Aus Sicht der Kommunen sind Schadenersatzansprüche in der Causa Baukartell Forderungen und damit ein Vermögenswert der Gemeinden.
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Rechtsansprüche

Baukartell - Es geht um Steuergeld

Der Skandal um das Baukartell, den KOMMUNAL vor ein paar Monaten aufgegriffen hat, zieht weitere Kreise. Vor allem die mögliche Schadenssumme macht staunen: Vorsichtige Schätzungen sprechen von 10 bis 17 Milliarden Euro. Und das ist vermutlich nur die Spitze des Eisbergs.

Nach österreichischem und europäischem Kartellrecht sind Preisabsprachen zwischen Unternehmern verboten. Derartige verbotene Preisabsprachen zählen zu den sogenannten Hard-Core-Kartellen. Das Baukartell ist das größte Kartell, das die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) jemals in Österreich aufgedeckt hat. 

Es geht um vermutlich rund 80 Bauunternehmen, die zwischen 2002 und 2017 Auftraggeber durch kartellrechtswidrige Absprachen geschädigt haben. Die Absprachen haben sowohl Hoch- als auch Tiefbau betroffen.

Experten schätzen, dass der Schaden zwischen 10 und 17 Milliarden Euro beträgt. Auf Antrag der BWB hat das Kartellgericht gegen ­STRABAG und PORR bereits rechtskräftig Geldbußen verhängt.

Die Entscheidungen des Kartellgerichts dazu sind bereits veröffentlicht und können als Grundlage für Schadenersatzklagen gegen diese Unternehmen herangezogen werden. Die PORR hat dabei zum Beispiel von sich aus zugegeben, bei 1.362 Bauvorhaben rechtswidrige Kartellabsprachen getroffen zu haben.

Die BWB hat sich jetzt auch mit der Firma Swietelsky auf einen Vergleich geeinigt und hat beim Kartellgericht einen Antrag auf Verhängung einer Geldbuße gestellt (hier ist die Veröffentlichung der Entscheidung noch ausstehend).

Zuletzt wurde auch der oberösterreichischen Baukonzern Habau zu einer Geldbuße in Höhe von 26,33 Millionen Euro verurteilt. Im Fall der Habau-Gruppe geht es um viele Ausschreibungen mit Auftragsvolumina zwischen unter 50.000 und 60 Millionen Euro. In besonders vielen Fällen waren Straßenbauprojekte betroffen.

Geschädigt sind die öffentliche Hand und damit die Steuerzahler

Durch diese rechtswidrigen Kartellabsprachen wurden viele österreichischen Gemeinden, Städte, Bundesländer, die Republik, aber auch private Unternehmen geschädigt.

Bei der Strabag-Entscheidung findet sich ab der Seite 15 eine beeindruckende Liste von Geschädigten: vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung (aber auch die steirische, die Tiroler und die Kärntner Landesregierung sowie das Land Wien werden genannt) über Städte wie Wiener Neustadt, St. Pölten, Mattersburg, Leoben oder Kindberg und Gemeinden wie Göllersdorf, Otterthal oder Türnitz bis zu Verbänden wie dem Wasserverband Mittleres Burgenland, der Güterweggemeinschaft Holler oder dem Wasserverband Grazer Feld Südost. Unternehmen wie die Energie Graz oder die KELAG finden sich ebenfalls auf dieser Liste.

Was können Gemeinden tun?

Alle diese Geschädigten haben Anspruch auf Schadenersatz gegen die Kartellanten. Die Frage ist nur, wie man als Gemeinde reagieren kann und seine Ansprüche umsetzt. Darüber hat KOMMUNAL mit den Kartellexperten von Brand Rechtsanwälte gesprochen.

Dennoch sind einige Fragen offen. Fragen wie: Was können Gemeinden jetzt tun? Was sollen sie tun? Welche Rechte haben die Gemeinden jetzt nach dem Urteil? Gibt es zivilrechtliche Schadenersatzansprüche? Und ganz wichtig: Wie können Gemeinden Schadenersatzansprüche geltend machen? Und welche Verjährungsfristen gelten?

Michael Brand
Rechtsanwalt Michael Brand: „Gemeinden haben ganz klar zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch.“

 „Gemeinden haben ganz klar zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch“, sagt Michael Brand, Chef der Kanzlei Brand. Jeder, der seit 2002, dem mutmaßlichen Beginn des Kartells, Bauprojekte mit den nun in Frage stehenden Unternehmen STRABAG, PORR und Swietelsky abgewickelt hat, sollte analysieren, ob er Opfer der Absprachen ist. „Das kann mit einem informellen Gespräch des Herrn oder der Frau Bürgermeister mit mir beginnen“, wie Brand anbietet. Oder die Gemeinden schicken die betreffenden Unterlagen elektronisch an den Prozessfinanzierer LitFin, einen exklusiven Partner Brands.

