallen und alten Deponien bevorzugen.“

Freiflächen-Anlagen, die mehr als zwei Hektar Fläche einnehmen, werden in Zukunft in einem eigenen sektoralen Raumordnungsprogramm ausgewiesen werden sein müssen, bevor Gemeinden eine diesbezügliche Widmung einreichen können. Dieses Programm wird von Experten in den nächsten Monaten erstellt werden.

Raumordnungsprogramm für überregionale Betriebsgebiete

Weiters soll ein neues Sektorales Raumordnungsprogramm für überregionale Betriebsgebiete erstellt werden, in denen interkommunale Abstimmungen verbessert und Verkehrsströme genauer gelenkt werden können. Außerdem werden die Planungsrichtlinien für Flächenwidmungspläne unter den Prämissen Klima- und Bodenschutz komplett modernisiert. Pernkopf: „Damit forcieren wir unter anderem begrünte Fassaden als natürliche Klimaanlagen und Lebensraum für Bienen und Schmetterlinge.“

Universitätsprofessor Rudolf Scheuvens hat die Landesregierung bei der Ausarbeitung beraten: „Mit diesem Bodenschutzpaket setzt Niederösterreich einen klaren Fokus auf Ressourcenschonung, auf überregionale Abstimmung und strategische Planung zum Schutz der Lebens- und Wirtschaftsqualitäten im Bundesland. Das sind deutliche Akzente und ein vielversprechender, moderner Weg.“