Bürgermeisterinnen sitzen zusammen
Bürgermeisterinnen und Expertinnen diskutieren beim Start des Projekts über die Ausgangssituation in ihren Ländern
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EU-Projekt zu Bürgermeisterinnen gestartet

Dass Frauen in der Kommunalpolitik wenig vertreten sind, ist kein rein österreichisches Phänomen. Bei einem EU-Projekt mit Deutschland, Polen und Frankreich soll nun den Ursachen auf den Grund gegangen und mögliche Gegenmaßnahmen erarbeitet werden.

Frauen sind in den Führungsebenen immer noch unterrepräsentiert. Besonders stark zeigt sich dies auf kommunaler Ebene. Derzeit gibt es in Österreich nur 173 Bürgermeisterinnen bei insgesamt 2.096 Gemeinden (8,2%). Soweit sind die Zahlen bekannt. Österreich ist aber mit dieser starken Unterrepräsentanz im europäischen Vergleich nicht alleine.

Daher hat die Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft Berlin (EAF Berlin) mit Unterstützung des deutschen Frauenministeriums und der EU ein einzigartiges Projekt gestartet, um im europäischen Vergleich mit Österreich, Frankreich und Polen Mechanismen aufzuspüren, die erfolgreich Frauen in Führungspositionen bringen. Ein zweiter Teil des EU-Projekts sind Netzwerk- und Empowerment-Workshops für Frauen im Vorfeld der Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfahlen. Beim Start trafen sich Vertreterinnen aus allen vier Ländern von 2. bis 3. Juli 2019 in der EAF Berlin. Mit dabei war auch der Österreichische Gemeindebund.

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Bei der europäischen Projekt, das von der EU und dem deutschen Frauenministerium kofinanziert wird, sind auch Vertreterinnen aus Polen, Frankreich und Österreich mit dabei.©EAF Berlin

Polen: Quote, aber kein Reißverschlusssystem

Deutschland steht zwar mit 9,6 Prozent Bürgermeisterinnen in den größeren Gemeinden ein wenig besser da, aber die zehn-Prozent-Hürde haben auch die Deutschen noch nicht geschafft. Etwas besser ist die Situation in Polen mit elf Prozent (2017). Hier gibt es zwar eine Partei-Quote von 35 Prozent, aber noch kein Reißverschlusssystem. “Das lässt die Möglichkeit offen, dass die Frauen auch an das Ende der Liste gereiht werden”, erläuterte Malgorzata Druciarek, Leiterin des Gender Equality Fachbereichs am Institut für politische Angelegenheiten in Polen.

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Die Präsidentin der EAF Berlin, Dr. Helga Lukoschat, zeigte auf, dass es im Bundestag 30,9 Prozent Frauen gibt, in den Ländern 31,4 Prozent, in den Gemeinderäten 24,4 Prozent und als Bürgermeisterinnen nur 9,6 Prozent. ©EAF Berlin

Frankreich: Reißverschlusssystem teilweise erfolgreich

Anders die Lage in Frankreich, wo es zumindest 16 Prozent Bürgermeisterinnen gibt. 2001 wurde dort das Reißverschlusssystem auf allen politischen Ebenen (mit empfindlicher Strafe bei Nichteinhaltung) eingeführt. Julia Mouzon, die eine Firma gegründet hat, in der sie lokale Politikerinnen fit für die Wahl macht, erklärt den Erfolg: “Gab es im Jahr 2000 noch 110.000 Gemeinderätinnen in den Städten mit mehr als 1.000 Einwohnern, so waren es 2014 nach der Einführung der Quote bereits 240.000 Gemeinderätinnen.” Daher ist das Verhältnis zwischen den Geschlechtern mit 48 Prozent Frauen mittlerweile fast ausgeglichen.

Die gläserne Decke bei den Bürgermeisterinnen ist jedoch erhalten geblieben, da es natürlich den Listen selbst überlassen bleibt, welche Köpfe die Liste anführen. Mouzon macht zwei Hauptgründe aus: Das große finanzielle Risiko eines Wahlkampfs und das Wahlkampfmanagement, das sehr zeit- und nervenintensiv sein kann.

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Auch der Österreichische Gemeindebund erhielt Rahmen der ersten Sitzung die Möglichkeit, seine Bemühungen zu präsentieren. Der Gemeindebund wird bis zum Ende das Projekt aktiv unterstützen. ©EAF Berlin

Nur freiwillige Listenquoten in Deutschland

In Deutschland gibt es wie in Österreich keine landesweiten Quoten. In Deutschland haben sich aber die Grünen und die Linke zu 50-Prozent-Quoten verpflichtet, in der SPD gibt es eine 40-Prozent-Quote und in der CDU gibt eine 33-Prozent-Quote. Außerdem hat die EAF Berlin analysiert, dass Frauen offenbar in größeren Städten (50.000-100.000 Einwohner) eher gewählt werden als in kleineren.

Herauszufinden, was es braucht, damit in allen Gemeinden mehr Frauen in die Führungsetagen der Politik aufsteigen, ist Ziel der Bestrebungen dieses europäischen Projekts, das bis Ende 2020 dauern wird.