Thalgau
„Gelb bedeutet bremsen“: Der Ortskern von Thalgau liegt an der Kreuzung zweier Landesstraßen. Wo früher rund 8.000 Fahrzeuge durchfuhren, befinden sich jetzt eine gelb eingefärbte, vielfach ausgezeichnete Begegnungszone und ein autofreier Dorfplatz.
© Marktgemeinde Thalgau

„Boden g’scheit nutzen“

Baukulturgemeinde Thalgau

10. März 2022
Thalgau hat das scheinbar Unmögliche möglich gemacht: Als erste Gemeinde Österreichs hat die Gemeinde eine Begegnungszone auf einer Landesstraße umgesetzt. 30-km/h-Beschränkung inklusive.

Die Nähe zu Salzburg, die reizvolle Landschaft mit bäuerlicher Struktur und der kleinstädtische Ortskern sowie attraktive Arbeitsplätze sorgen laufend für Zuzug in Thalgau. Vorausschauend entschieden die Gemeindeverantwortlichen, eine Nachverdichtung im Ortskern anzustreben, der Zersiedelung an den Ortsrändern Einhalt zu gebieten und die Hänge vor Bebauung zu schützen. „Weniger Versiegelung“ – so lautete übrigens eines der zentralen Bürger:innenanliegen des Agenda-21-Prozesses „Weitblick für Thalgau“.

Volksschule Thalgau
Die Schule wird zum Ort der Begegnung. Die drehbare Bühne, Vereinsräume, die Kletterwand des Alpenvereins und die Bibliothek öffnen das Gebäude für die gesamte Bevölkerung. Zudem ist der Schulbereich mit dem Senior:innenwohnheim, Kindergarten und Gemeindeamt durch eine Begegnungszone verbunden. Foto: Marktgemeinde Thalgau BM Grubinger

Mut zur Veränderung

2007 war die Situation als Verkehrsknotenpunkt zwischen dem Salzkammergut und Salzburg nicht mehr tragbar. Das „Berner Modell“ zur Verkehrsberuhigung sollte für Inspiration sorgen. Ermutigt von einer Exkursion in die Schweiz, wurde 2010 eine der beiden Landesstraßen verlegt und eine Begegnungszone mit 30 km/h Geschwindigkeitsbeschränkung eingerichtet. Nach weiteren sieben Jahren wurde das ehemalige Teilstück der Landesstraße zwischen Kirche, Bank und Gasthaus als autofreier Dorfplatz eröffnet.

Verdichtet bauen

Vorzeigen lässt sich auch der Umgang mit den 9.000 m2 großen Sagergründen. Das sehr kompetent besetzte Team der Gemeinde sieht sich in Verantwortung, die Entwicklung des verdichteten Wohnbaus zu begleiten und Vorgaben zu machen, die eine g’scheite Nutzung des Bodens und eine nachhaltige Ortsentwicklung sicherstellen.

Thalgau
In Thalgau weiß man den Ortskern zu schätzen. Vielleicht auch, weil es lange keinen gab. Selbst Kirchenmauer und -vorplatz wurden Teil der Neugestaltung. Für Aufenthaltsqualität sorgen die „Juwelen von Thalgau“ – ein Projekt mit Studierenden. Foto: andLuft/Lippzahnschirm Raneburger 

Sharing is caring

Multifunktionalität gilt als Grundprinzip der Gebäudeentwicklung in Thalgau. Die Schule ist gleichzeitig Kletterhalle, Bühne und Bibliothek, das Gemeindeamt beherbergt Vereine und die Poststelle. So kommen die Leut’ z’samm.

Thalgaus Bürgermeister John Grubinger und Vizebürgermeisterin Lisa Kirchdorfer.
„Eine g’scheite Gemeinde setzt auf Teamwork.“ Bürgermeister John Grubinger und Vizebürgermeisterin Lisa Kirchdorfer.

Und das sagt die Jury

Die Marktgemeinde Thalgau erhält den LandLuft Baukulturgemeinde-Preis, weil …

…  sie engagierte Leute für die Mitarbeit gewonnen hat.
…  sie ihre Bürger:innen dazu ermächtigt, selbst Ideen und Projekte zu entwickeln und umzusetzen.
…  sie mutig vorbildliche, aber manchmal auch unpopuläre Maßnahmen setzt und diese gut an die Bevölkerung vermittelt.
…  sie Projekte bodensparend und mit hoher Nutzungsflexibilität umsetzt.
…  sie zukunftsweisende Lösungen für die Wiedergewinnung des öffentlichen Raums für Aufenthalt, Begegnung und verträglichen Verkehr gesetzt hat. 

Checkliste

  • örtliches Entwicklungskonzept
  • aktive Bürger*innenbeteiligung
  • Verkehrskonzept

Facts

Thalgau

  • Gemeindefläche: 48,17 km2
  • Einwohner:innen: 6.636
  • Hauptwohnsitze: 5.989
  • Zweitwohnsitze: 647
  • Arbeitsplätze (2020): 2.800
  • Nächtigungen (2020): 3.000