Walter Leiss
Walter Leiss: "Was nützt es, wenn in Österreich das letzte Kohlekraftwerk geschlossen wird, aber gleichzeitig Afrika auf Strom aus Kohlekraftwerken setzt?"

Der Klimawandel und die Politik

Spätestens seit Greta Thunberg mit der „fridays for future“- Bewegung die Bedeutung des Klimas für unsere Zukunft ins Bewusstsein gerufen hat, ist das Thema des Klimawandels auch in der europäischen und der österreichischen Politik und bei den Bürgern angekommen.

Gut, dass sie jetzt nach Amerika gereist ist, um dort ihre Botschaft zu vermitteln. Vielleicht könnte sie ihre Reise auch nach Brasilien, Afrika, Asien und über Russland wieder nach Schweden fortsetzen.

Nicht, dass auch Europa, Österreich und jeder Einzelne gefordert wäre, seinen Beitrag zu leisten, ist das Klima doch keine lokale Angelegenheit, sondern eine weltweite Herausforderung. Es ist schön, wenn Gemeinden, Bundesländer und Österreich den Klimanotstand ausrufen, nur diesem symbolischen Akt müssen auch Taten folgen. Bei der Umsetzung gilt es allerdings Herausforderungen zu bewältigen und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen und deren Auswirkungen gut zu überlegen.

Wie viel kann Europa zum Klimaschutz beitragen?

Was kann Europa und Österreich tatsächlich tun, fragen sich viele Bürger und Bürgerinnen. Klaus Woltron schreibt, „ein wirksamer Beitrag Europas, geschweige denn Österreichs, zum weltweiten Klimaschutz wird weit überschätzt“.

Manche europäischen Länder gelten zwar als Klimaschutzvorreiter, beziehen aber ihre Energie hauptsächlich aus Atomkraftwerken. Und was nützt es, wenn in Österreich das letzte Kohlekraftwerk geschlossen wird, aber gleichzeitig Afrika auf Strom aus Kohlekraftwerken setzt?

Dabei gilt Kohlekraft als umweltschädlichste Form der Energiegewinnung. Eine wichtige Rolle dabei spielt China. Während sich international laut einer Studie des Instituts für Energiewirtschaft und Finanzanalyse (IEEFA) immer mehr Investoren aus dem Kohlebusiness zurückziehen, bleibt China ein wichtiger Investor im Kohlebusiness. Chinesische Banken und Unternehmen stellen für ein Viertel der Kapazitäten von Kohlekraftwerken, die derzeit außerhalb von China in Bau sind, die Finanzierung zur Verfügung.

Zwar reduzierten die G20-Regierungen zwischen 2014 und 2017 laut dem Bericht die direkten Förderungen für den Kohleabbau um etwa die Hälfte auf zehn Milliarden US-Dollar pro Jahr. Zugleich wurden im selben Zeitraum für den Bau von Kohlekraftwerken vor allem in ärmeren Ländern die Förderungen von 17 auf 47 Milliarden Dollar pro Jahr erhöht.

Ein anderes Thema sind die verheerenden Waldbrände im Amazonasgebiet. Gegen Naturkatastrophen ist schwer anzukämpfen, auch bei uns gibt es Waldbrände, ausgelöst durch Blitzschlag oder auch unachtsame Waldbenutzer. Aber bewusste Brandrodung, um Weideflächen für die Rinderhaltung zu gewinnen, gibt es bei uns nicht.

Regenwald für Fleischproduktion abholzen

Wenn man sich vor Augen hält, dass der Amazonasregenwald 20 Prozent des weltweiten Sauerstoffs produziert, kann man die Dimension begreifen. Seit 1988 wurde der Amazonaswald um 700.000 km² (der fast neunfachen Fläche Österreichs) abgeholzt. Allein 2017 und 2018 fielen 7900 km² (das ist die Fläche von über einer Million Fußballfeldern) Wald dem Raubbau zum Opfer.

