Frau mit Smartphone
Die "Digitales Amt"-App wird weiterentwickelt.
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E-Government mit vielen Fragezeichen

Heuer hat die Digitalisierung rasant in der österreichischen Verwaltung Einzug gehalten. Die Handy-Signatur und die App „Digitales Amt“ verändern die Kommunikation zwischen Bürger und Staat nachhaltig. Dass diese Veränderung zwischen den Verwaltungsebenen bisher nicht ausreichend diskutiert wurde, zeigte sich im Expertengespräch auf dem Gemeindetag in Graz. Angereiste Gemeindevertreter hatten hier auf dem „Digitalen Gemeindepfad“ die Möglichkeit sich mit zuständigen Experten über die E-ID-Registrierung, das Digitale Amt und die Fotopflicht für E-Cards auszutauschen.

Eine Gemeinsamkeit, die sich durch die Gesprächsrunden zog: Gemeindevertreter fühlen sich alleingelassen mit ihren Aufgaben. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind nicht genau genug, die angebotenen Fortbildungsmöglichkeiten nicht praktisch genug und die Aufgabenverteilung zwischen Staat, Bundesländern und Kommunen besorgt die Gemeinden.

Wolfgang Ebner vom Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort war zum Gemeindetag angereist, um mit den Gemeindevertretern über die nächsten Schritte rund um das Digitale Amt zu sprechen.

Chatbots für das Digitale Amt

„Ein Ibiza-Video hat die Regierung zu Fall gebracht, aber daran, dass die Digitalisierung an Fahrt verliert, hat niemand Interesse“, versichert er den Anwesenden. „Deshalb entwickeln wir die App mit voller Kraft weiter.“

Es solle sich dabei auf keinen Fall ändern, dass der Bürger wählen kann, ob er mit dem Amt digital oder persönlich kommunizieren möchte. Für die Zukunft sind einige Künstliche-Intelligenz-Anwendungen geplant.

„Wir möchten Chatbots in die App integrieren“, erklärt Ebner. „Das erlöst die Verwaltung von einfachen, wiederkehrenden Aufgaben, die von der eigentlichen Arbeit abhalten.“

Wolfgang Ebner
Wolfgang Ebner, Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort: "Wir möchten Chatbots in die App integrieren. Das erlöst die Verwaltung von wiederkehrenden Aufgaben, die von der Arbeit abhalten.“

Auch an Blockchain-Lösungen werde überlegt, doch hier sei noch nicht abschließend geklärt, auf welchen Feldern die Technologie gewinnbringend ausprobiert werden kann. Ein Problem beim Test der neuen Möglichkeiten: „Viele Anwendungen können wir derzeit nicht im Reallabor testen, da die rechtlichen Rahmenbedingungen es noch nicht zulassen.“ 

Arbeitsaufwand, aber auch Personalbedarf werden geringer

In der anschließenden Diskussionsrunde zeigte sich, dass es nicht die neuen Technologien sind, für die sich die Gemeindevertreter interessieren. Es sind grundlegende Fragen, wie etwa nach der Aufgabenteilung.

So entlastet das Digitale Amt die Gemeinden bei Aufgaben, die sie zuvor für den Bund übernommen haben. Etwa im Bereich des Meldewesens. Da dies nun auch online möglich ist, wird der Arbeitsaufwand bei den Gemeinden geringer. Damit jedoch auch der Personalbedarf.

„Ich bin zu 100 Prozent für das Digitale Amt, aber es muss strukturell durchdacht werden, bevor wir unsere Mitarbeiter und die Bürger damit konfrontieren“, fordert ein anwesender Amtsleiter.

Verwaltungsmitarbeiter werden weiterhin benötigt

Ebner versuchte die Bedenken der Anwesenden zu zerstreuen: „Digitalisierung ist ein Kulturwandel. Sie wird die Arbeitswelt nach und nach umwälzen. Berufsfelder werden aber nicht einfach wegfallen, sie werden sich verschieben.“

So werde es mit der E-ID für Bürger etwa nötig, alle fünf Jahre das Zertifikat erneuern zu lassen. Hierfür würden auch Verwaltungsmitarbeiter benötigt. Dass die Verlängerung des Zertifikats auch online möglich sein soll, erwähnte Ebner nicht.

E-ID - noch viele Fragen offen

Ähnlich verlief auch das Gespräch über die E-ID mit Michael Fuchs vom Bundesministerium für Inneres. Fuchs wies auf die vielen zusätzlichen Möglichkeiten hin, die die E-ID gegenüber der Handy-Signatur zulässt. Besonders auch auf den geringeren Aufwand, der dadurch auf die Kommunen zukommt.

Doch auch hier zeigte sich im Gespräch, dass es bei den Gemeindevertretern noch einige Fragezeichen bei der konkreten Umsetzung gibt. „Ich war schon auf mehreren Workshops zur E-ID, aber dort sprechen nie Politiker und Praktiker. Die Redner haben von der alltäglichen Arbeit keine Ahnung“, erzählt ein Anwesender.

Auch bei der E-ID gibt es zudem Unsicherheiten bezüglich der Zuständigkeiten. Die Aufnahme der Anträge auf eine E-ID sei eine Dienstleistung der Gemeinden an den Bund. Aber: Warum können Kommunen die Aufgabe nicht selbst abschließen wie beim Reisepass?

Stattdessen müssten das Foto und die weiteren Unterlagen per Post an andere Stellen weitergegeben werden. Auch hier stoße man wieder an unnötige Verwaltungsgrenzen, kritisieren die Anwesenden. „Ich hoffe hier sehr auf die Expertenregierung, die Prozesse glatt zu ziehen“, sagte ein Gemeindevertreter. 

E-Cards mit Foto bis 2023 flächendeckend

Zum Thema der E-Card-Registrierung sprach Ursula Weismann, Geschäftsführerin der Sozialversicherungs-Chipkarten Betriebs- und Errichtungsgesellschaft (SVC).

Ab Jänner 2020 werden in ganz Österreich neue E-Cards mit Foto ausgegeben. Der Prozess soll bis Ende 2023 abgeschlossen sein. Dann ist eine E-Card mit Foto Pflicht, um ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen zu können. Für 85 Prozent der Österreicher liegen bereits Fotos vor, die für die E-Cards genutzt werden können. Gerade im ländlichen Raum in der Steiermark, in Ober- und Niederösterreich fehlen jedoch von vielen Menschen Fotos. Die SVC versucht Kommunen als freiwillige Registrierungsstellen für die neuen E-Card zu gewinnen. 

„Pro eingesammeltem Foto zahlen wir der betreffenden Gemeinde sieben Euro“, sagt Weismann. „Nur das Porto, um uns die Fotos zuzuschicken, müssen die Gemeinden übernehmen.“ Eine Online-Teilnahmeerklärung der Gemeinde reicht aus, um teilzunehmen.

Die SVC stellt daraufhin alle nötigen Materialien, E-Learnings, Banner und Flyer zur Verfügung. Viele Gemeindevertreter erklärten sich schon während des Gemeindepfads dazu bereit, freiwillig teilzunehmen.