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Bei der Plege liegt der Fokus auf daheim & ambulant

Bereits Anfang 2019 startete unter breiter Einbindung der verschiedenen Stakeholder der umfassende Reformprozess zum bisher so genannten „Masterplan Pflege“. Viele dieser Vorschläge, die in der Zeit „vor Ibiza“ erarbeitet wurden, fanden auch Einzug in das türkis-grüne Regierungsprogramm.

Ebenso wie die Grundprinzipien: So viel wie möglich daheim und ambulant – so viel wie nötig stationär, wohnortnahe und dezentrale Angebote schaffen, Personaloffensive, Weiterentwicklung des bestehenden Systems und Sicherstellung der Finanzierung, Fokus auf den hohen Frauenanteil in der Pflege und Schaffung von Entlastungsmaßnahmen für pflegende Angehörige.

Ein kurzer Auszug der im Regierungsprogramm enthaltenen Maßnahmen:

  • Pflege und Betreuung zu Hause: Schaffung einer umfassenden Informationsplattform für Betroffene und Angehörige; Einführung eines Pflege-Daheim- Bonus für pflegende Angehörige, Ausbau der kostenlosen und wohnortnahen Beratung zu Pflege und Betreuung für pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige bzw. Case-Management in Fragen zu Unterstützungsangeboten, Finanzierung, Rechtsfragen, nicht zuletzt zum Thema Demenz; Stärkung der Selbsthilfe und Zivilgesellschaft sowie des ehrenamtlichen Engagements (das insgesamt einen hohen Stellenwert in diesem Regierungsprogramm einnimmt), z. B. von Besuchsdiensten; Einführung eines pflegefreien Tages pro Monat; Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf z. B. durch flexible Arbeitszeitmöglichkeiten, Teleworking etc. bzw. auch für selbstständig Erwerbstätige (Pflegekarenzgeld); Ausweitung der Möglichkeit der Selbst- und Weiterversicherung als pflegende Angehörige.
  • 24-Stunden-Betreuung: Auch die langjährige Forderung des Gemeindebundes, die rechtliche Möglichkeit zur Beschäftigung einer 24-Stunden-Betreuung für mehrere Kundinnen und Kunden zu schaffen, findet sich im Regierungsprogramm.

    Dadurch eröffnet sich ein zusätzliches Wohnangebot zwischen Pflegeheim und Pflege in den eigenen vier Wänden. Darüber hinaus soll ein verpflichtendes Qualitätszertifikat für Agenturen (Mindesttarif, Arbeitsbedingungen des Betreuungspersonals, erhöhter Anreiz für Anstellungen etc.) geschaffen werden.

Rudi Anschober
Der Oberösterreicher Rudolf Anschober hat mit der Reform der Pflege eines der zentralen Handlungsfelder der Politik übernommen. 

  • Reform des Pflegegeldsystems: Alle Bedarfe, z. B. auch verstärkt der Betreuungsbedarf aufgrund von Demenz, sollen künftig berücksichtigt werden.
  • Das Regierungsprogramm sieht auch die Einrichtung des Projekts Community Nurses in 500 Gemeinden vor. Diese sollen Ansprechperson für Angehörige sein, mobile Pflege- und Betreuungsdienste, medizinische und soziale Leistungen koordinieren und auch beratend in der Gesundheitsförderung und -prävention in der Gemeinde tätig sein.

    Näheres (Aufgaben, Dienstrechtliches, Finanzierung, Organisatorisches etc.) zu den konkreten Überlegungen der Bundesregierung war zu Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Seitens des Sozialministeriums geht man aus fachlicher Sicht in Sachen Qualifikation vom gehobenen Dienst (DGKS) für eine solche Position aus.
  • Personal, Ausbildung und Organisation: Prüfung der Etablierung eines Ausbildungsfonds; Ansprechen von neuen Zielgruppen (zweiter und dritter Bildungsweg, Angehörige mit Pflegeerfahrung); GuKG-Novelle zur Kompetenzausweitung für Pflegefachassistenz etc.; Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Entlastung von Dokumentationspflichten
  • Im Bereich der Finanzierung (Bund, Länder, Gemeinden und Eigenbeiträge) und auch zu den Überlegungen zur Pflegeversicherung bleibt das Regierungsprogramm sehr vage, es wurde jedoch bereits zugesagt, dass der Bund sehr rasch mit Ländern und Gemeinden in eine „Task Force Pflegevorsorge“ eintreten wird, um auch hier zu Lösungen zu kommen.

    Nicht zuletzt aufgrund der Folgen des bundesgesetzlichen Vermögensregressverbots muss dem Bund jedoch klar sein, dass sein Anteil an der öffentlichen Finanzierung der Pflege deutlich größer ausfallen muss als bisher.