Martin Fischer
Rechtsanwalt Martin Fischer: „Bevor es dann zu weiteren Schritten kommt, wäre ein Gemeinderatsbeschluss, dass die Gemeinde tätig wird, wichtig.“

Brands Kollege Martin Fischer ergänzt: „Bevor es dann zu weiteren Schritten kommt, wäre ein Gemeinderatsbeschluss, dass die Gemeinde tätig wird, wichtig.“ Fischer weiß doppelt, wovon er spricht: Der Experte für Kommunalrecht ist nebenberuflich auch Gemeinderat in seiner Heimatgemeinde Pernitz im niederösterreichischen Piestingtal.

Noch keine Verjährung

Die Verjährungsfrist für dieses Vergehen beträgt fünf Jahre ab Kenntnis des Schadens, des Schädigers und der Kartellrechtsverletzung, gerechnet ab dem Ende des kartellrechtswidrigen Verhaltens. „Damit ist zumindest aus unserer Sicht auszuschließen, dass in diesem Verfahren mit mehr als 80 Unternehmen und rund 800 Beschuldigten bislang eine Verjährung eingetreten ist“, so Michael Brand abschließend. Die Verjährung wird während der Dauer des Verfahrens vor der BWB gehemmt.

Dass es keinen Sinn macht, noch zuzuwarten, unterstreichen beide Gesprächspartner: Die Gemeinden, die STRABAG, PORR oder Swietelsky beauftragt haben, sollten sich auch auf Verdacht melden. „Es hat keinen Sinn, auf den Ausgang des Strafverfahrens zu warten. Das kann noch viele Jahre dauern.“ Deshalb die Ansprüche schon jetzt geltend machen – sollten später weitere Ansprüche auftauchen, können diese dann problemlos nachgezogen werden.

Durchsetzung von Kartellschadenersatz

Michael Brand hat einen Partner ins Spiel gebracht, der den Gemeinden viel helfen kann. Die Rede ist von LitFin, einem der größten europaweit tätigen Prozessfinanzierer, der auf die Durchsetzung von Kartellschadenersatz spezialisiert ist. LitFin ist momentan in 13 verschiedenen Kartell-Verfahren in Deutschland, den Niederlanden, Großbritannien, Italien, der Tschechischen Republik, Österreich und Belgien erfolgreich tätig und hat viel Erfahrung in diesem Bereich. LitFin managt momentan mehr als 1,3 Milliarden Euro Gesamtstreitwert. 

LitFin übernimmt das gesamte finanzielle Risiko für sämtliche Gerichtsgebühren, Gutachtenskosten, Rechtsanwaltskosten und sonstige Prozesskosten. LitFin betreibt für das österreichische Baukartell die Website baukartell.at. Die Geschädigten haben damit kein Kostenrisiko.

Der Kunde muss LitFin nur die erforderlichen Unterlagen und Informationen zur Verfügung stellen. Diese bereiten den gesamten Prozessstoff auf. LitFin beauftragt ein renommiertes Sachverständigen-Institut mit der Erstellung eines wettbewerbsökonomischen Gutachtens zur Feststellung der Schadenshöhe, ohne das ein Verfahren nicht sinnvoll geführt werden kann. Diese Gutachten sind extrem teuer und kosten mehrere hunderttausend Euro. 

Nach Vorliegen des Gutachtens werden die Ansprüche des Geschädigten geltend gemacht und die Ansprüche der Geschädigten gebündelt, um auf die Kartellanten möglichst großen Druck auszuüben. 

LitFin erhält ausschließlich im Erfolgsfall eine erfolgsabhängige Provision, die abhängig von der Höhe der geltend gemachten Ansprüche zwischen circa 20 und 30 Prozent beträgt. Für den Fall, dass die Ansprüche nicht durchgesetzt werden können, hat der Klient kein Kostenrisiko. LitFin übernimmt. 

Noch eine Schlussbemerkung. Aus Sicht der Kommunen sind Schadensersatzansprüche Forderungen und damit ein Vermögenswert der Gemeinden. Und da es sich ja um Steuergelder handelt, haben die Organe der Kommunen die Verpflichtung, Schadensersatzansprüche gegen die Kartellanten durchzusetzen, wenn hinreichende Erfolgsaussichten bestehen und das Kostenrisiko in einem kaufmännisch vertretbaren Verhältnis zu einem möglichen Ertrag steht. 

Dieser Weg scheint offenzustehen.