Und das für Zwecke der Produktion von Fleisch, die über Freihandelsabkommen (Stichwort: Mercosur) nach Europa exportiert werden soll. Dabei gibt es Aussagen, dass die globale Fleischproduktion mehr CO2 verursacht als alle Flugzeuge und Autos zusammen. Oder von Erwin Thoma im „Standard“, dass von den 40 Milliarden Tonnen CO2 nicht einmal ein Prozent vom Pkw-Verkehr stammt. 

Stichwort Wälder

Aufforstung könnte die Erderwärmung nach Studien des Weltklimarates dämpfen. Das wäre wirksamer als jede andere Maßnahme, unterstreichen nun Forscher: Weltweit wäre Platz für eine Milliarde Hektar Wald zusätzlich - das würde zwei Drittel aller von Menschen verursachten CO2-Emissionen binden.

Um die Klimaerwärmung zumindest zu bremsen, sind wirksame Maßnahmen dringend gefragt. Bäume zu pflanzen könnte eine solche sein. Diese binden nämlich klimaschädliches CO2.

Und wie ist die Situation in Österreich?

Knapp die Hälfte unseres Landes ist mit Wald bedeckt. Mit über vier Millionen Hektar Waldfläche hat Österreich einen Waldanteil von 47,9 Prozent. Unser Land zählt zu den waldreichsten Ländern Europas mit einem hohen, stetig wachsenden Holzvorrat.

Die Waldfläche nimmt jährlich um 3400 Hektar (laut ETH Zürich sogar um 7000 ha) zu. Vorstellbar wird diese Fläche anhand von schon so oft zum Vergleich herangezogenen Fußballfelder. Umgelegt auf den Waldzuwachs ergibt das eine Zunahme von genau 4762 Fußballfeldern pro Jahr, so die Initiative pro Holz. Vorübergehend wird sogar ein Fußballfeld in Klagenfurt zum Wald, was die Bilanz aber wohl nicht verändern wird.

Und gleichzeitig werden die Bürger und Bürgerinnen mit dem scheinbar sorglosen Umgang mit Agrarflächen durch die Gemeinden konfrontiert. Täglich würden 12 ha oder rund 20 Fußballfelder versiegelt und damit der Landwirtschaft entzogen.

„Bevor wir neue Hallen und Häuser auf wertvolle Äcker und Wiesen stellen, sollten wir unter dem Motto ‚lieber sanieren als zubetonieren‘ damit anfangen, die rund 40.000 Hektar Leerstände in Österreich einer neuen Nutzung zuzuführen. Das schafft Arbeitsplätze, schont die Umwelt und spart wertvolle Böden, die wir, unsere Kinder und unsere Kindeskinder noch dringend benötigen“, erklärt Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung, eine von vielen wichtigen Funktionen unserer Böden.

Waldzuwachs hebt Flächenverbrauch auf

Das soll natürlich nicht bezweifelt werden, aber bei Betrachtung der beiden Zahlen ergibt sich, dass der Waldzuwachs den Flächenverbrauch durch die Bebauung aufhebt. Noch dazu, wenn man bedenkt, dass 80 Prozent der CO2- Emissionen aus den Städten kommen. Die Landwirtschaft muss zur Stadtwirtschaft werden, so Daniel Dettling, Leiter des Instituts für Zukunftspolitik.  Es sollen auch nicht Waldflächen gegen Agrarflächen aufgerechnet werden, aber was fürs Klima besser ist, Wald oder agrarische Nutzung, ist wohl eindeutig. 

Dass auch in Europa und in Österreich etwas geschehen muss, soll damit nicht in Frage gestellt werden. Fest steht aber auch, dass alle Akteure besondere Interessen haben. Wenn in Deutschland der Kohleabbau nur langsam zurückgedrängt wird oder sich die meisten österreichischen Parteien gegen eine CO2-Steuer aussprechen, hat dies gute Gründe.

Auch die Gemeinden widmen nicht sorglos Grünland in Bauland. Es ist nämlich der Lebensraum der Gemeindebürger und Gemeindebürgerinnen. Und zahllose Initiativen der Gemeinden zeigen, dass sie nicht nur über Klimaschutz reden, sondern auch ihren Beitrag leisten.

Um aber das Weltklima zu retten, muss jeder Einzelne sein Verhalten ändern und vor allem die Weltpolitik aktiv werden.